«Ohne Auswendiglernen geht es nicht»
10.05.2021 RheinfeldenDavid Kyburz lernt American Football
Seit letztem Sommer spielt David Kyburz aus Rheinfelden in der Defense der Gladiators beider Basel. Der 19-Jährige erklärt, was ihn in den Mannschaftssport mit dem vermutlich kompliziertesten Regelwerk geführt hat und wie sich das Team trotz Kontaktverbot aufgrund der Pandemie auf den geplanten Meisterschaftsbeginn Ende Mai vorbereitet.
Simone Rufli
Einen Ball führenden Spieler packen und dann zu Fall bringen, ein richtig guter Tackle – für einen Spieler der Defense, also der Verteidigung, ist das doch das A und O im American Football. «Das ist so», bestätigt David Kyburz am anderen Ende der Leitung. «Und trotzdem haben wir einen Weg gefunden, ohne Körperkontakt effizient zu trainieren. Wir üben Spielzüge ein, bis sie ganz von selbst ablaufen. Wenn die Meisterschaft Ende Mai hoffentlich beginnen kann, sollte jeder Spieler ohne nachzudenken genau wissen, wo er steht und wo er auf dem Feld hinlaufen will. Wir behelfen uns im Training, indem wir auch die Positionen der Gegner besetzen und ihre Reaktionen in unser System einbauen.»
Wenn Kyburz über die Herausforderungen in seinem Sport spricht, über das taktische Geschick, das jeder Spieler mitbringen muss und über das komplexe Regelwerk, klingt es nach jahrelanger Erfahrung. «Erfahrung habe ich, ja, aber im Rugby. Mit American Football habe ich erst im letzten Sommer angefangen.» Und woher der Sinneswandel? «Rugby ist in der Schweiz noch nicht so weit fortgeschritten, wie ich es vom Ausland her gewohnt bin.» Ausland? Wo hat er denn Rugby gespielt? «In Dubai.» Kyburz lacht in die entstandene Pause hinein und erklärt: «Mein Vater war dort Pilot bei der staatlichen Fluggesellschaft.»
Aufs Flugzeug kann Kyburz zwar verzichten, wenn er mit den Gladiators die Schweizermeisterschaft der Nationalliga A bestreitet. Quer durch die Schweiz reisen muss er aber. Die anderen fünf Teams stammen aus Chur, Bern, Winterthur, Genf und Zürich. «Das ist ja gerade das Tolle. Wir lernen andere Regionen kennen und müssen uns mit grossen Unterschieden in der Spielkultur auseinandersetzen. Von der Stimmung her sind natürlich unsere Heimspiele im Stadion Rankhof in Basel das Grösste.»
Dass er als ehemaliger Rugby-Spieler einen leichten Einstig ins American Football hatte, kann er so nicht unterschreiben. «Ich bin den Tackle, also das Festhalten und zu Fall bringen des Ballträgers gewohnt, den Körpereinsatz. Damit hat es sich dann aber auch schon. Ins American Football muss man sich einleben. In der Freizeit viel Spiele anschauen und die Regeln verinnerlichen. Ich bin daran, mich durch ein 30-seitiges Buch mit Spielregeln zu arbeiten. Ohne Auswendiglernen geht es nicht.» Am Ende stünden 22 Leute auf dem Platz, elf in jeder Mannschaft, «und jeder hat eine andere Aufgabe. Entscheide müssen innert Sekunden, in denen der Ball beim Quarterback (Spielgestalter Anm. d. Red.) ist, gefällt werden».
Dass er bei den Gladiators in der Verteidigung am richtigen Ort sei, habe sich nach den ersten Trainings schnell gezeigt, so Kyburz. 182 Zentimeter gross und von etwas breiterer Statur fehle ihm die Grundschnelligkeit für die Offensive.
Wie komplex ein American Football-Spiel ist, zeigt sich auch daran, dass eine Partie von einer ganzen Schiedsrichter-Crew geleitet wird. Mindestens vier, oftmals fünf Schiedsrichter sind es in den Amateurligen, in den höheren Ligen sieben. Und im Gegensatz zum Rugby, das ein fliessendes Spiel ist, kommt es im American Football immer wieder zu Unterbrüchen. Keinen Unterbruch kann sich David Kyburz zurzeit beim Lernen leisten.
Wenn er nicht für seinen Sport am Lernen ist, lernt der Zimmermann in Ausbildung bei der Firma Gut AG in Möhlin gerade intensiv für die bevorstehende Abschlussprüfung.
Gladiators beider Basel
Die Gladiators beider Basel sind im Jahr 2001 aus der Fusion der Basilisk Meanmachine und der Pratteln Gladiators entstanden. Seit dem Wiederaufstieg in der Saison 2009 spielen sie ununterbrochen in der Nationalliga A. In den Jahren 2010 bis 2014 erreichten die Gladiators fünf Mal in Folge den Swiss-Bowl (Meisterschafts-Final). Gegner waren jedes Mal die Calanda Broncos aus Chur. Nach vier Swiss-Bowl-Niederlagen in Serie gelang 2014 mit dem Sieg der grösste Triumph der Vereinsgeschichte. Aufgrund der Corona-Pandemie wurde die reguläre Saison 2020 nicht abgehalten. Die Teams der NLA und NLB spielten einen sogenannten Fall Cup, wo die Basler bis in die Halbfinals vorstiessen.