«Wir haben einen grossen Berufsstolz»
22.01.2018 Möhlin, PersönlichCorinne Lützelschwab ist auf gutem Weg, eine talentierte Zimmerin zu werden
Corinne Lützelschwab liegt die Zimmerei im Blut. Doch nicht immer verlief der Weg der Fricktalerin geradlinig. Mit 15 Jahren litt sie unter einer starken Pollenallergie und musste den Traum einer Lehre als Zimmerin vorerst auf Eis legen.
Clara Rohr-Willers
Corinne Lützelschwab strahlt eine Ruhe und Zufriedenheit aus, die für ihre kaum 22 Jahre erstaunlich sind. In ihrem Möhliner Zuhause wohnt sie mit ihrem Vater, dem Zimmerei-Mitinhaber Urs Lützelschwab, ihrer Mutter, der kaufmännischen Angestellten Gabriela Lützelschwab und den beiden jüngeren Schwestern. Im Moment absolviert Corinne Lützelschwab eine Zweitlehre als Zimmerin bei der Firma Graf Holzbau in Maisprach.
Wie ist es, als Frau eine Lehre in einem klassischen Männerberuf zu absolvieren und wie kam es zur Zweitlehre?
Der erste Rang im Modellbauwettbewerb
«Ich bin jemand, der einen Sinn hinter einer Sache sehen muss, um zu lernen», beschreibt sich Corinne Lützelschwab. Der Beruf des Zimmermannes sei ihr vertraut durch ihren Vater. «Seit meiner Kindheit begleitete ich ihn an den Wochenenden in dessen Zimmerei in Möhlin», erinnert sich die Fricktalerin. Als Kind habe sie in der Lützelschwab AG Holzstücke zusammengeleimt, später bei grösseren Arbeiten mitgeholfen. «In der Primarschule gab es zudem die «Väter-Töchter-Tage»», schildert Corinne Lützelschwab, «an denen die Väter den Kindern ihre Berufe näherbringen». In diesem Moment kommt der strahlende Urs Lützelschwab an unseren Tisch, um stolz Corinnes erste Wettbewerbsarbeit zu zeigen. Eine 5.9 erhielt sie für ihr Modell, das sie für den letztjährigen Modellbauwettbewerb an der Berufsfachschule Muttenz gefertigt hatte.
Glück im Unglück
Während der Sekundarschulzeit durfte sie auch auf dem Bau mitarbeiten, litt aber unter starker Pollenallergie. «Der Heuschnuppen machte mir einen Strich durch die Rechnung», erklärt die Möhlinerin. Der Arzt riet ihr von einer Lehre als Zimmerin ab und so entschied sie sich für den Beruf der Hochbauzeichnerin. «Dem Magdener Büro Ritter Kaiser lag viel daran, dass ich von Hand zeichnen lerne, was mir grosse Freude bereitete», beschreibt Corinne Lützelschwab ihr erstes Lehrjahr. Doch bald fehlte ihr die Bewegung draussen und sie litt unter Rückenschmerzen vom langen Sitzen vor dem Computer.
Die erste weibliche Zimmerin bei Graf Holzbau in Maisprach
Als sie nach der Lehre nur noch wenige Symptome der Pollenallergie verspürte, wagte sie es, in den Sommermonaten ein dreimonatiges Praktikum bei Graf Holzbau in Maisprach zu absolvieren. Anschliessend erhielt sie die Chance, in derselben Firma eine Zweitlehre zu starten. «Mit 19 Jahren verfügte ich über ein grösseres Selbstbewusstsein und wusste, wann ich Hilfe beanspruchen musste», erinnert sich Corinne Lützelschwab an die Anfangszeit in Maisprach. «Ich war die erste weibliche Zimmerin in der Firmengeschichte und meinem Chef war es wichtig, dass ich mich wohl fühlte», führt die junge Zimmerin weiter aus. Zuerst hätten sich die anderen auf dem Bau noch zurückgehalten in ihrer Sprache. «Heute sitzen sie nicht mehr aufs Maul», lacht die sympathische Möhlinerin.
«Holz ist das beste Material überhaupt»
Es ist laut und tausend Sägespäne fliegen durch die Luft. Ich besuche Corinne Lützelschwab in der Firma Graf Holzbau. Mit 21 Zimmermännern arbeitet sie im Familienbetrieb von Karl Graf, der die Firma in dritter Generation führt. Die Lehre werde an den Lehrling angepasst. «Da sie mir Vertrauen schenken, darf ich immer wieder Arbeiten allein bewerkstelligen», schildert Corinne Lützelschwab, die sich im dritten Lehrjahr befindet. Wer sie bei der Arbeit beobachtet, sieht eine junge Frau, die mit Präzision und Liebe zum Detail ihren Beruf ausübt. Ihre Arbeitskollegen zeigen auch mit wenig Gesten und Worten, wie sehr sie Corinne respektieren und schätzen.
«Wir Zimmerleute haben einen grossen Berufsstolz», so die junge Möhlinerin. An jede Aufrichtung gehe man in der traditionellen Zimmermannskluft und auch an den Modellbauwettbewerben erscheinen viele in Tracht. «Holz ist für uns das beste Material überhaupt», erklärt die junge Berufsfrau weiter. Wenn einem etwas nicht passe, könne man daran herumschnitzen. «Während der Maurer auf die Baustelle kommt und seine Schalung anpasst, bereitet ein Zimmermann alle Teile in der Firma vor und kann hoffen, dass am Schluss auf dem Bau alles stimmt», schildert die Fricktalerin.
Nach der Lehre möchte Corinne Lützelschwab weiter als Zimmerin arbeiten, um später an der Höheren Fachschule den Studiengang «Holzbau-Technik» zu absolvieren. In Corinnes Freizeit trifft man sie in der Natur mit ihrem Freund an, an Dorffesten oder in der Möhliner Blasmusik beim Spielen des Waldhorns. «Auch diese Leidenschaft haben mir meine Eltern mitgegeben», so die junge Fricktalerin. Die ganze Familie spielt ein Blasinstrument.