Herausforderung starker Franken

  16.08.2022 Fricktal

Exportabhängige Firmen spüren den tiefen Euro

Der Franken ist so stark wie kaum je zuvor. Als 2015 der Euro-Mindestkurs gestrichen wurde, war das ein Schock für die Wirtschaft. Heute sind die Unternehmen, so auch im Fricktal, auf die Kursschwankungen besser vorbereitet.

Susanne Hörth

Der Franken hat gegenüber dem Euro an Stärke deutlich gewonnen. Aktuell ist der Euro gerade noch rund 97 Rappen wert. Gerade vom Export abhängige Firmen bekommen diese Kursschwankungen zu spüren. Bei der Jehle AG in Etzgen liegt der direkte Export-Anteil bei ungefähr 50 Prozent. «Weitere 30 bis 35 Prozent liefern wir an Schweizer Kunden, welche dann einen grossen Teil ihrer Produkte wiederum ins Ausland liefern», sagt Geschäftsführer Raphael Jehle. Der starke Franken schmälere natürlich die Marge, da die Firma mehr Einnahmen als Ausgaben in Euro habe. «Europäische, teilweise auch Schweizer Kunden, wollen in Euro einkaufen.»

Dafür würde die Jehle AG als Arbeitgeber für deutsche Arbeitnehmer interessanter, weiss Jehle. Zu den Wechselkursschwankungen führt er weiter aus: «Noch vor einigen Jahren lag der Eurokurs bei 1,60. Seither hat er um über 60 Prozent abgenommen. Trotzdem lebt die Schweizer Exportindustrie noch. Das bedeutet, wir mussten in den letzten zehn Jahren riesengrosse Schritte machen, um weiterhin mithalten zu können.»

Frühzeitiges Reagieren zahlt sich aus
Das weiss man auch bei der Jakob Müller Group in Frick. «Wir exportieren 98 Prozent unserer Maschinen ins Ausland und sind damit von den Wechselkursschwankungen stark betroffen. Dies ist bereits seit 2015 der Fall.», erklärt CEO Robert Reimann. «Die Jakob Müller Group hat darauf frühzeitig reagiert Wir haben beispielsweise Veränderungen in der Organisation und an der strategischen Ausrichtung vorgenommen damit wir für die Veränderungen im Markt gewappnet sind. Es hilft uns in der aktuellen Lage, dass wir die Thematik gut kennen und entsprechend am Markt oder bei uns intern reagieren können.» Die aktuelle Kursveränderung betreffe hauptsächlich die Verkaufspreise und die Margen. «Die negativen Einflüsse des starken Frankens begegnen wir, indem wir Alternativen im Bereich der Beschaffung realisiert haben und somit günstiger einkaufen können.» Damit würden die Einflüsse im Abnehmerland und bei den Kunden kompensiert werden. «Wir sind mit dieser Strategie auf einem guten Weg, auch wenn es nicht in allen Ländern hundertprozentig gelingt. Gewisse Auftragsverluste haben auch wir leider zu verzeichnen.»

Darauf angesprochen, ob die aktuelle Kurssituation zu einer Abnahme bei den Aufträgen geführt habe, verneint Raphael Jehle: «Da wir ja in Euro verkaufen, ist dies nicht der Fall.» Auch Robert Reimann hält fest: «Trotz der schwierigen Umstände ist die Auslastung weiterhin gut. Der europäische Markt ist ein sehr wichtiger Markt für uns. Dieser ist nach wie vor stark und konstant». Jehle fügt hier noch an: « Allerdings werden wir bei Neukalkulationen natürlich mal teurer gegenüber unseren europäischen Mitbewerbern, aber aufgrund der aktuell noch tieferen Inflation in der Schweiz gibt es dazu einen Gegeneffekt.»


