Fricktaler diskutiert im Bevölkerungsrat mit
20.02.2025 Rheinfelden, FricktalForschungsprojekt der Universitäten Zürich und Genf
Das Forschungsprojekt «Bevölkerungsrat 2025» untersucht neue komplementäre Formen der Demokratie. 100 zufällig ausgewählte Personen aus der ganzen Schweiz diskutieren dabei über das Thema «steigende Gesundheitskosten». Die NFZ sprach mit einem Teilnehmer aus dem Fricktal.
Valentin Zumsteg
Eigentlich wollte Martin Schwendimann aus Rheinfelden zuerst gar nicht teilnehmen: «Ich hatte zuvor noch nie vom Bevölkerungsrat gehört», erklärt der 41-jährige Familienvater, der bei SBB Cargo als Leiter der Serviceanlage in Muttenz arbeitet. Zufällig war er ausgelost worden, sich am 100-köpfigen Bevölkerungsrat zu beteiligen. Dabei handelt es sich um ein Forschungsprojekt der Universitäten Zürich und Genf, das vom Zentrum für Demokratie Aarau koordiniert wird. Es untersucht, ob Bevölkerungsräte die demokratischen Debatten in der Schweiz bereichern könnten. Nach einer Bedenkzeit von ein paar Wochen hat sich Schwendimann schliesslich dazu entschlossen, mitzumachen.
«Zuckersteuer sehe ich positiv»
«Mir gefiel die Idee, mit anderen Menschen, die vielleicht einen ganz anderen Hintergrund und andere Sorgen haben als ich, zu diskutieren», schildert Schwendimann. Ein erstes Treffen des Bevölkerungsrates wurde im November 2024 an der Universität Zürich durchgeführt. Dort entschieden sich die Teilnehmerinnen und Teilnehmer, die aus der ganzen Schweiz stammen, für das Schwerpunktthema «Gesundheitsförderung & Prävention». «Es gab Workshops und verschiedene Fachexperten referierten», erzählt Schwendimann. Nach dem ersten persönlichen Treffen folgten drei Online-Workshops in kleineren Gruppen. «Die Diskussionen werden im Anschluss sehr professionell aufbereitet. Die fachliche Begleitung ist ausgezeichnet», erklärt der Rheinfelder weiter. Am vergangenen Wochenende folgte nun das zweite grosse Treffen der Mitglieder des Bevölkerungsrates. An zwei Tagen haben sie an der Universität Neuenburg verschiedene Reformvorschläge zur Gesundheitsförderung und Prävention diskutiert – die Palette reichte von finanziellen Anreizen über Werbeverbote für ungesunde Produkte bis zu einem nationalen Gesundheitsgesetz. «Ein solches Gesetz würde ich sehr begrüssen. Auch eine Zuckersteuer oder ein Werbeverbot für Tabak- und Alkoholprodukte sehe ich positiv. Denn es herrscht ja ein wenig eine schizophrene Politik in Anbetracht dessen, dass wir den Zuckeranbau und die Verarbeitung subventionieren, obwohl bekannt ist, dass Zucker als Ursache für viele Volkskrankheiten gilt», sagt Schwendimann. Vertreterinnen und Vertreter aus der Politik und dem Gesundheitswesen beteiligten sich in Neuenburg an der Diskussion.
«Das öffnet den Horizont»
Das Thema Gesundheitskosten habe ihn bislang nicht stark interessiert, sagt Schwendimann, dies änderte sich aber mit der Teilnahme am Bevölkerungsrat. «Mir gefällt der Austausch, das öffnet den Horizont und hilft dabei, persönliche Scheuklappen abzulegen. Es wird sehr respektvoll diskutiert.» Er ist allerdings skeptisch, ob es der Schweiz gelingen wird, die stetig steigenden Gesundheitskosten in den Griff zu bekommen. «Heute liegt der Fokus im Gesundheitswesen auf den Krankheiten und deren Behandlung. Ich würde mir wünschen, dass die Prävention und die Gesundheitsförderung mehr Gewicht erhalten.»
Im März folgt das dritte und letzte Diskussionswochenende in Bern. Dort werden die Reformvorschläge weiter ausgearbeitet und im Abschlussbericht verabschiedet. Dieser soll die Diskussionen zusammenfassen und die Positionen des Bevölkerungsrates zu den Reformvorschlägen aufzeigen. «Damit bietet er der Politik eine informierte Sichtweise zum Thema und leistet einen Beitrag zur öffentlichen Debatte», versprechen sich die Initianten davon.
Martin Schwendimann freut sich auf die Abschlussveranstaltung in Bern: «Ich bin sehr froh, dass ich mich entschieden habe, bei diesem Projekt mitzumachen. Für mich ist die Teilnahme sehr bereichernd.»