«Der Notfall ist oft eine Eintrittspforte ins Spital»

  18.02.2022 Fricktal, Rheinfelden, Gesundheit

Rund 12 000 Personen suchen jährlich den Notfall beim Spital Rheinfelden auf

Wie wichtig der Notfall an einem Spital ist, zeigt das Gespräch mit dem Mediziner Thomas Ernst auf. Der Fricktaler leitet am GZF-Standort Rheinfelden diese Station. An manchen Tagen suchen bis zu 50 Personen den Notfall auf. Die Pandemie hat den Alltag auch hier verändert.

Susanne Hörth

Seit zwei Jahren leitet Dr. med. Thomas Ernst die Abteilung Notfall beim Gesundheitszentrum Fricktal (GZF) am Spitalstandort Rheinfelden. Zusammen mit vier Kaderärzten, 14 Assistenzärzten und den Mitarbeitenden des Pflegedienstes bestreitet er einen herausfordernden «24 Stunden/7 Tage»-Betrieb. «Durchschnittlich kommen 35 Personen pro Tag zu uns, manchmal sind es aber auch 50. Pro Jahr sind dies zirka 12 000 Menschen, die den Notfall am Spital Rheinfelden aufsuchen. Und es sind immer mehr schwere Fälle dabei», erklärt Thomas Ernst. Manche Patienten können ambulant behandelt werden, andere müssen stationär aufgenommen werden. «Der Notfall ist oft eine Eintrittspforte ins Spital.» Zeit und kompetente ärztliche Versorgung seien wichtig für das Vertrauen der Patienten. Der Leiter des Rheinfelder Notfalls führt weiter an: «Die engen Schnittstellen machen uns zu einer sehr reaktionsfähigen Einheit. Wenn sich die Patienten bei uns mit einem komplexen Problem vorstellen, können wir in kurzer Zeit alle benötigten Fachrichtungen beiziehen, welche dann zusammen zeitnah eine optimale interdisziplinäre Versorgung gewährleisten.»

Veränderungen durch die Pandemie
Als der Magdener im Februar 2020 seine leitende Stelle antrat, geschah das fast gleichzeitig mit dem Ausbruch der Pandemie. «Als ich begonnen habe, trugen wir noch keine Masken. Kurz darauf gehörten diese einfach dazu», nennt er ein kleines Detail. «Am meisten verändert hat sich sicher, dass seit Beginn der Pandemie auf dem Notfall wie auch im ganzen Spital, Coronaverdachtsfälle sowie Patienten mit einer Covid-Erkrankung von den übrigen Patienten räumlich getrennt versorgt und behandelt werden.» Er fügt hier noch an: «Covid ist ein neues, sich wandelndes Krankheitsbild, für welches wir ein Gefühl bekommen mussten.» Zu Beginn der Pandemie sei unklar gewesen, mit was man es zu tun hat. Nach und nach seien Leitlinien zur Behandlung formuliert worden.

Schlüsselfunktion der Hausärzte
«Ich bin durch und durch ein Fricktaler» schmunzelt Thomas Ernst. Hier ist er aufgewachsen und zur Schule gegangen. Mit seiner Familie lebt er in Magden. Nach der Mittelschule und dem Medizinstudium führte ihn sein beruflicher Weg als Assistenzund Oberarzt neben Stationen ausserhalb des Kantons Aargau auch zum Gesundheitszentrum Fricktal. Es war somit vor zwei Jahren mit der Übernahme der Notfall-Leitung gleichzeitig auch eine Rückkehr ins Spital Rheinfelden. Als eine wichtige Erfahrung bezeichnet er die Zeit, in der er eine Hausarztpraxis geführt hatte. Gerade den Hausärzten komme in Zusammenhang mit dem Spital-Notfall eine sehr grosse Bedeutung zu. Sie seien es, die regelmässig Patientinnen und Patienten zur weiteren Abklärung an den Notfall überweisen würden. «Hausärzte nehmen eine wichtige Schlüsselfunktion ein.»


