Möhlin: Niemand will Gemeinderätin werden
17.06.2021 Fricktal, Politik, MöhlinAm Wochenende schafften die Frauen im Fricktal gleich mehrfach den Sprung in den Gemeinderat. In Möhlin dagegen, wo am 26. September gewählt wird, ist nicht mal eine Kandidatin in Sicht.
Ronny Wittenwiler
Fünf Sitze, sieben Männer, keine Frau. Stand jetzt deutet alles darauf hin, dass der Möhliner Gemeinderat auch in der kommenden A mtsperiode ausschliesslich männlich besetzt sein wird. Ganz im Gegensatz etwa zu jenen vier Gemeinden im unteren Fricktal, die bereits am vergangenen Sonntag ihre Exekutive neu bestellt haben.
Ein Vergleich
In Wallbach wurde Gabriele Hasler-Jehle (parteilos) neu gewählt. Mit den wieder Bestätigten Jris Pümpin Reiffer (SVP) und Marion Wegner-Hänggi (die Mitte) bilden die Frauen in Wallbach künftig die Mehrheit im Gemeinderat. Auch in Schupfart und Obermumpf wurden am Wochenende Frauen in die Exekutive gewählt beziehungsweise im Amt bestätigt. Ebenso in Rheinfelden. Dort schaffte Susanna Schlittler (FDP) die Wiederwahl problemlos, neu zieht mit Claudia Rohrer (SP) eine zweite Frau in den fünfköpfigen Stadtrat.
Und in Möhlin, will denn dort wirklich niemand Gemeinderätin werden? Die Parteien jedenfalls haben an ihren Versammlungen keine Kandidatin nominiert. Désirée Stutz, Präsidentin der SVP, selbst eine Frau, die grosse Aufgaben nicht scheut, sagt zur Frauenfrage: «Ob Mann oder Frau ist für mich absolut sekundär. Entscheidend ist doch einzig, dass unser Gemeinderat aus kompetenten, erfahrenen und engagierten Personen besteht, die den Job ernst nehmen und ihre Aufgaben pflichtbewusst erledigen.» Die SVP habe verschiedene Kandidaturen – darunter auch weibliche – geprüft und einige Gespräche geführt. Letztlich hätten die Frauen sich aber aus verschiedenen persönlichen Gründen zurückgezogen. Eine weibliche Vergangenheit im Gemeinderat Möhlin hat die FDP. Bernadette Kern vertrat die Partei während drei Amtsperioden, wurde jeweils glanzvoll wiedergewählt. Karl Eiermann löste Kern nach ihrem Rücktritt vor vier Jahren ab. Martin Frana, FDP-Präsident, sagt: «Wir würden eine Frauenkandidatur begrüssen. Nach dem Wähleranteil steht der FDP ein Sitz im Gemeinderat zu.» Frana sagt aber auch: Mit Eiermann stelle man einen amtierenden Gemeinderat zur Wiederwahl, der in den vergangenen vier Jahren sehr gute Arbeit geleistet habe. Und da wäre noch die dritte aktuelle Regierungspartei: Die SP hat es vor vier Jahren mit einer Frau versucht. Neben Markus Fäs zauberte sie damals als einzige Partei mit Margreth Borer doch noch eine Frau aus dem Hut, vier Tage vor Ablauf der offiziellen Anmeldefrist. Die Kandidatin lag deutlich über dem absoluten Mehr, scheiterte allerdings als Überzählige – an fünf gewählten Männern. SP-Präsident Werner Erni sagt: «Ich finde es sehr schade, dass nicht mehr Frauen kandidieren. Für Frauen ist es meist schwieriger, ein solches Amt zu übernehmen. Die SP Möhlin stellt mit Markus Fäs einen hervorragenden Kandidaten, der auch mit den Anliegen der Frauen bestens vertraut ist. Die SP unterstützt sehr gerne eine sozial und ökologisch eingestellte Kandidatin.»
Auch Parteien, die keinen Vertreter im Möhliner Gemeinderat stellen, äussern sich zur Frauenfrage. «Für die Grünen ist ein rein männlich besetzter Gemeinderat nicht befriedigend», sagt deren Präsident Andreas Fischer auf Anfrage. Die GLP drückt ebenfalls ihr Bedauern aus.
