Das Urteil: «Mehr Freizeit, weniger Akten»

  19.12.2024 Rheinfelden

Gerichtspräsidentin Regula Lützelschwab feierlich verabschiedet

Während fast 21 Jahren war Regula Lützelschwab geschäftsführende Präsidentin des Bezirksgerichts Rheinfelden. Über 16 500 Fälle sind in dieser Zeit über ihren Schreibtisch gegangen. Jetzt freut sie sich auf den Ruhestand.

Valentin Zumsteg

Es ist nicht übertrieben, wenn man von einer Ära spricht. Während 33 Jahren hat Regula Lützelschwab für den Kanton Aargau gearbeitet, davon fast 21 Jahre als geschäftsführende Gerichtspräsidentin am Bezirksgericht Rheinfelden. Sie war die erste Frau in diesem Amt. Am Montagabend ist sie von Kolleginnen und Kollegen, Anwältinnen und Anwälten sowie weiteren beruflichen Weggefährten in den Ruhestand verabschiedet worden. «Es war eine spannende und interessante Zeit», sagte die 64-Jährige.

«Das war ein Stahlbad»
Am 1. Februar 2004 hat sie die Arbeit als Gerichtspräsidentin in Rheinfelden begonnen; sie war damals in dieser Funktion allein. Seither gab es viele Veränderungen. Heute verfügt das Bezirksgericht über drei Präsidien. «Der Umfang der Fälle hat in den letzten Jahren deutlich zugenommen», erzählt Lützelschwab. Reichten zu Beginn ein paar Sätze zur Urteilsbegründung, braucht es heute mehrere Seiten dafür.

Unvergessen ist ihr der spektakulärste Fall in ihrer Karriere. Es ging um den Mord an einer 38-jährigen Frau und Mutter in Rheinfelden. Sie war von ihrem Ehemann erwürgt worden, der sich 2009 vor Gericht verantworten musste. Er wurde schuldig gesprochen. «Das war ein Stahlbad. Bei einem solchen Fall lernt man viel und man spürt die Verantwortung, die man als Richterin trägt», sagte Regula Lützelschwab gegenüber der NFZ. Sie bedankte sich bei allen Kolleginnen und Kollegen sowie bei den Mitarbeitenden. «Ich freue mich, dass ich die Verantwortung so lange tragen durfte.» Im laufenden Jahr musste sie aus gesundheitlichen Gründen während rund zweieinhalb Monaten pausieren und eine Therapie beginnen, die erfreulicherweise gut anschlägt. Sie ist an chronischer lymphatischer Leukämie erkrankt. Heute gehe es ihr dank Medikamenten deutlich besser.

«Keine Zeit für Skandale»
«Wir dürfen eine verdiente Gerichtspräsidentin in den Ruhestand entlassen», erklärte Viktor Egloff, Oberrichter und Präsident der Aargauer Justizleitung. Drei Dinge haben ihn bei Regula Lützelschwab beeindruckt: «Sie ist immer sehr fokussiert, wenn sie an etwas arbeitet. Ihre Türen stehen immer offen, sie ist hilfsbereit», schilderte er. Als Drittes fügte er schmunzelnd hinzu: «Sie war der erste Mensch beim Gericht Aargau, der über ein Stehpult verfügte.» Wie Egloff schilderte, gingen seit 2004 rund 16 500 Fälle über ihren Schreibtisch. «Da ist keine Zeit geblieben für Skandale.» Er verhehlte aber auch nicht, dass das Bezirksgericht Rheinfelden in den vergangenen Jahren mit Problemen zu kämpfen hatte, die «Performance» liess etwas zu wünschen übrig. «Das Gericht ist noch nicht über dem Berg, aber die Weichen sind gestellt.»

Mit Blick auf den bevorstehenden Ruhestand fasste Egloff ein klares Urteil für Regula Lützelschwab: «Mehr Freizeit, weniger Akten. Dagegen gibt es kein Rechtsmittel.» Lob gab es auch von Anwaltsseite: «Sie hat jeden Fall sehr souverän gemeistert. Regula Lützelschwab kann stolz sein auf ihre Arbeit am Bezirksgericht», sagte Rechtsanwalt Valentin Müller gegenüber der NFZ.

Jetzt geht diese Ära zu Ende. Voraussichtlich morgen Freitag wird sie ihren letzten Arbeitstag haben. Nachfolger als geschäftsführender Gerichtspräsident w ird Björn Bastian. Angesprochen auf ihre Pläne, meinte Regula Lützelschwab: «Ich freue mich auf alles, was kommt. Zuerst werde ich ein bisschen durchschnaufen. Und ich möchte mein Golfspiel auf ein passables Niveau verbessern.»


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