IBA ist auch ohne Rheinsteg ein Erfolg
15.06.2021 RheinfeldenBeide Rheinfelden feiern den Abschluss des «Rheinuferweg extended»
Die Internationale Bauausstellung Basel 2020 (IBA) geht zu Ende: Was am Hochrhein bleibt, sind verbesserte Naherholung am Rheinufer und wichtige Erfahrungen der Zusammenarbeit zwischen zehn Gemeinden.
Boris Burkhardt
Der Stolz war den beiden Männern sichtlich anzumerken: Die grenzüberschreitende Zusammenarbeit im Rahmen des IBA-Projekts «Rheinuferweg extended» haben die beiden Rheinfelder Stadtoberhäupter, Stadtammann Franco Mazzi und Oberbürgermeister Klaus Eberhardt, aus Überzeugung geleistet – und damit viele Nachbargemeinden überzeugt. Von Grenzach-Wyhlen bis Stein wurden in den vergangenen sechs Jahren in zehn Gemeinden an beiden Rheinufern Naherholungsräume aufgewertet, neu geschaffen und vernetzt. Am vergangenen Freitag verlieh die ehemalige Geschäftsführerin der seit diesem Monat abgeschlossenen Internationalen Bauausstellung Basel 2020, Monica Linder-Guarnaccia, während des regelmässigen Behördentreffens beider Rheinfelden die Trophäen für das gelungene Projekt.
Zusammenarbeit über die Grenzen
Einen Monat hätten beide Städte auf der Rheinbrücke als sichtbaren Abschluss des Grossprojekts die IBA-Fahne geflaggt, betonte Mazzi die Wichtigkeit des trinationalen Projekts für die Schwesterstädte: «Schön, dass wir die IBA haben konnten.» Die Zusammenarbeit über Gemeinde- und Landesgrenzen habe die Gemeinden «geistig befruchtet», Kreativität freigelegt und die Qualität des Lebensraums erhöht. Besonders hob Mazzi die Aufwertung des Rheinufers in Mumpf und Stein hervor. Auf Schweizer Seite beteiligte sich weiter die Gemeinden Möhlin und Wallbach, auf deutscher Seite die Gemeinden Grenzach-Wyhlen, Schwörstadt, Wehr und Bad Säckingen. Dass die ursprüngliche Idee hinter dem Rheinufer-Projekt, der Rheinsteg zwischen beiden Rheinfelden, nicht verwirklicht werden konnte, bleibt für die beiden Stadtoberhäupter ein Wermutstropfen. Doch Linder-Guarnaccia sprach in ihrer Rede davon, dass das Scheitern Teil der IBA sei: «Die IBA wollte Impulse setzen und die Bedürfnisse der Gemeinden und ihrer Bevölkerung ergründen. Es verlangte Mut zum Risiko, solche Projekte anzugehen – ein Risiko kann auch einen Misserfolg beinhalten.» Linder-Guarnaccia betonte, dass sich jede Gemeinde, unabhängig von ihrer Grösse und Finanzkraft, mit ihren Ideen habe beteiligen können. Eberhardt nannte es «wunderbar», wie jede Gemeinde aus ihrer Sicht entschieden habe, welches ihr Projekt für die Bevölkerung sein werde. Die Projekte des «Rheinuferweg extended» wurden massgeblich über das Interreg-Programm Alpenrhein-Bodensee-Hochrhein finanziert. Mit den Interreg-Projekten fördert die EU grenzüberschreitende Projekte mit Nicht-EU-Staaten. Der zuständige Behördenvertreter Klaus Tappeser kündigte für die kommende Förderperiode eine Mittelerhöhung von 40 auf 48 Millionen Euro an: «Die EU hat erkannt, wie wichtig die Graswurzelarbeit ist.» Der Anteil des Schweizer Bundes bleibt gleich bei 11,5 Millionen Franken.
«Wir sind ein Lebensraum.»
Linder-Guarnaccia erinnerte daran, dass das Konzept der Internationalen Bauausstellung, das aus Deutschland stamme und in der Schweiz und in Frankreich unterschiedliche Erwartungen geweckt habe, erstmals tatsächlich international umgesetzt worden sei. Dabei habe sich herausgestellt, dass die Sprache noch immer ein Problem in der trinationalen Kommunikation sei. Aber auch administrative Unterschiede hätten überwunden werden müssen. Die wiederholten Grenzschliessungen während Corona hätten gezeigt, dass die IBA nicht selbstverständlich sei. Die Vorteile der Konsensfindung zwischen den beteiligten Gemeinden seien die Kostenteilung, die Synergien, und der Mehrwert für die Einwohner. Die IBA habe die «gemeinsame übergeordnete Identität» im Dreiland verstärkt, ist sich Linder-Guarnaccia sicher: «Wir sind ein Lebensraum.»
Von 120 eingereichten Projekten wurden laut Linder-Guarnaccia 40 bis 45 ausgewählt und 20 im Verlauf der IBA umgesetzt. Der 30 Kilometer lange «Rheinuferweg extended» mit zehn Gemeinden ist eines von drei Projekten, die Teil des 120 Kilometer langen Rundwegs «Rheinliebe» sind, entlang dessen insgesamt 21 Gemeinden zwischen Bad Bellingen und Stein über 60 Massnahmen umgesetzt haben. Im Schweizer Rheinfelden sind das die Ausstellungsund Aussichtsplattform an der «Rheinlust», der Rundwanderweg von 1,5 Kilometern Länge im Bereich des neuen Kraftwerks und die Aufwertung der Rheinuferpassage beim ehemaligen Hôtel des Salines. In Möhlin wurden 16 Bänke entlang des Rheinuferwegs einheitlich gestaltet.
Die überreichten Wandertrophäen sind kleine dreiseitige Stelen aus weissem Porzellan, von der Neuenburger Künstlerin Maude Schneider mit den IBA-Piktogrammen und dem Label in Gold verziert. Für Linder-Guarnaccia steht der dreimalige Ofengang bis zu 1500 Grad im Herstellungsprozess dafür, dass «es sehr viel braucht, dass die IBA-Projekte zustandekommen», die Zerbrechlichkeit des Porzellans dafür, wie leicht das Erreichte wieder kaputtgehen könne. Die Umsetzung vieler Projekte stehe noch aus. Diese würden selbstverständlich weitergeführt. Für die Finanzierung und Koordination weiterer Projekte hält Linder-Guarnaccia die Gründung eines trinationalen Planungsfonds für Vorprojekte sowie einen „Zukunftsrat“ als Planungsausschuss, der über diesen Fonds verfüge, für wichtig. Beide Rheinfelden wollen in diesem Sinne weitertreibende Kraft sein.
Crossiety – der digitale Dorfplatz
Die enge Zusammenarbeit beider Rheinfelden wird in jedem Fall weitergehen: Laut Oberbürgermeister Klaus Eberhardt entwickle sich der «digitale Dorfplatz» beider Städte auf der Online-Plattform «Crossiety» sehr gut. Die Stadt Badisch-Rheinfelden sei sofort «sehr überzeugt» von der Idee gewesen, als es von Schweizer Seite vorgeschlagen worden sei, hielt Eberhardt fest. In beiden Städten seien bereits je knapp 1000 Nutzer registriert; es gebe rund 30 Beiträge pro Woche in 136 Gruppen. Eberhardt hofft, dass die Kommunikation auf Crossiety nach Corona noch deutlich zunehmen wird. (bob)