In Bewegung

  07.11.2022 Fricktal, Unteres Fricktal, Kunst, Zeiningen, Persönlich

Liliane Freiermuth schaut auf 40 Jahre Kunstschaffen zurück

Sie war viel unterwegs und hat ihre Installationen schon auf der ganzen Welt ausgestellt. Aktuell zeigt Liliane Freiermuth ihre Werke in ihrer Heimat in Zeiningen. Passend zur Künstlerin haben viele ihrer Installationen mit Fliegen, Reisen und Bewegung zu tun.

Janine Tschopp

Seit ihrer Kindheit kennt sie dieses Haus. Es war das Haus der Grosseltern, nur ein paar Schritte entfernt von ihrem Elternhaus in Zeiningen. Das Aufwachsen in diesem kleinen Dorf hat Liliane Freiermuth gefallen. 19-jährig zog es sie nach Basel und später nach Zürich. Noch heute hat sie eine Wohnung und ein Atelier in Zürich, wohnt aber zusammen mit ihrem Partner in London, wo ebenfalls schon viel von ihrer Kunst entstanden ist.

Die Künstlerin führt die Journalistin durch die Ausstellung, welche sich auf alle Räume und mehrere Stockwerke verteilt. Zu sehen sind Installationen, welche aus 40 Jahren Kunstschaffen entstanden sind. Schiffe, Flugzeuge, Fotografien eines Flughafenterminals in London und vieles mehr. «Fliegen und Reisen war für mich immer ein Thema. Ich bewege mich gerne. Auch Kunst ist beweglich», erklärt Liliane Freiermuth. Nach dem Rundgang durch das unbewohnte Haus, das mit Liliane Freiermuths Ausstellung zwischengenutzt wird, setzen wir uns auf die Terrasse, schauen in die schöne Natur, und die Künstlerin erzählt.

Sie wollte Mode machen
Nach der Schule absolvierte Liliane Freiermuth eine Haute-Couture-Lehre in Rheinfelden. Zufälligerweise erfuhr sie durchs Radio von einem Vorkurs Gestaltung und wusste, dass sie sich dort weiterbilden wollte. «Ich mache Mode», teilte sie ihren Eltern mit. Sie arbeitete dann während sechs Jahren in der Trendforschung im Zürcher Warenhaus Jelmoli. Erst 22-jährig durfte sie schon ganze Modekollektionen illustrieren.

Ihre erste Ausstellung, Collagen mit dem Titel «Landschaften aus dem Flugzeug», hatte sie im Alter von 18 Jahren in einem Jugendhotel in Basel. Wie es zu ihr passt, hat sie Reisen und Bewegung zum Thema gemacht. Eine zweijährige Weltreise (Indien, Thailand, Malaysia, Singapur, Indonesien, Australien, Neuseeland, Fidschi, USA, Mexico) unternahm sie nach ihrer Tätigkeit bei Jelmoli. «Ich blieb nirgends länger als drei Tage, die ganzen zwei Jahre lang», beschreibt sie.

Kunst, Reisen und Unterrichten
Nach der Weltreise studierte sie an der Freien Kunstakademie in Basel und es folgten viele internationale Ausstellungen. Sie zeigte ihre Werke in Finnland, Schweden, Frankreich und anderen Ländern. Schon bald wechselte sie von der Malerei auf Installationen.

Ein Schlüsselmoment war, als sie 1999 vom Kuratorium des Kantons Aargau ein Stipendium für eine Ausstellung in Paris erhielt. Spätestens zu diesem Zeitpunkt bekannte sie sich zu 100 Prozent zur Kunst. «Mir wurde bewusst, dass ich nicht mehr zurückkonnte.»

Um ihre grosse Leidenschaft zu finanzieren, unterrichtete sie Gestaltungsfächer an der Oberstufe im Baselland und heute in Basel.

Kunst, Reisen und Unterrichten sind die Tätigkeiten, welche die Künstlerin, die mittlerweile hauptsächlich in London, aber auch in Zürich wohnt, beschäftigen.

«Ich schaue und beobachte»
Dann beschreibt sie, wie ihre Kunst entsteht. «Oftmals bin ich unterwegs, beobachte und geniesse es, unter den Leuten zu sein. Ich bin unheimlich neugierig und sehe dann etwas, was mich fasziniert. Es muss nichts Grossartiges sein. Dann beginne ich Notizen und Zeichnungen zu machen und schreibe meine Ideen nieder.» Es folgt die Phase des Ausprobierens verschiedener Materialien und Techniken im Atelier. «Ich entwickle dann ein Konzept, das überall funktionieren muss. Das Material muss in einem Rollkoffer Platz haben.»

Ideen, wie sie eine Ausstellung gestalten will, kommen ihr, wenn sie den Raum gesehen hat. «Dann bin ich wie ein Tiger. Es kommt der Drang und gleichzeitig ist es ein Aushalten, bis ich weiss, wie meine Ausstellung aussehen soll.» Und plötzlich kommt der Moment, da weiss sie, dass es für sie stimmt.

«Ich bin dann wahnsinnig stolz», sagt sie und erklärt, dass sie sehr gerne ausstellt. Sie kennt aber auch die Schattenseite. Beispielsweise, wenn es Leute gibt, denen ihre Werke nicht gefallen. «Ich musste lernen, damit umzugehen und mir bewusst zu werden, dass ich mich für meine Kunst nicht rechtfertigen muss.» Dann erzählt sie aber auch von vielen schönen Rückmeldungen. Besonders gerne hat sie Feedbacks von Kindern. «Sie sagen immer ganz direkt, was sie finden.»

Wie in vielen Berufen gibt es auch bei Liliane Freiermuth Phasen der Verunsicherung. «Verunsicherungen müssen sein, und ohne Fehler geht es nicht.» Rückblickend würde die 57-Jährige alles wieder gleich machen. «Ich bereue nichts. Es ist abenteuerlich», sagt sie.

Mittlerweile ist es fast dunkel geworden, und wir sitzen noch immer auf der Terrasse. Das Gespräch mit Liliane Freiermuth neigt sich dem Ende zu. Das Gespräch mit einer Frau, die aufgrund ihrer Leidenschaft zur Kunst manchmal auch nur kleine Brötchen backen kann. Eine Frau, die viel Freiheit braucht, immer in Bewegung, aber trotzdem bodenständig ist. Eine Frau, die neugierig durchs Leben geht, immer wieder Neues entdeckt und ihre Inspirationen und Ideen im Atelier umsetzt. Eine Künstlerin.

Liliane Freiermuth zeigt eine retrospektive Ausstellung aus 40 Jahren Kunstschaffen in ihrer Heimat in Zeiningen. Die Ausstellung am Fuchsrain 1 ist am 12. und 26. November, von 11 bis 16 Uhr, sowie am 25. November, von 19 bis 21 Uhr, geöffnet.


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