Ein Stück Identifikation

  18.07.2021 Fricktal

In Laufenburg ist es ein Löwe, in Frick ein Fuchs oder in Wittnau ein Adler. Bei einem Streifzug durch die Wappen der Fricktaler Gemeinden fallen unter anderem auch die tierischen Sujets auf. Aber nicht nur. Die NFZ befasst sich in einer lockeren Serie mit der Heraldik. Teil 1 startet tierisch. (sh)


Der Löwe, der Adler, der Fuchs und die Hindin

Fricktaler Gemeindewappen (Teil 1): Heraldische Figuren

In dieser losen Serie stellt die NFZ die Herkunft und Bedeutung der Gemeindewappen des Fricktals vor. Im ersten Teil geht es um die typischsten heraldischen Figuren: Tiere.

Boris Burkhardt

Der Habsburger Löwe von Laufenburg dürfte jedem Fricktaler bekannt sein. In Rot auf Gold weht er weithin sichtbar auf der Ruine Laufenburg – und prangt über dem Torbogen des Rathauses im Minderen Teil der Stadt, in Badisch-Laufenburg. Denn das Wappen von Laufenburg ist nebenbei erwähnt das einzige Wappen der Welt, das sich zwei Gemeinden teilen. Gemeindewappen entstanden im Grossherzogtum Baden in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts und vor allem zu Beginn des 20. Jahrhunderts. Auch in der Schweiz erwachte das Bedürfnis, den unabhängig gewordenen Einwohnergemeinden ein hoheitliches Symbol zu verleihen, im Umfeld der Romantik in der Mitte des 19. Jahrhunderts. Oft waren Dorfvereine, die sich eine eigene Fahne wünschten, die Initianten; viele Gemeindewappen im Aargau entstanden aber erst während oder nach dem Zweiten Weltkrieg.

Laufenburg ist als mittelalterliche Stadt wie Rheinfelden eine deutliche Ausnahme und führt das Habsburger Wappen seit 1461. Die Habsburger der Stammburg bei Brugg verliehen den Stadtgründern «gnadenweise das Recht», den roten Löwen im Wappen zu tragen. Seit über 500 Jahren ist das Laufenburger Wappen unverändert: In Gold ein steigender roter Löwe. Lediglich die Position des Löwen, zunächst in gotischer Manier gerade auf einem Bein stehend, das andere nach vorne ausgestreckt, später bis heute ausgewogen auf beiden Beinen stehend, änderte sich über die Zeit – heraldisch ist diese Änderung aber belanglos, ebenso die stilistischen Feinheiten im Unterschied zwischen den aktuellen Wappenversionen beider Laufenburg.

Ein majestätisches Wappentier
Der Löwe ist unbestritten auch unter den Wappentieren «König» und seit Beginn der Herrschaftssymbolik in der Antike das beliebteste Motiv: Er symbolisiert Mut und Majestät. Er kommt in derart vielen Wappen vor und hat dabei keine festgelegte Tingierung, wie der Heraldiker die unterscheidungsrelevante Farbgebung der Wappen nennt, sodass er immer nur mit Kenntnis der historischen Verhältnisse zuordbar ist. Als bekannteste Wappenlöwen neben dem der Habsburger seien nur genannt der böhmische, der flämische, der pfälzische, der englische, der dänische, der finnische und jener von San Marco im venezianischen Stadtwappen.

Im Aargau tragen den roten Habsburger Löwen ausserdem Bremgarten (Rot auf Silber), Mellingen (Bezirk Baden) und Windisch (Bezirk Brugg) im Wappen. In Rudolfstetten-Friedlisberg (Bezirk Bremgarten) hat der Habsburger Löwe sogar ein Ruder in der Hand: Der Legende nach soll Rudolf von Habsburg bei Rudolfstetten einem Mönch sein Pferd geliehen haben, damit dieser die Reppisch habe überqueren können. Interessant ist, dass die Gemeinde Habsburg selbst keinen Habsburger Löwen im Wappen führt, sondern die Habsburg zeigt. Direkt vom Laufenburger Löwen leitet sich das Wappen der ehemaligen Gemeinde Wil (heute Mettauertal) ab: Dort steht er als rotes Tier in goldenem Feld sichtbar bis zur Hüfte in der oberen Hälfte; die untere zeigt in Grün drei silberne, fünfzackige Sterne.

