Mittelschule Fricktal kommt nach Stein

  11.11.2021 Fricktal, Schule

Der Grosse Rat entscheidet gegen den Standort Rheinfelden

Am Dienstag hat sich der Grosse Rat nach intensiver Debatte für Stein als Standort für die neue Kantonsschule entschieden. Der Gemeinderat Stein ist erfreut, Rheinfelden sehr enttäuscht.

Susanne Hörth

Es gehöre wohl zu einem der wichtigsten Geschäfte in dieser ersten Legislatur, sagte Bildungskommissionspräsident Titus Meier (FDP) am Dienstag im Grossen Rat einleitend zum anstehenden Entscheid über den Standort der Fricktaler Mittelschule. Es blieb bis zur Abstimmung spannend. Die Meinungen, ob die Kanti im urbanen Gebiet, sprich Rheinfelden, oder doch eher im ländlichen Raum – Stein – gebaut werden soll, gingen weit auseinander. Der Antrag, das bereits im Schulgesetz eingetragene Stein durch Rheinfelden zu ersetzen, wurde mit 81 zu 48 Stimmen abgelehnt. Im Anschluss sprach sich der Grosse Rat deutlich für den Standort Stein aus. Dem Entscheid für Stein und damit gegen Rheinfelden ging eine intensive Debatte voraus.

Schon während der Anhörung hatten sich die Kantonalparteien SVP, FDP und Die Mitte klar für Stein ausgesprochen. Für Rheinfelden waren es die SP, die Grünen sowie die GLP. Der dritte Standortbewerber Frick hatte keine Chance. Der vom Regierungsrat favorisierte Standort Stein wurde auch von der Bildungskommission mehrheitlich unterstützt.

Freude in Stein, Enttäuschung in Rheinfelden
Die Freude stand Beat Käser, FDP-Grossrat und Steiner Gemeindeammann, deutlich ins Gesicht geschrieben. Was er bereits während der Debatte erwähnt hatte, wiederholte er gegenüber der NFZ mit noch deutlich mehr Emotionen ein weiteres Mal. «Vor 47 Jahren hatte mein Grossvater, ebenfalls Steiner Gemeindeammann und FDP-Grossrat, die Vision einer Mittelschule in Stein. Jetzt, fast 50 Jahre später, können wir diese Vision wahr werden lassen. Und das am gleichen Platz, wie es mein Grossvater vorgeschlagen hatte.» Dass Stein für eine Mittelschule bereits eingetragen ist, sieht er als grossen Vorteil. Etwas, was auch Regierungsrat Alex Hürzeler an diesem Tag mehrfach betonte.

In die Erleichterung von Beat Käser mischt sich auch eine grosse Dankbarkeit. Ihm ist es wichtig, allen zu danken, die für den Standort Stein gekämpft haben. Er ist gespannt auf die grossen Herausforderungen, die nun auf die Gemeinde zukommen. Und er betont: «Wir sind parat!»

Wie reagiert man in Rheinfelden? «Erfreulich ist: das Fricktal bekommt eine Mittelschule.» Damit setzt der Rheinfelder Stadtammann Franco Mazzi das Positive trotz seiner Enttäuschung an erste Stelle. Für ihn wäre Rheinfelden der geeignetere Standort gewesen. An den immer wieder hervorgehobenen regional-politischen Überlegungen zugunsten von Stein und damit der Stärkung des ländlichen Raumes stört er sich. «Es müssen sachliche Argumente gelten.» Dass nun in Stein die Mittelschule gebaut wird, bedeute auch, dass sich künftig 300 Gymnasiastinnen und Gymnasiasten in den Zug setzen müssen. In Rheinfelden hätten sie mit dem Velo oder gar zu Fuss in die Kanti gelangen können. Es sei nun einfach zu hoffen, dass in Stein eine schöne Schule entstehe.

Die neue Kantonsschule soll bis zum Schuljahr 2029/2030 bereitstehen. Einem Antrag der FDP, die Arbeiten voranzutreiben und den Neubau bereits 2025 in Betrieb zu nehmen und somit teure Provisorien zu umgehen, wurde vom Grossen Rat am Dienstag abgelehnt. Mit der Zustimmung zu einem Kredit von 13,8 Millionen Franken für Landerwerb und Planungsarbeiten ist der Aargau nun auf den Weg Richtung Realisierung der Mittelschule Stein eingebogen.


An ländlich und urban scheiden sich die Geister

Mittelschule Fricktal

Das zentral gelegene Stein als Mittelpunkt im Fricktal hat das Rennen für die neue Mittelschule für sich entschieden. Vor der Beschlussfassung wurde am Dienstag im Grossen Rat von Befürwortern des Standortes Rheinfelden aber mehrfach darauf hingewiesen, dass eine Kanti an einem Bevölkerungsschwerpunkt gebaut werden müsste.

