«Der Anblick war grausam»

  03.07.2018 Fricktal

Ronny Wittenwiler

«Der Anblick war jeweils grausam», sagt Martin Willi, Jagdpächter in Wegenstetten. Zwei tote Rehe im Abstand von knapp vierundzwanzig Stunden. Passiert ist es im Juni. Zuerst wurde auf der Fluh eine Rehgeiss tot aufgefunden. Tags darauf findet ein anderer Jagdaufseher (im Bereich Grotte) ein zerbissenes, zu diesem Zeitpunkt noch lebendes Rehkitz. Es wird erlöst. Für Martin Willi besteht kein Zweifel: Die jeweiligen Spurenbilder würden deutlich zeigen, dass die Tiere in beiden Fällen von einem Hund gerissen beziehungsweise verbissen wurden. Dabei ist es nicht geblieben.

Kurze Zeit später meldet sich Niklaus Schmid auf der Redaktion der NFZ. Schmid, Präsident der Jagdgesellschaft Kaiseraugst, zeigt ein Bild von einem Rehkitz. Bissverletzungen an Kopf und Körper. Entdeckt von einem Passanten im Wald, unweit des Waldrands, sei dem herbeigerufenen Jagdaufseher nur noch übriggeblieben, das Tier zu erlösen. Womöglich sei das Kitz im Feld liegend in Richtung Wald gehetzt worden, bis es entkräftet liegen blieb. Sicher hingegen ist Schmid diesbezüglich: «Die Bisswunden stammen von einem Hund.»

Appell an die Leinenpflicht
Martin Willi und Niklaus Schmid, unabhängig voneinander, tun, was so viele ihrer Kollegen auch immer wieder tun: Sie appellieren an die Sorgfalt und an die ohnehin bis 31. Juli geltende Leinenpflicht im Wald und am Waldrand. «Die Jagdgesellschaft Wegenstetten dankt allen Hundehaltern, die sich daran halten und den Kitzen eine echte Lebenschance geben», so Martin Willi. Bei Schmid klingt es nicht anders. «Bereits im Mai hatten wir bei uns einen Fall von einem durch einen Hund gerissenen Reh.»

Verhältnismässigkeit in allen Belangen
Eine Polemik lostreten wollen die Jäger aber nicht. «Ich denke nicht, dass das Problem zugenommen hat, eher umgekehrt», sagt Martin Willi. Und man dürfe nicht vergessen, dass dem Strassenverkehr ein Vielfaches mehr Wild zum Opfer falle. «Aber wir versuchen einfach überall Massnahmen zu treffen.» So letztlich auch bezüglich Sensibilisierung der Hundehalter. Ein aggressiver Unterton sei da nicht angezeigt, ist Willi überzeugt. «Wichtig ist das Gespräch.»

Eine weitere Massnahme zum generellen Schutz des Wilds habe sich übrigens jüngst bezahlt gemacht, sagt der Jagdpächter vom Revier Wegenstetten. «In einem Chat tauschen wir uns mit den Landwirten aus.» Im Fokus unter anderem ein weiteres Thema, das nicht weniger beschäftigt: Die tödliche Gefahr, die dem Rehkitz durch den Mähdrescher droht. «Durch den direkten Dialog und die Zusammenarbeit mit den Landwirten können wir viel erreichen», sagt Martin Willi. Auch wahrscheinlich, weil jeder grausame Anblick wohl einer zu viel ist.


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