Früher benutzte man Haarspray

  09.02.2017 Kommende Events, Tradition, Oberes Fricktal, Musik, Laufenburg

Von Boris Burkhardt

Martin Schmid (51) ist etwas Besonderes. Das sieht man sofort seinem Gesicht an. Es wäre auch schlimm, wenn nicht; denn immerhin sitzt er gewöhnlich anderthalb bis zwei Stunden dran, an seinem Gesicht. Martin ist das einzige Mitglied der Guggenmusik Barocker aus Laufenburg, das sich komplett mit aufgepinselter Farbe vor dem Spiegel selbst schminkt. Zum Jubiläumsmotto im 33. Jahr der Barocker hat er für die rechte Wange einen Totenkopf im comicartigen Tattoo-Stil gewählt; die linke Wange schminkt er sich in bunteren Farben jeden Abend mit anderen Motiven.

 

Martin ist der einzige, der schon fertig geschminkt den Vereinsraum im Keller des Kindergartens Dürrenbächli in Laufenburg betritt, etwa anderthalb Stunden, bevor die Abfahrt zum Auftritt in Wölflinswil ansteht. Seine 31 Guggenkollegen stehen derweil brav Schlange im abgetrennten Schminkraum, wo vier Mitglieder des Schminkteams unter Leitung von Vanessa Dalla Vecchia mit den Airbrushpistolen zugange sind. Sie tragen die Grundierungsfarben auf die Gesichter ihrer Kollegen auf, jeder eine bestimmte, sodass immer wieder Rufe wie «Blau», «Violett», «Grau» durch die allgemeine Geräuschkulisse tönen und kundtun, dass ein Platz am Schminktisch freigeworden ist.

 

Vom farbigen Haarspray zur Airbrush Farbe

Airbrush, Farbe, die mittels Kompresse und Pistole direkt auf die Haut aufgetragen wird, gibt es weniger lang, als manch einer denken mag. Die Barocker waren 1997 aber eine der ersten Guggen, die diese Schminkmethode ausprobierten. Zuvor verwendeten sie farbiges Haarspray. Laut Martin, der seit 28 Jahren dabei ist und zehn Jahre Präsident war, gab es damit keine Gesundheitsprobleme: «Aber der Spritzstaub war wesentlich grösser und das Haarspray deutlich teurer.» Heute kostet eine Kompresse etwa 600, eine Pistole 180 Franken. Seither haben die Barocker erst einmal den Airbrush-Hersteller gewechselt.

 

Schminke oder Larven – darüber tobt ein Kleinkrieg zwischen den Guggen, den vor allem die Basler führen. Die Barocker hatten tatsächlich bei zwei Gelegenheiten Larven: zum 15. und zum 20. Geburtstag. «Es kam aber nicht bei jedem gut an», erinnert sich Martin; «beim 25. Geburtstag haben wir es dann bleiben lassen.» In erster Linie spielt der Komfort eine Rolle. Auch Präsidentin Fadrina Gertiser (26) hat noch nie eine Maske getragen. Diese aufzusetzen sei natürlich weit weniger aufwendig, sagt sie; aber aus ästhetischen Gründen zieht sie die Schminke eindeutig vor: «Die Schminke erlaubt immer individuelle Unterschiede. Und ausserdem ist man, wenn man die Larve abzieht, ja gar nicht mehr verkleidet.»

 

Der Individualität wird bei den Barockern  tatsächlich viel Raum gelassen: «Wir sind stolz darauf, dass wir uns so vielfältig schminken können und die Kapazität dazu haben», sagt Fadrina. Wenn sich die Kostümkommission auf das Motto und die Kleidung festgelegt hat, überlegt sich das elfköpfige Schminkteam, zu dem auch Martin gehört, welche Farben dazu passen. Jeder Gugger ist aber im Rahmen der festgelegten Farben völlig frei, wie er sein Gesicht haben möchte. So haben die Visagisten Schablonen in Mauer-, Wellen oder Strahlenform, mit denen Muster auf die Grundfarben aufgetragen werden. Wer will, verfeinert sein Aussehen zum Schluss noch mit dem Pinsel selbst vor kleinen Spiegeln oder malt sich gegenseitig an.

 


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