«Ich gelte als Brückenbauerin, davon kann es noch eine vertragen»
03.09.2023 FricktalNationalratskandidatin Colette Basler, SP, Zeihen
Sie politisiere sehr gerne, sei im ganzen Kanton gut vernetzt und in landwirtschaftlichen Fragen eine Brückenbauerin. Nach sieben Jahren im Grossen Rat sei die Zeit reif für den nächsten Schritt, sagt Colette Basler – jenen, aufs politsiche Parkett in Bern.
Interview Simone Rufli
NFZ: Frau Basler, Sie wollen am 22. Oktober in den Nationalrat gewählt werden. Woran merkt man, dass man als Fricktaler Politikerin bereit ist für Bern?
Colette Basler: Nach sieben Jahren im Grossen Rat ist der Moment gekommen, um meinen Rucksack zu packen. Darin befinden sich meine Erfahrungen als Grossrätin, Co-Fraktionspräsidentin und Kommissionsmitglied. Ich bin gut vernetzt im Kanton und auch auf nationaler Ebene. In landwirtschaftlichen Fragen gelte ich als Brückenbauerin. Und davon, meine ich, kann es in Bern noch eine vertragen. Im Verlaufe meiner verschiedenen Tätigkeiten im Bildungsbereich bin ich zur Einsicht gekommen, dass manche Probleme besser gesamtschweizerisch angepackt würden. Vieles würde damit erleichtert.
Wofür werden Sie sich als Nationalrätin einsetzen?
Für den Dialog zwischen Landwirtschaft und Umweltverbänden. Für die Herausforderungen der Zukunft müssen wir Lösungen finden. Das geht nur gemeinsam. In Sachen Biodiversität ist der Kanton Aargau ein Vorzeigekanton. Wieso nicht das Projekt LABIOLA (Landwirtschaft, Biodiversität, Landschaft) auf die ganze Schweiz übertragen? In der Bildung möchte ich flächendeckende Schulsozialarbeit, eine qualitativ gute und vor allem Praxis nahe Ausbildung der Lehrpersonen und Schulleitungen umsetzen.
Wie soll die Schweiz künftig ihre Beziehungen zur EU regeln?
Die Schweiz kann nicht den Fünfer und das Weggli haben. Wollen wir von der EU profitieren, müssen wir auch bereit sein, einen Preis dafür zu bezahlen, zum Beispiel mit einem Rahmenabkommen. Ich bin nicht der Meinung, dass die Schweiz der EU beitreten soll. Aber klar der Meinung, dass es immer ein Geben und ein Nehmen ist. Zu glauben, wir wären ohne einen EU-Beitritt unabhängig, ist naiv. Wir sind heute bereits das am meisten globalisierte Land der Welt.
Welche Form der Neutralität ist für die Schweiz richtig?
Vor dem Hintergrund des Krieges muss die Schweiz ihren Neutralitätsbegriff neu überdenken. Was heisst neutral? Wenn wir keine Waffen in die Ukraine liefern, aber weiterhin Geschäfte mit Russland machen und russische Gelder auf unseren Banken lagern, sind wir dann neutral?
Zunehmende Polarisierung, rauer Umgangston, Anfeindungen – was tun Sie, damit Ihnen die Freude an der Politik erhalten bleibt?
All das Erwähnte vermeiden. Ich politisiere sehr gerne und am liebsten betreibe ich Sachpolitik. Mir sind überparteiliche Arbeit, andere Meinungen anhören, respektieren und Humor sehr wichtig. Es liegt in der Natur der Sache, dass andere Politikerinnen und Politiker andere Ansichten haben, das hat aber mit ihnen als Menschen nichts zu tun. Ich bin überzeugt davon, dass das Motto «Wie mer in Wald ie rüeft, so chunts zrugg.» absolut stimmt. C’est le ton qui fait la musique.
Was entgegen Sie jenen, die sagen, die Landwirtschaft ist in Bern bereits übervertreten?
Ich sage ihnen, dass es in diesem Thema zu wenig Brückenbauerinnen gibt. Es braucht ein Scharnier zwischen den verschiedenen Anspruchsgruppen. Die Landwirtschaft ist mehr als die Vertretung einer Interessengruppe. Sie ist sehr divers, innovativ und fortschrittlich. Es ist wichtig, dass es gelingt, zu zeigen, was die Landwirtschaft alles Gutes tut und das Image des «Nein-Sagens» verliert.
Was hat Sie einst bewogen, in die Politik zu gehen?
Ich wurde schon als Kind zu Hause politisiert. Politik war immer ein Thema am Familientisch. Das hat mir schon damals gefallen. Als Lehrerin haben mich die Herausforderungen in der Bildungslandschaft beschäftigt. Ich hatte Ideen, wollte mich einbringen, den Aargau weiterbringen und so bin ich dann 2017 im Grossen Rat gelandet.
Wo gelingt es Ihnen besser abzuschalten, beim Traktor fahren oder beim Tanzen und warum?
Bei beiden Tätigkeiten gelingt mir das sehr gut. Sie geben mir ein Gefühl von Freiheit. Ich tauche in eine andere Welt ein. Beim Tanzen kann ich loslassen, ausschwitzen. Auf dem Traktor bin ich in einer anderen Welt. Kommt ein Wetterumschwung, muss es schnell gehen und wenn andere auch auf dem Feld und in derselben Situation sind, gibt das einen Adrenalinkick. Ein Gefühl, dass man nur ermessen kann, wenn man das erlebt hat. Ein Gefühl von Solidarität und Zusammengehörigkeit.