«Hausärzte haben eine Schlüsselfunktion»

Das sagt der Leiter des Notfalls beim Spital Rheinfelden

Thomas Ernst leitet seit zwei Jahren den Notfall beim Spital Rheinfelden. Im Gespräch mit der NFZ wird auch der Mangel an Hausärzten thematisiert.

Susanne Hörth

Dem immer wieder zu vernehmenden Vorwurf, die Leute würden bei jeder Kleinigkeit gleich den Notfall aufsuchen, statt sich zuerst an den Hausarzt zu wenden, widerspricht Thomas Ernst, Leiter der Station Notfall am GZF-Standort Rheinfelden: «Das spüren wir nur bedingt. Natürlich kommen gelegentlich Patienten mit kleineren Problemen direkt zu uns.» Klar ist: Alle, die den Notfall aufsuchen, werden versorgt. «Der Patient entscheidet, ob er ein Notfall ist oder nicht.» Bequemlichkeit als Grund für das direkte Aufsuchen des Notfalls sieht der Leiter des Notfalls nicht. Schliesslich gehe ja niemand freiwillig zum Arzt. «Zugezogene Patienten haben manchmal Mühe einen Hausarzt zu finden. Da ist es naheliegend, bei einem akuten Problem den Notfall aufzusuchen.»

Dem Mangel an Hausärzten, insbesondere im ländlichen Raum, ist man sich am GZF sehr bewusst. Thomas Ernst betont: «Hausärzte sind der Schlüssel einer guten medizinischen Grundversorgung. Auch für ein Spital haben Hausärzte eine immens wichtige Funktion. Sie sind es nämlich, die die Patienten nach dem Spitalaufenthalt weiter behandeln. Nur dies sichert den nachhaltigen Behandlungserfolg.» Das GZF führt im Fricktal verschiedene Hausarztpraxen sowie das Fachärztehaus in Frick. Damit leiste das Gesundheitszentrum einen Beitrag zur Sicherstellung der hausärztlichen Versorgung, die gesamtschweizerisch herausfordernd sei, so Thomas Ernst.

Schnell vor Ort
Immer wieder ist zu hören, dass es nach einer Notalarmierung zu lange dauert, bis die Rettungskräfte eintreffen und der Patient ins Spital gebracht werden kann. Thomas Ernst schüttelt den Kopf. Er könne das aus seinem Erfahrungsalltag nicht bestätigen. «Wir haben regional einen sehr kompetenten Rettungsdienst, welcher im Notfall innert kürzester Zeit vor Ort ist. Wenn viele Alarmierungen gleichzeitig eintreffen, kommt es auch vor, dass wir von überregionalen Rettungskräften unterstützt werden.» Er ist sich gleichwohl bewusst, dass von Betroffenen die Wartezeit länger wahrgenommen wird, als sie effektiv ist,

Die vergangenen von der Pandemie geprägten zwei Jahre haben die Mitarbeitenden der Spitäler sehr gefordert. Thomas Ernst betont denn auch, dass die damit einhergehende Belastung auf dem Notfall spürbar sei. «Unser Ziel ist es, jedem Patienten zuverlässig eine hochqualitative Versorgung zu bieten. Dies ist unter den aktuellen Bedingungen, die seit Pandemiebeginn von einer überdurchschnittlich hohen Arbeitsbelastung und in der Folge von Müdigkeit und Erschöpfung beim Personal, Personalengpässen und teilweise einem gewissen Corona-Koller geprägt sind, noch anspruchsvoller.»

Trotz den Herausforderungen, den intensiven Wochen und Monaten und einer Arbeit, bei welcher kein Tag gleich wie der andere ist, sagt Thomas Ernst voller Überzeugung: «Es ist sicher alles etwas anspruchsvoller geworden. An der Attraktivität meines Berufes hat sich aber nichts verändert.» Sich um die Patienten zu kümmern und gleichzeitig den Notfall gemeinsam mit seinem Team weiterzuentwickeln, darauf freut er sich immer wieder aufs Neue. «Durch unser Zutun soll der Notfall einen Fricktaler Geist bekommen, der dafür sorgt, dass sich die Leute hier gut aufgehoben fühlen.»


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