Alexander, der Eroberer

  04.08.2020 Rheinfelden, Sport

Ein Rheinfelder versetzt die vornehme Snooker-Szene in helle Aufregung

Alexander Ursenbacher, 24, gelang es als erster deutschsprachiger Snooker-Spieler, sich für das Hauptfeld der Weltmeisterschaft zu qualifizieren. Heute Abend arbeitet er weiter an seinem Traum. Seine Worte zu diesem Traum lagern seit sieben Jahren in einem Archivband der NFZ.

Ronny Wittenwiler

Menschen haben nun mal Träume. Manchmal sind sie klein, manchmal sind sie riesengross. Als Alexander Ursenbacher am 6. August 2013 mit seinem Spielstock, dem Queue, eine weitere Kugel auf dem Snookertisch ins Visier nimmt, hat der 17-Jährige gerade diesen einen Satz gesagt: «Weltmeister zu werden, das wäre ein Traum.» Es klang ein bisschen unglaublich. Es klang kaum fassbar, weil riesengross der Traum und die damaligen Fakten ohnehin einiges dagegenhielten: Snooker, dieser vornehme Sport, der im Gegensatz zum kleinen Bruder Billard nicht in einer Kneipe um die Ecke gespielt wird – er gehört vielleicht zur feinen englischen Art, in der Schweiz fristet er allerhöchstens ein Inseldasein.

Plötzlich ist alles anders
Gerade deshalb ist es schier unfassbar, was Alexander Ursenbacher sieben Jahre nach dem Besuch der NFZ schafft. Am Montag vor einer Woche schreibt er Geschichte. Als erster deutschsprachiger Snooker-Spieler überhaupt qualifiziert sich der Mann aus Rheinfelden für das Hauptfeld einer Weltmeisterschaft. Und auf einen Schlag ist alles ein bisschen anders hier in diesem Land. So wie bei Alinghi 2003, die Schweiz ist plötzlich eine Segelnation, kann Helvetia jetzt auch noch Snooker.

Der Coup von Ursenbacher jedenfalls versetzt die Szene in helle Aufregung und die Neue Zürcher Zeitung hält fest, für wen das Hauptfeld der Weltmeisterschaft im Regelfall vorgesehen ist: «Normalerweise befinden sich ausschliesslich Briten, Iren oder Asiaten im Teilnehmerfeld.» So far, so good – und dann kam Alexander Ursenbacher aus Rheinfelden und erobert die Insel.

Showdown im Hexenkessel
Ursenbacher, Weltnummer 86, trifft heute Abend im Sechzehntelfinal auf die Weltnummer 15, Barry Hawkins, Engländer, 41 Jahre alt. Welche Spannung, vielleicht Anspannung, den jungen Fricktaler erwarten wird, liefert die NZZ mit einer Erklärung: «Die WM in der englischen Stadt Sheffield markiert den Saisonabschluss, sie ist das mit Abstand höchstdotierte Turnier und auch das traditionsreichste. Als WM-Arena dient der Theaterkomplex Crucible, der auch Hexenkessel genannt wird. Die Fans sitzen dort nahe bei den Spielern – ein befreites Aufspielen ist in dieser Atmosphäre fast nicht möglich. Dennoch ist das Crucible das Theatre of Dreams für jeden Snooker-Spieler.»
Theater der Träume – das trifft fraglos auf Alexander Ursenbacher zu. Er hatte vor sieben Jahren schon zu träumen gewagt.

Im Portrait über das «Ausnahmetalent mit dem Queue» schrieb die NFZ damals schlicht und ergreifend: «Das Wunderkind aus Rheinfelden will nach ganz oben.» Man wird sehen. Dass Ursenbacher mit seinen erst 24 Jahren heute schon geschafft hat, was zuvor noch keinem deutschsprachigen Spieler gelungen ist – das verschlägt der Szene gerade ein bisschen die Sprache.

Der Match von Alexander Ursenbacher gegen Barry Hawkins wird über zwei Sessions ausgetragen. Der Auftakt ist auf heute Dienstagabend, 20 Uhr, angesetzt. Die Fortsetzung wird morgen Mittwoch, um 14 Uhr, gespielt. Der TV-Sender Eurosport überträgt die Partien der Snooker-WM. Das Aufeinandertreffen wird entweder auf Eurosport 1 oder im Eurosport Player live übertragen.


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