Aargauer Stimmvolk schickt Halbstundentakt bachab

  20.06.2023 Fricktal, Laufenburg

Auch im Fricktal fand die Verdichtung der S1 nicht nur Zustimmung

Die Regio-S-Bahn wird auch in Zukunft auf der Strecke Stein – Laufenburg und umgekehrt nur im Stundentakt verkehren. Das Aargauer Stimmvolk hat die 61 Millionen Franken und damit auch den Ausbau auf den Halbstundentakt mit 52,45 Prozent abgelehnt.

Susanne Hörth

«Ich bin komplett überrascht», sagt Grünen-Grossrätin Gertrud Häseli am frühen Sonntagnachmittag zur NFZ. Sie sei überzeugt gewesen, dass die Verdichtung der Regio-S-Bahn auf der Strecke Stein-Laufenburg die Mehrheit beim Aargauer Stimmvolk finden würde. Was aber nicht heisst, dass sie selbst dafür gewesen ist. Von den 17 Fricktaler Grossrätinnen und Grossräten stellten sich nur sie und Bernhard Scholl von der FDP gegen die Vorlage. Die Wittnauerin hatte das auch immer wieder deutlich gemacht. «Das Volk hat demokratisch entschieden und Aufgaben sowie Finanzen auf die richtige Ebene gebracht», so Häseli. Mit der richtigen Ebene meint sie den Bund, der für die Bahninfrastruktur und Fahrpläne zuständig sei. Dieser Meinung scheint sich auch das Aargauer Stimmvolk anzuschliessen.

Bei einer Wahlbeteiligung von 40,17 Prozent sagten 86 695 Personen (52,45 Prozent) Nein zur Verdichtung der S1 auf der Linie Stein-Laufenburg mit Kosten für den Kanton Aargau in Höhe von 61 Millionen Franken. Für den Bahnausbau waren 78 609 Personen. Auffallend ist, dass bei der Frage für oder gegen den Halbstundentakt der S1 auch im Fricktal Uneinigkeit herrschte. Mehrere Gemeinden, darunter etwa Sisseln (50,15%), Wittnau (60,97), Frick (53,28) und Gipf-Oberfrick (50,76) lehnten die Vorlage ab.

Persönliche Betroffenheit fehlt
Die fehlende Einigkeit im Fricktal überraschte auch SP-Grossrätin Colette Basler vom Pro-Komitee. «Auf den ersten Blick zeigt das Resultat, dass die persönliche Betroffenheit bei vielen Leuten fehlt.» Was sie besonders erstaunt, ist die Ablehnung aus Sisseln, einer der vier Sisslerfeld-Gemeinden. Gerade das Sisslerfeld mit seinem grossen Entwicklungspotenzial hinsichtlich Ansiedlung neuer Firmen und damit neuen Arbeitsplätzen ist heute schon vom Individualverkehr stark betroffen.

Rund zwei Drittel der Fricktaler Gemeinden befürworteten den Halbstundentakt. Anders das Bild im grossen Rest des Kantons. Hier sprach sich eine grosse Mehrheit der Gemeinden dagegen aus. «Wir haben es ennet dem Hoger nicht geschafft», ist sich Colette Basler bewusst. Sie betont trotzdem, dass das Komitee einem Auftrag der Fricktaler Gemeinden hinsichtlich der Verkehrsproblematik nachgekommen sei.

Eine Gesamtverkehrs-Betrachtung und entsprechende Lösungsansätze stehen auch für Gertrud Häseli im Vordergrund. Für sie muss bei einem Bahnausbau auch das Süddeutsche Bahnnetz einbezogen werden.


Verpasste Chance

Das Komitee «Ja zum Halbstundentakt Stein-Laufenburg» ist enttäuscht über das Ergebnis der Abstimmung zum Bahnverdichtungsangebot, heisst es in der Medienmitteilung. Das Fricktal ist die Region mit dem grössten Wachstumspotenzial im Kanton Aargau. Im Sisslerfeld sollen namhafte Firmen angesiedelt und tausende neuer Arbeitsplätze geschaffen werden. «Von dieser prosperierenden Wirtschaft wird der ganze Kanton profitieren. Wir bedauern, dass wir dies einer Mehrheit der Bevölkerung nicht klar aufzeigen konnten», meint Alfons Kaufmann, Fraktionspräsident die Mitte konsterniert. Der Regierungsrat fordert in seinem Entwicklungsleitbild einen attraktiven Wohn- und Wirtschaftsstandort. Bei jeder sich bietenden Gelegenheit betont er dies. «Beim Entscheid der Umsetzung hat er sich wohl nicht mehr daran erinnert, die Vorlage zur Ablehnung empfohlen und den Willen des Fricktals missachtet. Das hat uns nicht geholfen,» meint Désirée Stutz, Fraktionspräsidentin der SVP enttäuscht. Für das ganze Komitee ist das Abstimmungsergebnis eine verpasste Chance. «Hier hätte ein Zeichen für den öffentlichen Verkehr und für die Zukunft unserer Kinder gesetzt werden können», sagt Colette Basler, Co-Fraktionspräsidentin SP überzeugt. «Verstopfte Strassen sind nicht attraktiv und die Busvariante ist es auch nicht.» Das Fricktal wird nun auf den Bund warten müssen. Dieser entscheidet 2045, ob ein Halbstundentakt zwischen Stein und Laufenburg etabliert werden soll. Bis dahin stehen Autos und Bus weiter im Stau und Verspätungen werden an der Tagesordnung sein. Schade, dass diese Nachricht nicht über das Fricktal hinaus hatte transportiert werden können. (mgt)


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