Susanne Hörth

Bildungsdirektor Alex Hürzeler betonte am Dienstag im Grossen Rat beim Sachgeschäft Standortenscheid für die Fricktaler Mittelschule: «Wir bauen eine Mittelschule für das ganze Fricktal.» Für Lernende von Olsberg bis Hottwil. Stein biete sich mit seiner zentralen Lage an. Zudem lasse das vorgesehene Areal Neumatt Ost am meisten Möglichkeiten bei den Planungen wie auch hinsichtlich der Landreserven. Hier sei ebenfalls die Flexibilität bei der Anordnung der Gebäude am grössten, führte Hürzeler weiter aus.

Während der Diskussionen wurde an diesem Tag des Öfteren auf das Urbane in und um Rheinfelden hingewiesen. Dem gegenüber das ländliche Steiner Gebiet gestellt. Mehrfach wurde von den Befürwortern des Standortes Rheinfelden hervorgehoben, dass hier an diesem Entwicklungsschwerpunkt weiter investiert werden müsse. So bezeichnete etwa Grossrätin Ruth Müri (Grüne) aus Baden es als fragwürdig, eine Mittelschule in einem Dorf zu erstellen. Hier setzte später Beat Käser im Gespräch mit der NFZ an: «Es tut sich immer mehr ein Graben Stadt-Land bei uns auf. Das gibt mir zu denken.» Umso mehr ist er nun froh, dass die regionalpolitischen Überlegungen und damit auch die Stärkung der ländlichen Region beim nun gefällten Standortentscheid miteingeflossen sind.

Schulweg und Synergien
Die Schule zu Fuss oder per Fahrrad erreichen, das würden in Rheinfelden sehr viele können, für Stein müssten sie sich künftig in den Zug setzen. Ein Argument, dass am Dienstag einige Male in die Waagschale geworfen wurde. So etwa von Grünen-Grossrat Andreas Fischer aus Möhlin. Er meinte weiter: «Rheinfelden ist und bleibt der Motor im Fricktal. Da wird auch die Entwicklung des Sisslerfeldes nichts bringen.»

Kurze Schulwege beim Standort Rheinfelden und Synergiennutzung mit den bereits vorhanden Schulinfrastrukturen der Kreisschule Unteres Fricktal (KUF) und dem Berufsbildungszentrum wurde auch von SP-Grossrätin Carole Binder-Meury aus Magden hervorgehoben. «Die Mittelschule am gleichen Standort zu haben wie die Oberstufe, wäre ideal», war sie überzeugt. «Eine Mittelschule muss im Bevölkerungsschwerpunkt zu stehen kommen.» Dass dies Rheinfelden sei, betonte ebenfalls GLP-Grossrätin Bea Bieber aus Rheinfelden. Sie sprach die bereits vorhandene Zusammenarbeit der KUF auch mit der Roche im Bereich der Mint-Fächer an. Sollte nicht in Rheinfelden gebaut werden, würden viele Eltern im Unteren Fricktal Wege suchen, ihre Kinder anderweitig in einer Mittelschule platzieren können, zeigte sich Bieber überzeugt. SVP-Grossrätin Kathrin Hasler aus Hellikon störte sich etwas daran, dass die kleinen, ländlichen Gemeinden nicht den gleichen Stellenwert wie die Entwicklungsschwerpunkte Rheinfelden und Umgebung erhielten. Die jungen Leute aus eben diesen kleinen Dörfern hätten die gleichen Chancen wie jene aus den städtischen Gebieten verdient. Oder sollen sie statt Mittelschule einfach nur Schule für Jäger und Sammler angeboten bekommen, so die Frage Haslers. Sie hielt fest: «Wir möchten die Schule in der Mitte des Fricktal. Weil wir wollen, dass die Schüler auch aus Bözen oder Mettauertal die Mittelschule besuchen können», äusserte sie sich klar für den Standort Stein.

In der Debatte war mehrfach zu hören, dass das Berufsbildungszentrum in Rheinfelden mit bestehenden Schulräumen als Übergangslösung helfen könne, bis die Mittelschule fertiggestellt ist. Ein von der FDP eingebrachter Antrag, den Schul-Neubau voranzutreiben und bereits 2025 bereitzustellen, wurde von Grossrätinnen und Grossräten deutlich abgelehnt. Man baue schliesslich nicht für die nächsten paar Jahre, sondern für mehrere Jahrzehnte, so eine Aussage.

Während in Rheinfelden die Enttäuschung gross ist (siehe Seite 1) herrscht im künftigen Mittelschulstandort Stein grosse Freude. Wie Gemeindeammann Beat Käser am Dienstag erklärte, stehe schon einen Tag nach der Beschlussfassung die erste Sitzung für den nun festgelegten Weg Richtung neue Mittelschule Fricktal in Stein auf der Agenda.


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