Kommt da noch was?
Gewählt wird am 26. September. Wer seinen Namen auf den Wahlzettel gedruckt sehen will als offizieller Wahlvorschlag, muss seine Kandidatur bis 13. August, 12 Uhr, einreichen. Bislang war dies in Möhlin reine Männersache. Und man fragt vorsichtig: Kommt da noch was?
Das sind die aktuellen Kandidaten für den Möhliner Gemeinderat 2022/2025: Lukas Fässler (SVP), Thomas Freiermuth (parteilos), Markus Fäs (SP), Karl Eiermann (FDP, alle bisher), Hans Metzger, Loris Gerometta (beide parteilos), Stephan Müller (SVP).
«Schade, dass keine Frau kandidiert»
Weitere Reaktionen zu den bevorstehenden Möhliner Gemeinderatswahlen
Noch bis 13. August können Wahlvorschläge für die Möhliner Gemeinderatswahlen eingereicht werden. Klar ist, dass die in Möhlin noch junge Partei der Grünliberalen nicht ins Rennen um einen Sitz in der Exekutive steigt. Ein solch definitives Dementi hingegen kommt von den Grünen nicht.
Ronny Wittenwiler
«Die GLP wird für die kommenden Gemeinderatswahlen keine eigenen Kandidatinnen oder Kandidaten portieren», hält Dominik Pfoster auf Anfrage fest. «Wir werden jedoch evaluieren, bei welchen möglichen Gemeinderäten wir unsere Werte und unsere Sicht auf eine nachhaltige Entwicklung am besten vertreten sehen.» Konfrontiert mit der Frauenfrage, sagt Pfoster: «Es ist natürlich schade, dass aktuell keine Frau als Mitglied des Gemeinderats kandidiert.» Man wolle sich als Partei bei einer solchen Konstellation daher besonders dafür einsetzen, dass die Anliegen und Bedürfnisse aller Einwohnerinnen und Einwohner Möhlins eingebracht und berücksichtigt würden.
Andreas Fischer, der Grünen-Präsident, der einen rein männlich besetzten Gemeinderat klar als «nicht befriedigend» bezeichnet, sagt es so: «Wir wünschen uns stets eine ausgeglichene Zusammensetzung, die möglichst repräsentativ für die Bevölkerung ist. Dies betrifft nicht nur das Geschlecht, sondern auch andere Faktoren wie Alter, Ausbildung, etc.» Ob allenfalls die Partei aus den eigenen Reihen heraus noch aktiv wird im Hinblick auf die Wahlen? Dazu sagt Fischer: «Die Grünen würden sehr gerne eine geeignete Frau portieren und behalten es sich vor, noch eine Kandidatin ins Rennen zu schicken.»
«Auch in den Kommissionen untervertreten»
Voraussichtlich weder einen Kandidaten noch eine Kandidatin für den Gemeinderat portieren wird die CVP Möhlin, wie Peter Aston von der Mittepartei erklärt. «Natürlich bedauern wir es, dass keine Frauen unter den bisherigen Kandidaten sind.» Aston betont zudem: «Unsere letzte Vertretung im Gemeinderat war übrigens eine Frau (Marina Zimmermann, die Redaktion). Uns fällt auf, dass in Möhlin die Frauen in den Kommissionen auch untervertreten sind.»
In der Tat sind im politischen Möhlin vordergründig Männer auszumachen. Eine Ausnahme bildet da just jene Frau, die der Frage nach dem Geschlecht dann allerdings weniger Bedeutung beimisst: Désirée Stutz (vgl. Seite 1). Die Frage, weshalb die Präsidentin der SVP Möhlin nicht für den Gemeinderat kandidiere, beantwortet sie so: «Weil ich mit dem Grossen Rat, dem Fraktionspräsidium, der Geschäftsleitung der SVP Aargau, dem Bezirksparteiund Ortsparteipräsidium sowie Engagements in anderen Vereinen und einem eigenen Geschäft bereits sehr ausgelastet bin. Das Grossratsmandat macht mir Spass und geht daher für mich vor – da ich es bereits ausübe.»