«Von Fussball bekomme ich nie genug!»

  19.04.2022 Fussball, Kaiseraugst, Persönlich

Adrian Durrer hat seinen Kindheitstraum zum Beruf gemacht

Der 21-jährige Kaiseraugster Adrian Durrer hat beinahe seine gesamte Fussballenwicklung beim FC Basel durchlaufen. Nun hat er mit den Bianconeri in Lugano einen neuen Club gefunden.

Birgit Schlegel

Das Ticket seines ersten Besuches im Joggeli hat Adrian Durrer aufbewahrt. Gegen den FC Sion war es, als sein Vater den 4-Jährigen an das Heimspiel des FCB mitgenommen hat. «Immer wieder habe ich es in meiner Kindheit angeschaut. Einmal Spieler beim FC Basel zu sein, war mein absoluter Kindheitstraum!» Sein Traum ist in Erfüllung gegangen. Und wie war es denn, zum ersten Mal nicht als Matchbesucher, sondern als Spieler im St. Jakobpark einzulaufen? «Unbeschreiblich! Da bekomme ich jetzt noch Gänsehaut!» Schon als kleiner Knirps hat es ihn zum Ball hingezogen. Mit Fussball angefangen hat er beim familienfreundlichen SV Augst. Drei Jahre alt war Adrian da und der FC Kaiseraugst erst kurz vor seiner Gründung. Nach dem späteren Wechsel zum SV Muttenz war für den talentierten Buben der Eintritt bei den U9 des FC Basel naheliegend. Mehrmaliges Training in der Woche war da bereits fester Bestandteil und für den Primarschüler nichts Besonderes. Dass der junge Spieler eine etwas andere Jugend verbringen würde als die gleichaltrigen Kolleginnen und Kollegen, war für Aussenstehende bereits in der frühen Schulzeit offensichtlich. «Erst in der Bezirksschule in Rheinfelden wurde es mir selber zum ersten Mal bewusst. Da hiess es dann oft im Schulhausgang: ah, das ist der vom FCB», erinnert sich Adrian mit einem Schmunzeln. Seine Mitschüler und Lehrpersonen haben ihn immer unterstützt, obwohl er häufig einen «Sonderzug» fahren durfte. Waren Morgentrainings angesagt, blickten wohl einige seiner Klassenkollegen etwas neidisch auf den Fussballer. Nur allzu gern hätten wohl auch sie einmal eine Schuldispens wegen ihres Hobbys bekommen. In der speziellen Sportklasse der Wirtschaftsmittelschule in Reinach hat Adrian Durrer – begleitend zur Fussballausbildung – im vergangenen Sommer sein Diplom erhalten. Aber warum ausgerechnet Fussball? Denn das Tennisspielen war ebenfalls eine grosse Leidenschaft, auch Unihockey war kurz ein Thema. Der Entscheid, voll auf die eine Sportart zu setzen, erfolgte mit dem Wechsel in die U15.

Lieber Mannschaftssportler als Einzelkämpfer
Bereits als Schüler hat sich Adrian in einer Gruppenarbeit wohler gefühlt als in einer Einzelarbeit. «Teil einer Gruppe zu sein, ist mir einfach sehr wichtig. Alle Qualitäten geschehen als Team, sowohl Erfolg wie Misserfolg. Auch deshalb habe ich mich klar für diesen Sport entschieden.» Und doch ist jeder für seinen persönlichen Erfolg selbst verantwortlich, und es braucht ein gesundes Mass an Egoismus, um sich innerhalb der Mannschaft behaupten zu können. Adrian hat dies während seiner langjährigen FCB-Zeit immer wieder selbst erfahren müssen. «Da hatte ich bei den U10 noch zwanzig Mannschaftskollegen. Und ein paar Jahre später waren sie plötzlich nicht mehr da. Dann traf ich sie auf dem Spielfeld wieder an, aber nun als meine direkten Gegner.» In den vergangenen Monaten wurde es für den jungen Fussballer zunehmend schwieriger, einen festen Platz als Stammspieler der 1. Mannschaft zu ergattern. Seine zusätzliche Verpflichtung als U21-Spieler und die damit verbundenen Positionswechsel erhöhten den Druck und die spürbare Konkurrenz unter den Mannschaftskollegen. Die grosse Chance für den vollständigen Durchbruch im FC Basel blieb Adrian Durrer so verwehrt. Frustrierend kann diese Situation sein, trotz Aufgebot meistens nur auf der Ersatzbank zu sein. «Ich war mir aber immer bewusst, dass bereits meine Nominierung in das Kader ein Riesenerfolg ist. Wenn man bedenkt, wie viele talentierte Jugendliche dies erreichen wollen und davon träumen, und nur ein kleiner Prozentsatz dies auch wirklich schafft.» Aktiv um einen Clubwechsel habe er sich trotz allem nicht bemüht. «Wäre das Angebot vom FC Lugano nicht so positiv und zukunftsorientiert gewesen, hätte ich den Wechsel nicht vollzogen», so Adrians Erklärung.

Das Image des internationalen Fussballs hat in den letzten Jahren gelitten. Enorme Ablösesummen, Skandale um einzelne Spieler oder etwa Streit um die Übertragungsrechte und politische Machenschaften haben unter anderem dazu beigetragen. Wie sieht dies ein junger Spieler, der am Anfang seiner Laufbahn als Profi steht? «Ich kann sehr gut verstehen, wenn der Profi-Fussball oder das Verhalten einzelner Spieler da vielleicht etwas dekadent wirkt. Vor allem, wenn man den Fussball mit anderen Sportarten mit viel höherem Trainingspensum und trotzdem viel geringerem Lohn vergleicht. Meine Eltern haben mich immer wieder darauf hingewiesen und mich da etwas sensibilisiert.» Aber die Zuschauer seien sich vielleicht nicht bewusst, wie sehr jeder einzelne Spieler eigentlich in der Öffentlichkeit stehe, so Adrian Durrer. Woche für Woche im TV-Programm präsent zu sein, Spiel für Spiel immer unter Beobachtung zu stehen, in einem Spiel Matchwinner zu sein, im nächsten beim kleinsten Fehler von den Medien verrissen zu werden. Und dies bei einer Sportart, die weltweit wohl zu den populärsten gehört und auch hobbymässig am meisten ausgeübt wird. «Das ist schon ein enormer Druck», meint Adrian. Tatsächlich scheint der junge Sportler bereits sehr geerdet zu sein, kann er doch seine Position sehr realistisch einschätzen und ist er sich auch bewusst, trotz aller Schwierigkeiten ein privilegiertes Leben führen zu dürfen. Da ist nichts zu spüren von einer Überheblichkeit oder Arroganz, wie sie anderenorts bereits manchmal durchblickt. Sehr humorvoll und einfühlsam scheint er zu sein. Auch eine etwas provokative Frage bringt ihn nicht aus der Ruhe. Im Gegenteil: auf ein lautes Lachen folgt meist ein «Ich weiss schon, was Du meinst», bevor er mit grosser Begeisterung und sehr persönlichen Gedanken lebhaft zu erzählen beginnt.

Nun hat sich mit dem Wechsel zum FC Lugano in der diesjährigen Winterpause einiges geändert. «Ich habe in der kurzen Zeit sportlich bereits viel mehr erlebt, als ich mir erhofft habe. Ich bin absolut zufrieden und glücklich mit der neuen Situation.»


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