Nikolaj Tryshnivskyi macht aus einem Besen Kunst
08.02.2025 Wittnau, PersönlichFür ihn sei es eine Möglichkeit, Danke zu sagen, sagt Nikolaj Tryshnivskyi. Seiner immer zahlreicheren Kundschaft bereitet er mit seiner kunstvollen Arbeit Freude.
Simone Rufli
«Neue Besen kehren gut, aber die alten kennen die Ecken», unter diesem Motto wurden vor ein paar Tagen fünf Jubilarinnen aus dem Vorstand der Trachtengruppe Gipf-Oberfrick an der Generalversammlung geehrt (die NFZ berichtete). Alle fünf Frauen erhielten zum Geschenk einen Besen. Allerdings keinen, wie man ihn im Laden kaufen kann, sondern einen mit einem individuell bemalten Stiel. Woher also kommen diese speziellen Besen? Die Nachfrage bei Vorstandsmitglied Gertrud Häseli ergab Folgendes: Der Mann, der die Besen so kunstvoll gestaltet, heisst Nikolaj Tryshnivskyi, stammt aus der Ukraine und lebt seit zwei Jahren mit seiner Familie in Wittnau. Das nachfolgende Gespräch gelang mit Hilfe seiner Tochter und einer Übersetzungs-App.
NFZ: Nikolaj Tryshnivskyi, wie kamen Sie auf die Idee, Besen zu bemalen?
Nikolaj Tryshnivskyi: Die Idee kam von Gertrud Häseli. Sie wusste schon lange, dass ich zeichne. Sie bat mich, Besen zu bemalen und ich muss sagen, ich mache das sehr gerne. Zum einen, weil ich die Zeit dazu habe, vor allem aber möchte ich für die Freundlichkeit, die Aufrichtigkeit und Hilfe danken, die wir bei unserer Ankunft in der Schweiz erfahren haben und wenigstens ein bisschen nützlich sein.
Wie viele Besen haben Sie schon bemalt?
Ich weiss es nicht. Ich habe nicht gezählt, aber es werden ungefähr 30 sein.
Gertrud Häseli hat erzählt, dass Sie ganz viele Aufträge für weitere Besen haben. Haben Sie erwartet, dass Ihre Arbeit so viel Freude bereitet?
Nein, ich habe nur getan, was ich konnte.
Wie lange dauert das Bemalen eines Besens?
Ich brauche zwischen zwei und drei
Stunden pro Besen.
Sie bemalen die Besenstiele mit Blumen. Warum Blumen?
Weil doch alle Blumen lieben, und ich es liebe, Blumen zu zeichnen.
Haben die Besenkäufer manchmal auch andere Wünsche?
Ja, manchmal wünschen sie andere Motive und wählen auch die Farbe. Bei der letzten Bestellung zum Beispiel wurden Sonne, Mond, Kaninchen, Gemüse und Unterschriften mit dem Namen gewünscht.
Haben Sie in der Ukraine auch schon gezeichnet und gemalt?
Ja. Ich habe viele Bilder gemalt, alte Ikonen restauriert, Denkmäler geschaffen und mit Metall und Holz gearbeitet.
Sie waren von Beruf Restaurator?
Ich arbeitete früher als Feuerwehrmann und gleichzeitig als Künstler.
Was machen Sie sonst noch gerne, wenn Sie nicht zeichnen?
Ich liebe es, Kontakte zu knüpfen, aber hier fällt mir das nicht so leicht. Aber ich bin froh, dass wir gemeinsam in Sicherheit sind und ich meine Enkelinnen aufwachsen sehen kann.
Bevor das mit den Besen anfing, habe ich auch schon Kieselsteine bemalt, und meine Enkelinnen haben sie dann ihren Freunden in der Schule und ihren Lehrern geschenkt.
Aus welchem Teil der Ukraine kommen Sie?
Wir kommen aus der Region Cherson, aus dem Dorf Zmiivka in der Südukraine. Dies ist ein wunderschönes altes schwedisches Dorf am Ufer des Flusses Dnjepr. Es war die Heimat vieler Schweden, Deutscher und vieler anderer Nationalitäten. Jetzt ist es Frontlinie und alle Zivilisten haben das Dorf verlassen, weil es ständig unter Beschuss steht und die Häuser dem Erdboden gleichgemacht wurden.
Wir leben nun schon das zweite Jahr in Wittnau und ich möchte die Gelegenheit nutzen, der Schweiz, die uns Schutz bietet, und allen Menschen, die uns in dieser für uns schwierigen Zeit helfen und unterstützen, einen herzlichen Dank auszusprechen.