Konzentration auf die eigenen Stärken

Trotz tiefen Euro sieht die Auftragslage bei Fricktaler Unternehmen, die vom Export abhängig sind, aktuell gut aus. Die Erwartungen an die Politik oder an die Nationalbank sind eher gering.

Susanne Hörth

Die Jehle AG ist der grösste Arbeitgeber im Mettauertal. Hat die aktuelle Frankenstärke Auswirkungen auf die personelle Situation? Darauf der Geschäftsführer Raphael Jehle: «Aktuell ist unsere Auftragslage gut, wir stellen sogar Leute ein. Insofern hat dies aktuell keinen negativen Einfluss auf unseren Personalbestand.»

Wie sieht es in diesem Bereich bei der Jakob Müller in Frick aus. CEO Robert Reimann erklärt: «Wir haben organisatorische Veränderungen vorgenommen und somit die negativen Einf lüsse kompensiert. Dies beinhaltet auch Veränderungen in personeller Hinsicht. Das Wissen und die Kompetenz unseres Personals ist unser wichtigstes Kapital. Unser Ziel war, und ist es, durch organisatorische Anpassungen unsere Strukturen zu optimieren und den Personalstamm, wann immer möglich, aufzubauen und weitere Arbeitsplätze zu schaffen.» Die heutige Zeit sei von kurzfristigen Veränderungen geprägt. «Wir haben Strukturen geschaffen, mit denen wir f lexibel und schnell auf die jeweilige Situation reagieren können.»

Erwartungen an Politik und Nationalbank
Auf die Frage, ob die Unternehmen in dieser Situation Unterstützung von Politik oder ein Reagieren der
Nationalbank erwarten, meint Raphael Jehle: «Erwartungen an die Politik habe ich nach den Erfahrungen der letzten zweieinhalb Jahre nicht allzu viele. Trotzdem würde es helfen, wenn die Rahmenbedingungen gestärkt würden.» Aber auch: «Wir müssen uns vor allem auf unsere eigenen Stärken konzentrieren.»

«Ich vertraue darauf, dass die Nationalbank die Interessen aller berücksichtigt», sagt CEO Robert Reimann. Es gelte dabei, die Interessen der Industrie und der Politik in Einklang zu bringen, sodass in der Schweiz ein langfristiges Wirtschaftswachstum gesichert ist und neue Arbeitsplätze geschaffen werden können.

«Die aktuellen gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und politischen Umwälzungen – so viele Krisen auf einmal – sind sehr herausfordernd», ist sich Raphael Jehle bewusst. Er weiss jedoch auch: «Zwar ist der Franken deutlich stärker, aber eine starke Währung ist ja auch Zeichen einer starken Volkswirtschaft.»

Weitere Reaktionen
Die NFZ hat auch bei anderen, im Fricktal ansässigen Firmen nachgefragt. «Der Schweizer Franken ist seit jeher eine starke Währung, und Novartis war bisher erfolgreich in der Lage, ihre Aktivitäten in der Schweiz fortzuführen. Wir sehen keinen Grund, dass sich das in absehbarer Zeit fundamental ändern wird», erklärt Novartis-Sprecher Satoshi Jean-Paul Sugimoto, ob sich der schwache Euro unter anderem auf das Werk in Stein auswirken könnte.

Franziska Bircher, Präsidentin vom Gewerbe Regio Frick (Geref ) sagt: «Die Frankenschwankungen kennen wir hier im Grenzgebiet sehr gut.» Sie ist überzeugt, dass viele der Vereinsmitglieder gut wissen, wie sie damit umzugehen haben. «Zudem sind nur wenige Mitgliederfirmen im grösseren Stil im Export tätig.» Herausfordernder als die Frankenstärke sei zurzeit die aktuelle Situation im Bereich von Lieferengpässen, Preissituationen, Fachkräftemangel und Energieknappheit. «Mit diesen Themen werden wir uns auch an der nächsten Vorstandssitzung auseinandersetzen, um einen Support den Mitgliedern anbieten zu können.»


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