Unterschiedliche Pläne für das Gebiet Chleigrüt
05.06.2020 RheinfeldenAus der ehemaligen Kiesgrube im Chleigrüt in Rheinfelden könnte ein Naturschutz- und Naturerlebnispark werden. Dies ist die Idee eines Vereins. Hinter dem Projekt stehen auch verschiedene Parteien und Naturschutzorganisationen. Für den Rheinfelder Stadtrat ist das derzeit aber kein Thema. Er verweist darauf, dass durch eine Auszonung Bauland im Wert von 50 bis 70 Millionen Franken verloren ginge. (vzu)
Was passiert mit der ehemaligen Kiesgrube im Chleigrüt?
Diskussion um Projekt «Naturraum Chleigrüt» in Rheinfelden
Ein Verein möchte aus der ehemaligen Kiesgrube Chleigrüt einen Naturschutzund Naturerlebnispark machen. Hinter der Idee stehen neben Privatpersonen auch Parteien und Umweltschutzorganisationen. Für den Stadtrat ist das Projekt derzeit kein Thema.
Valentin Zumsteg
Lastwagen um Lastwagen steuert derzeit das Chleigrüt im Osten von Rheinfelden an. Dort wird die ehemalige Kiesgrube aufgefüllt. Wenn diese Arbeiten abgeschlossen sind, könnte auf diesem rund zehn Hektaren grossen Areal in der Nähe des Wasserkraftwerks Rheinfelden ein so genannter Naturraum entstehen. Dies ist zumindest das Ziel des Vereins Chleigrüt. «Der Standort in der Nähe des Rheins ist ideal, um Naturschutz und Naherholung zu verbinden», erklärt Vereinspräsident Stève Piaget bei einem Augenschein vor Ort.
Für Natur und Mensch
Konkret soll – wenn es nach dem Willen der Vereinsmitglieder geht – ein vielfältiger Lebensraum für Fauna und Flora geschaffen werden, der an ein trockengefallenes Flussbett erinnert. Dazu gehören beispielsweise eine kiesig felsige Landschaft, steile Uferabbruchkanten und eine Vielzahl von unterschiedlichen Teichen und kleinen Seen. In Verbindung mit den bestehenden Naturschutzgebieten um das Kraftwerk könnte so nach Ansicht der Initianten ein bedeutender Lebensraum für bedrohte Tier- und Pflanzenarten entstehen.
Gleichzeitig soll ein Teil des geplanten Naturraums für die Bevölkerung und interessierte Besucher zugänglich sein, wie Sandra Frei-Struchen, Vorstandsmitglied des Vereins Chleigrüt, erklärt. Sie ist überzeugt, dass damit auch ein Magnet für Tagestouristen und Fachleute entstehen würde. Zudem sehen die Initianten ein Potential, dass ein solches Gebiet den Schulklassen für die Umweltbildung dienen könnte. Sandra Frei erwähnt in diesem Zusammenhang das Naturlehrgebiet Buchwald in Ettiswil (LU), das sehr beliebt sei und viele interessierte Besucher anlocke.
«Fehler von früher nicht wiederholen»
Das Land im Chleigrüt, das umgeben ist von Wald, liegt heute in der Arbeitszone II (Gewerbe). 85 Prozent der Fläche sind im Besitz der Einwohnergemeinde Rheinfelden, 15 Prozent gehören der Ortsbürgergemeinde. Für die Realisierung des Projektes bräuchte es eine Auszonung. «Wir sollten nicht die Fehler von früher wiederholen und die schönsten Gebiete am Rhein mit dem billigsten Gewerbe überbauen. Die Leute gehen an den Rhein, weil sie Naherholung suchen», betont Piaget. Das Projekt sei aber nicht gegen das Gewerbe gerichtet. Aus seiner Sicht wäre eine Ersatz-Einzonung an einem anderen Standort möglich. «Wir wollen nicht Werte vernichten», so Piaget.
Er sieht hier einen Zusammenhang mit den Plänen, welche die beiden Gemeinden Rheinfelden und Möhlin in der Nähe des Bahnhofs Möhlin verfolgen. In diesem Entwicklungsschwerpunkt von kantonaler Bedeutung sollen Wohnungen, Gewerbe und eventuell die Mittelschule Fricktal realisiert werden (die NFZ berichtete). «Mit der Schaffung von Freiräumen kompensiert unser Projekt etwas vom Druck durch die neuen Siedlungen», sagt Piaget. Die Kosten für den «Naturraum Chleigrüt», der in Etappen entstehen könnte, beziffert er auf 2,5 bis 3,5 Millionen Franken. Aus seiner Sicht wäre die Finanzierung kein Problem. Hinter dem Projekt stehen unter anderem die Grüne Partei Rheinfelden, die CVP Rheinfelden, die GLP Rheinfelden sowie verschiedene Natur- und Vogelschutzvereine und Umweltverbände. «Das Projekt geniesst eine breite Unterstützung – auch in der Bevölkerung», ist Stève Piaget überzeugt. Bei der Stadt sei der Verein mit seiner Idee bisher hingegen auf «verschlossene Türen» gestossen. Piaget und Frei hoffen, dass sich dies ändern wird.
Doch damit ist wohl vorerst nicht zu rechnen. Der Stadtrat hatte im Zusammenhang mit dem Kiesabbau im Gebiet Grossgrüt die Idee verfolgt, in der Gewerbezone Chleigrüt für die Dauer des Kiesabbaus ein Kieswerk zu platzieren. Nachdem die Gemeindeversammlung im Juni 2018 den Dienstbarkeitsvertrag für den Materialabbau im Gebiet Grossgrüt abgelehnt hatte, steht für das Gebiet Chleigrüt nach Ansicht des Stadtrates wieder eine gewerbliche Nutzung im Vordergrund: «Mit der Idee eines Naturschutz- und Naturerlebnisparks würde Bauland im Wert von rund 50 bis 70 Millionen Franken entwertet und der gewerblichen Nutzung entzogen. Dies ist deshalb für den Stadtrat derzeit kein Thema», erklärt Stadtschreiber Roger Erdin auf Anfrage der NFZ. Das Chleigrüt sei aber im Rahmen der Vernehmlassung zum Raumentwicklungskonzept mehrfach in verschiedener Hinsicht thematisiert worden. «Die Interessen über die Entwicklung dieses Areals gehen dabei weit auseinander. Der Stadtrat plant deshalb über die künftige Entwicklung dieses Areals einen separaten Mitwirkungsprozess mit den verschiedenen Interessenvertretern zu starten», so Erdin. Wie er weiter erklärt, soll die Planung des Entwicklungsschwerpunktes beim Bahnhof Möhlin ungeachtet des Gebietes Chleigrüt erfolgen.