Der schwarze Löwe in goldenem Feld von Oberlunkhofen (Bezirk Bremgarten) stammt hingegen aus dem Stiftswappen zu St. Leodegar in Luzern, der silberne Löwe in blauem Feld von Wislikofen (Bezirk Zurzach) von der St. Blasianischen Propstei im Ort. Ein weiterer wichtiger Löwe in der Region ist jener der Herren von Rötteln. Er kommt zum Beispiel im Wappen des Landkreises Lörrach vor (linksgerichtet in Rot in silbernem Feld) sowie in jenem der Gemeinden Efringen-Kirchen und Rümmingen sowie im Lörracher Ortsteil Haagen, auf dessen Bann die Burg Rötteln steht.

König der Lüfte
Neben Löwen und Bären, die meist von Städten und Gemeinden mit einem «Bär» und ihren Herrschaften im Namen getragen werden und deshalb in der Region bis auf Bernau im Schwarzwald selten sind, gehört der Adler zu den wichtigsten Wappentieren.

Auch er steht für den «König der Lüfte» und wurde aus dem alten Orient von Alexander dem Grossen in Europa eingeführt. Wittnau übernahm die gleich zwei Adler des Adelswappens der ausgestorbenen Grafen von Homburg, deren Burg auf dem heutigen Gemeindebann 1356 durch das Basler Erdbeben zerstört wurde: In Blau zwei übereinandergestellte silberne, rot bewehrte und gezungte Adler. Auf dem Familienwappen waren die Adler schwarz in goldenem Feld; die ehrenamtliche Wappenkommission der Historischen Gesellschaft des Kantons Aargau von 1945 bis 1966 bestand aber auf einer Veränderung der Tingierung, weil die Grafen von Homburg das Wappen der Gemeinde nie verliehen hatten.

Fuchs und Hindin
Der Fuchs ist hingegen ein seltenes Wappentier. Die Gemeinde Frick wählte ihn 1931 als Verbindung zu den Herren von Frick, die Gevatter Reinecke bereits seit 1277 als Dienstadelswappen trugen: In Silber ein springender roter Fuchs. Sie waren Dienstmannen der Grafen von Homburg, Tierstein und Habsburg. Ursprünglich hatte Frick das Lindenblatt derer von Homburg als Wappen des Kantons Frick gewählt. Es lag auf einem von Gold und Rot gespaltenem Schild, war damit aber vielen anderen Gemeindewappen im Fricktal zu ähnlich. Die Diskussion, die zur Wahl des heutigen Wappens führte, wurde am Jubiläumsschützenfest 1926 entfacht.

Fast einmalig ist das Wappentier von Gipf-Oberfrick: In Gold auf grünem Dreiberg eine rote Hindin. Während der Hirschbulle beziehungsweise dessen Geweihe ein sehr häufiger Wappenbestandteil sind, vor allem wie der Bär in Orten, die den Hirsch im Namen tragen (im Aargau sechsmal), ist ein explizit weibliches Wappentier sehr selten. Die rote Hindin hat jedoch eine sehr alte Tradition und geht auf das seit 1386 nachgewiesene Adelswappen der Grafen von Tierstein zurück, deren Stammburg auf dem heutigen Gemeindebann liegt. Weil die Bezeichnung Hindin für die Hirschkuh schon damals offensichtlich nicht mehr sehr gebräuchlich war, interpretierte die Gemeinde das Tier in den Dreissigern bis Fünfzigern als «Hündin» und stellte es auch so dar. Erst 1958 korrigierte die Gemeinde auf Hinweis der Wappenkommission den Irrtum.

Mehr Hirschkühe
Einen roten Rehbock in goldenem Feld zeigt das Wappen von Remetschwil (Bezirk Baden). Vermutlich bezog man sich damit auf die erste Silbe des Ortsnamens, die natürlich nichts mit dem Tier zu tun hat. Sehr interessant ist aber, dass auch das Remetschwiler Wappen in einer Variante von 1926 eine Hirschkuh zeigt; eine Verbindung zur Herrschaft Tierstein ist aber nicht belegt. Eine Hirschkuh ist ausserdem Bestandteil des Wappens der italienischen Stadt Cerveteri bei Roma: Dort ist sie sogar dreiköpfig.


 


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