«Wir erhalten soviel Wissen wie nie zuvor»

  01.05.2024 Gesundheit, Wil, Gesundheit, Fricktal

Samariter haben eine wichtige Funktion in der Gesellschaft

Neue Richtlinien, Überalterung und der Mangel an Ausbildungspersonen führten auch im Fricktal zur Auflösung von Samaritervereinen. Sebastian Boutellier ist «First Aid Instructor» beim Samariterverein Gansingen-Mettauertal.

Bernadette Zaniolo

«Wer anderen gerne etwas Gutes tun will, ist bei den Samaritern genau richtig», sagt der 39-jährige Sebastian Boutellier mit einem Schmunzeln. Dennoch weiss er, dass sich damit alleine noch keine Mitglieder, insbesondere keine jungen, angesprochen fühlen beziehungsweise rekrutiert werden können. Der Ausbildner (First Aid Instructor/Stufe 2) des Samaritervereins Gansingen-Mettauertal betont jedoch voller Freude: «Wir haben eine gesunde Vereinsgrösse und einen super guten Übungsbesuch.» Der Verein zählt zurzeit 26 Mitglieder im Alter zwischen 35 und 71 Jahren. Er wird von Irene Rothacher präsidiert und ist einer der grösseren Samaritervereine in der Region. Sebastian Boutellier ist über seine Mutter, welche Materialwartin war, zum Samariterwesen gestossen. Der Instandhaltungsleiter in einem Unternehmen mit rund 200 Angestellten ist überzeugt, dass ihm die Aus- und Weiterbildung im Samariterbereich viel gebracht hat. Er macht auch darauf aufmerksam, dass die Samariter sehr gute Dienste in der Gesellschaft und im sozialen Bereich leisten.

Starke Zunahme
«Wir bekommen mittlerweile sehr viele Anfragen aus dem Raum Brugg und dem oberen Fricktal für Einsätze an Fest- und Sportanlässen oder für Kurse in Firmen», so Boutellier. Vorallem die Firmenkurse hätten stark zugenommen. Das Spektrum der Firmen, die ihre Mitarbeiter in erster Hilfe schulen lassen wollen, ist breit. «Insbesondere Elektrobetriebe sind immer häufiger in der Pflicht, die Aufschulung und somit ein gültiges BLS-AED Zertifikat ihrer Mitarbeiter sicher zu stellen.» Boutellier unterstreicht, dass es für die Firmen ein Mehrwert sei, wenn die Ausbildner direkt ins Unternehmen mit der gewohnten Infrastruktur kommen und nicht die Mitarbeiter Kilometer weit fahren müssen.

Einheitlich geregelt
Damit die Samaritervereine jedoch Kurse anbieten und die Mitglieder geschult werden können, braucht es immer mehr «zertifizierte» Personen. So benötigt der Verein etwa zur Durchführung von Nothilfeund Reanimationskursen, bei denen der Einsatz eines Defibrillators geschult wird, einen «First Aid Instructor, Stufe 1». Für individuelle Kurse in Firmen, die Weiterbildung der Sanitätsdienstleistenden Samariterinnen und Samariter sowie die Durchführung der Übungen ist für die Kursleitung das Zertifikat «First Aid-Instructor 2» nötig, was Sebastian Boutellier hat. Die Ausbildungen und das Kurswesen seien durch den «Samariter Schweiz» (früher schweizerischer Samariterbund) und andere Verbände einheitlich geregelt.

«Wir erhalten von unseren Ausbildnern heute soviel Wissen wie nie zuvor und dürfen dieses an die gesamte Bevölkerung weitergeben», freut sich Sebastian Boutellier. Dies dank den Profis, wie Rettungssanitätern, welche unter anderen Fachpersonen, die höchste First-Aid-Instructor-Ausbildungsstufe haben. Sie haben ihr enormes Wissen eingebracht. «Ich hoffe aber, dass es im Samariterbereich nicht immer höhere Anforderungen gibt, beziehungsweise es so bleibt, wie es ist.» Damit macht Boutellier darauf aufmerksam, dass der Samariter nicht noch weiter professionalisiert werden dürfe. Auch die «Laienhelfer» brauche es in der Bevölkerung. «Erste Hilfe muss bezahlund lernbar bleiben.»

Samariter erfüllen eine wichtige Aufgabe
Samariterinnen und Samariter wissen im Alltag, wie man eine Schnittwunde versorgt, wie man eine Person reanimiert, wie eine bewusstlose Person richtig gelagert wird und natürlich wie ein Defibrillator angewendet wird. Das Erlernte kann im Notfall einem Arbeitskollegen, einem Familienangehörigen oder einer fremden Person das Leben retten oder ihr sonst helfen. Obwohl jeder Auto- oder Motorradfahrer vor der Fahrprüfung einen Nothilfekurs absolviert haben muss, stellt Sebastian Boutellier immer wieder fest, dass viele dieses Erlernte schnell wieder vergessen. Schon das Versorgen einer Verbrennung oder das Abnehmen eines Helmes könne einige Menschen überfordern. Auch wenn es für die Hilfeleistungen keinen Lohn gibt: «Leuchtende Augen sind so wertvoll», hält Sebastian Boutellier fest. Manchmal seien die Samariter von den Dankesschreiben von Patienten oder Angehörigen sehr gerührt. Mit Freude hält er auch fest, dass der Samariterverein den Menschen ein soziales Netzwerk bietet und zur Steigerung des Selbstwertgefühls beitragen könne.

Nachwuchs ist wichtig
Damit die Samaritervereine aber überhaupt eine Überlebenschance haben und das Fachwissen weitergegeben und einsetzen können, braucht es Nachwuchs an Samariterlehrern und Instruktoren. Deshalb ist Sebastian Boutellier froh, dass sich eine jüngere Frau aus den eigenen Reihen, die auch bei der Feuerwehr tätig ist, die Schulungen und Ausbildungen bei den Ausbildungsverbänden durchlaufen will. Er ist überzeugt, dass die Samariter ein wertvolles Rädchen im Gesundheits- und Sozialbereich sind.

Auf die Frage, welche Möglichkeiten bei einer beruflichen Umschulung oder Weiterentwicklung bestünden, sagt Boutellier: «Die Chancen stehen gut, dass eine Samariterin, die sich beruflich verändern möchte, eine Zukunft bei Gesundheitsorganisationen wie zum Beispiel der Spitex, einer Rettungsorganisation oder dem Schweizerischen Roten Kreuz findet». Zugleich betont er: «Natürlich müssten sie für solche Jobs noch weitere Ausbildungen machen.»

Laut Boutellier wird momentan ein nationales Netzwerk an sogenannten First-Respondern aufgebaut. Samariterinnen und Samariter haben ideale Voraussetzungen für diese Weiterbildung.


Sebastian Boutellier

Sebastian Boutellier ist in Gansingen aufgewachsen und lebt heute mit seiner Frau und seinem einjährigen Sohn in Wil. Der 39-Jährige ist seit 20 Jahren beim Samariterverein (früher Gansingen/heute Gansingen-Mettauertal) und ist dort als Instruktor tätig. (bz)


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