Den Ahnen auf der Spur
28.03.2022 RheinfeldenBuch von Franziska Laur erscheint am 11. April.
Ihr Urgrossvater war der «Bauerngeneral» Ernst Laur, ihr Grossvater der Hüter des Silberschatzes von Kaiseraugst: Die Rheinfelder Journalistin und Autorin Franziska Laur hat ein Buch über die Geschichte ihrer Familie geschrieben. Im Zentrum steht ihr Vater, der unter dem Druck der erfolgreichen Vorfahren litt.
Valentin Zumsteg
«Meine Familie ist für mich eine zwiespältige Sache», sagt Autorin Franziska Laur. «Auf der einen Seite bietet sie Geborgenheit. Ich erinnere mich an rauschende Feste auf unserem Landgut in Effingen. Als Kind war das für mich herrlich. Auf der anderen Seite sehe ich, dass mein Vater stark unter dem Druck seiner Eltern und Grosseltern gelitten hat.»
Schatten der Ahnen
Die ehemalige BaZ-Journalistin, die heute in Rheinfelden lebt, erzählt in ihrem Buch die Geschichte von vier Generationen der Familie Laur. Der Titel «Die Schatten der Ahnen – Niedergang einer Schweizer Familiendynastie» macht es deutlich: Es geht nicht nur um die Erfolge, sondern auch um die dunklen Seiten der Familiengeschichte. Ihr Urgrossvater Ernst Laur war der Geschäftsführer und spätere Direktor des vor 125 Jahren gegründeten Schweizer Bauernverbandes. Er galt als «Bauerngeneral», der seine Männer in den Kampf gegen die streikenden Arbeiter sandte. Ernst Laur war eine imposante Figur, ein Patriarch, im ganzen Land bekannt. Während des Zweiten Weltkrieges gehörte er zu einer Delegation, die in Berlin mit Vertretern des Nazi-Regimes Handelsverträge abschloss. «Grossvater hat Verträge ausgehandelt, damit die Schweiz von Hitler-Deutschland nicht angegriffen wird. So verlogen ist das», lässt Franziska Laur ihren Vater im Buch einmal über ihren Urgrossvater sagen.
Eine schweizweit bekannte Persönlichkeit war ebenso ihr Grossvater Rudolf Laur-Belart, Professor für Ur- und Frühgeschichte an der Universität Basel. Erfolgreich waren seine Bemühungen um die Erforschung von Augusta Raurica und Vindonissa, er galt als Hüter des Silberschatzes von Augst. Rudolf Laur-Belart betrieb eine betont schweizerische Archäologie im Sinne der geistigen Landesverteidigung.
Die Kugel verfehlt das Herz
Im Zentrum der Romanbiografie steht indes Arnold Laur, der Vater der Autorin. Er haderte mit dem Leben und litt unter den hohen Erwartungen, welche die beiden erfolgreichen Vorfahren in ihn steckten. Um seine ständigen Kopfschmerzen zu bekämpfen, griff er schon früh zum Schmerzmittel Saridon, wurde süchtig. Er war kein bekannter Professor oder erfolgreicher Geschäftsmann, stattdessen versuchte er sich als Schriftsteller und Buchhändler, doch war ihm kein Erfolg beschieden. Später arbeitete er bei der Ciba. Einmal wollte er sich das Leben nehmen: Mit der Dienstwaffe zielte er auf sein Herz, doch die Kugel blieb in einer Rippe stecken. Auch die nächste Generation hatte zu kämpfen, die beiden älteren Brüder von Franziska Laur waren politische Ikonen der 68er-Bewegung. Sie fochten gegen die engen Verhältnisse und starben beide an Drogen – der eine früher, der andere später.
Neben den Menschen spielt das Landgut der Familie in Effingen eine wichtige Rolle. Hier wohnten einstmals die Urgrosseltern, hier war der sichere Hafen, wohin sich alle Familienmitglieder in Krisenzeiten zurückziehen konnten. Im Landgut wurden Bundesräte empfangen und grosse Feste gefeiert. «Effingen war für mich ein Paradies. Ich war immer traurig, wenn ich von dort wieder nach Hause musste», erzählt Franziska Laur. Sie hat vor Jahrzehnten dafür gekämpft, das Haus in eine Genossenschaft umzuwandeln, doch dies misslang. Die Familie verkaufte die Liegenschaft.
«Ich hatte die Idee für dieses Buch schon vor sieben oder acht Jahren. Doch als ich noch im Tagesjournalismus tätig war, konnte ich es nicht schreiben», schildert Franziska Laur. Nach ihrer Pensionierung im Herbst 2020 fand sie die Zeit und Ruhe, die Geschichte zu Papier zu bringen. Der Berner Zytglogge-Verlag zeigte früh Interesse und veröffentlicht nun das Buch am 11. April.