«Die Corona-Krise kann die politische Landschaft verändern»

  24.03.2020 Politik, Wallbach

Interview mit dem Fricktaler CVP-Fraktionspräsident

Alfons Kaufmann aus Wallbach rechnet damit, dass die aktuelle Krise grosse Auswirkungen auf die Politik haben wird. «Ich erwarte ein Umdenken», sagt der Grossrat und CVP-Fraktionspräsident.

Valentin Zumsteg

NFZ: Herr Kaufmann, im Herbst wird im Aargau ein neues Kantonsparlament gewählt. Treten Sie wieder an?
Alfons Kaufmann:
Ja. Ich bin jetzt 58 Jahre alt und möchte nochmals eine Legislaturperiode machen. Kommt hinzu: Einige langjährige Fricktaler Grossräte sind zurückgetreten oder treten zurück. Ich finde es wichtig, dass eine gewisse Kontinuität gewahrt bleibt, damit wir gute Resultate auch für das Fricktal erzielen können.

Was sind Ihre Prognosen für die CVP?
Ich bin überzeugt, dass wir den Hype aus den Nationalratswahlen aufrechterhalten können.

Die CVP legte damals im Aargau um 1,3 Prozent zu. Ist das schon ein Hype?
Für mich ist das ein Hype. Wenn man während Jahrzehnten zu den Verliererparteien gehörte und dann zulegen kann, dann ist das sehr positiv. Eine Prognose ist aber schwierig. Die aktuelle Corona-Krise kann alles über den Haufen werfen und auch in der Politik zu grundlegenden Veränderungen führen.

Was meinen Sie damit?
Ich erwarte ein Umdenken, egal wie sich die Sache noch entwickelt. Viele werden sich Gedanken machen, was noch nötig ist. Kleines Beispiel: Im Aargau gibt es die kontroverse Diskussion um den geplanten Golfplatz Gnadenthal. Der Bauernverband spricht sich dagegen aus, weil es sich um gutes Kulturland handelt. Andere sind dafür und versprechen sich eine positive wirtschaftliche Entwicklung. Vielleicht wird diese Frage nun anders bewertet, da wir derzeit merken, wie wichtig es ist, wenn die Eigenversorgung mit Lebensmitteln nicht noch weiter sinkt. Wie gesagt: Die Corona-Krise kann die politische Landschaft stark verändern. Die Frage ist auch, was wir Politiker daraus machen.

Reagiert aus Ihrer Sicht die Schweiz angemessen auf die Corona-Krise?
Ich habe eine grosse Achtung vor der Arbeit, die auf allen Ebenen geleistet wird. Die Entscheide, die der Bundesrat in den vergangenen Tagen gefällt hat, sind richtig.

Sie haben selber einen Malerbetrieb. Welche Auswirkungen erwarten Sie für das Gewerbe?
Einen Teil der Wirtschaft hat es bereits knallhart getroffen wie zum Beispiel das Gastgewerbe und den Fachhandel. Da muss der Staat schnell Unterstützung bieten, sonst verschwinden viele Betriebe. Alle, die derzeit noch arbeiten können, sollen dies tun. Diese Betriebe müssen dadurch nicht oder weniger unterstützt werden. In meinem Betrieb haben wir noch Glück: Wir können derzeit fast normal arbeiten. Jeder, der sich krank fühlt, soll aber zuhause bleiben. Bisher hatten wir noch keinen Fall. Für die Lehrlinge haben wir einen Schulbetrieb eingerichtet. Sie können sich von hier aus in der Berufsschule Aarau einloggen und wir betreuen sie. So wollen wir das in nächster Zeit weiterführen. Wir alle haben so etwas noch nie erlebt.


«Das C wird mit der Kirche  in Verbindung gebracht»

Diskussion um den Parteinamen der CVP

Die CVP Schweiz diskutiert darüber, das C für christlich aus dem Namen zu streichen. Was hält der Wallbacher Alfons Kaufmann, Präsident der CVP-Fraktion im Aargauer Grossen Rat, von dieser Idee.

Valentin Zumsteg

NFZ: Herr Kaufmann, braucht die CVP das C im Namen?
Alfons Kaufmann:
Die CVP steht zu den christlichen Werten. Diese Werte sind mir wichtig. Wenn die CVP Schweiz den Namen ändern will, dann ist es für mich entscheidend, dass die christlichen Werte weiterhin hochgehalten werden. Ich bin nicht bereit, mit einer möglichen Namensänderung gewisse Werte aufzugeben.

Sind Sie persönlich für oder gegen eine Namensänderung?
Ich könnte mit einer Namensänderung leben, solange die christlichen Werte als Leitlinie beibehalten werden. In der italienischen Schweiz heisst die CVP Partito Popolare Democratico, das C ist dort nicht mehr vorhanden. Junge Leute, die bereit wären, die Mitte zu wählen, stören sich heute am C. Das stelle ich in Gesprächen immer wieder fest. Das C wird mit Kirche und Katholizismus in Verbindung gebracht. Wenn man Junge gewinnen will, wäre es sicher von Vorteil, wenn wir den Namen ändern würden. Natürlich gibt es viele andere, für die das C von grosser Bedeutung ist. Deswegen ist es ein Spagat.

Was macht die CVP Aargau in dieser Situation?
Wir werden bei den Grossratswahlen im Herbst voraussichtlich unter dem Namen «CVP – die Mitte» in den Wahlkampf steigen. Dies machen wir deshalb, weil wir im Aargau die Debatte um den Namen derzeit nicht führen können. Diese Diskussion muss zuerst auf Bundesebene geführt werden. Deswegen haben wir uns für diesen pragmatischen Weg entschieden. Damit wollen wir klar aufzeigen, dass wir offen sind für Neuerungen.

Wenn es einen neuen Namen geben würde, wäre es «die Mitte»?
Das weiss ich nicht. Ich sehe die CVP aber als wichtiges Scharnier zwischen rechts und links. Das ist uns im Aargau in letzter Zeit sehr gut gelungen.

Wenn ein Produkt oder eine Partei einen neuen Namen braucht, dann deutet dies auf eine Krise hin. Steckt die CVP in der Krise?
Ich bin der Meinung, wir sind im Kanton Aargau nicht in der Krise. Wir konnten bei den Nationalratswahlen im vergangenen Herbst zulegen. Dies dank guter Arbeit und guten Leuten. In der Vergangenheit haben wir uns vielleicht zu wenig gut vermarktet und sind zu wenig geeint aufgetreten. Das ist aber seit einiger Zeit anders. Wenn das nicht so wäre, dann könnte ich die politische Arbeit neben meinem Geschäft gar nicht leisten.

Wie beurteilen Sie in diesem Zusammenhang die Möglichkeit einer Fusion mit anderen Parteien?
Ein Zusammengehen mit der BDP kann ich mir im Aargau vorstellen, da unsere Positionen relativ nahe beieinander liegen. Auch mit der GLP haben wir ein sehr gutes Einvernehmen. Ich glaube aber nicht, dass die Grünliberalen derzeit ein Zusammengehen wollen. Die EVP wird wohl auch nicht bei uns anklopfen.


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