Böztal nimmt die erste Hürde mit Bravour
02.07.2019 Fricktal, PolitikAlle vier Gemeindeversammlungen sagen Ja zur Fusion
Bözen, Effingen, Elfingen und Hornussen sind auf dem Weg zu einer gemeinsamen Gemeinde Böztal einen bedeutenden Schritt weitergekommen. Alle Gemeindeversammlungen haben der Fusion zugestimmt. Am 24. November kommt es zur Urnenabstimmung.
Simone Rufli
«Ich bin sehr erfreut. In dieser Klarheit habe ich das nicht erwartet», betonte Landammann Urs Hofmann im Telefongespräch mit der NFZ. Mit Blick auf den 24. November meinte der Vorsteher des Departement Volkswirtschaft und Inneres: «Das ist eine gute Vorlage für die Urnenabstimmung.»
«Die jahrelange Arbeit hat sich gelohnt»
Gleicher Meinung ist Giovanni Carau. Der Gemeindeammann von Elfingen bleibt aber auch in der Freude vorsichtig: «Es ist ein bedeutender Schritt, aber wir dürfen uns jetzt nicht auf den Lorbeeren ausruhen.» Erfreut und erleichtert sind auch die anderen Mitglieder des Projektausschusses. Guy David (Vizeammann Hornussen) konnte kaum glauben, dass es keinerlei Diskussion gab: «Ein paar Fusions-Gegner sind der Abstimmung zwar ferngeblieben, aber trotzdem.» Andreas Thommen (Gemeindeammann Effingen) sprach von der Schwierigkeit, Gegenargumente zu finden, wenn mit Nostalgie argumentiert wird und von der Freude über die grosse Zustimmung. Robert Schmid (Gemeindeammann Bözen) meinte: «Die jahrelange Arbeit hat sich gelohnt!» Wichtig sei immer gewesen, dass der Projektausschuss bei allen Veranstaltungen fundierte Antworten geben konnte.
Mit einem alt-bundesrätlichen «Freude herrscht!» reagierte Projektleiter und Berater Jean-Claude Kleiner auf die Frage nach seinem Befinden. Er hat die Ereignisse vom kühlen Bodensee aus verfolgt und sich riesig über das eindeutige Abstimmungsergebnis gefreut. Umso mehr, als er nicht erwartet habe, dass alle Gemeinden so eindeutig Ja sagen. Worauf der Erfolg gründet, ist für Kleiner aber klar: «Die Gemeinderäte geniessen Vertrauen in der Bevölkerung und haben dieses Projekt mit viel Engagement und Zuversicht angepackt.» Die Bevölkerung sei sehr gut in das Projekt eingebunden worden. «Die Projektarbeit war immer transparent und konnte hinterfragt werden. Die Projektteilnehmenden haben zudem mit Elan und in einer sehr konstruktiven Atmosphäre eine umfassende Beurteilung der Chancen und Risiken einer allfälligen Gemeindefusion erarbeitet. Der Schlussbericht inklusive der finanziellen Analyse wurde ehrlich und fundiert abgefasst und erlaubte ein gutes Bild einer allenfalls neuen Gemeinde», stellt Kleiner fest. Seine Arbeit ist vorerst beendet.
«Opposition war nicht erwünscht»
Nicht alle waren mit dem Ergebnis zufrieden: «Opposition war von Anfang an nicht erwünscht. Es stimmt mich traurig mitanzusehen, wie wir das kleine bisschen an Gemeindeautonomie aufgeben», meinte ein Einwohner. Ein anderer stellte fest: «Wir werden als Hinterwäldler bezeichnet. Doch ich bin sicher, nach ein, zwei Gemeindeversammlungen in der neuen Gemeinde verlieren die Leute das Interesse, weil das Gebilde zu gross und zu anonym sein wird und wir jede Individualität verlieren.» «Die Engländer können aus der EU austreten, in unserem Vertrag gibt es keine Kündigungsklausel», rügte ein Versammlungsteilnehmer.
«Beteiligung von historischem Ausmass»
Gut besuchte Fusions-Versammlungen in den BEEH-Gemeinden
Trotz drückender Hitze nahmen in Bözen, Effingen, Elfingen und Hornussen so viele Stimmberechtigte an den Gemeindeversammlungen teil, wie kaum je zuvor. Der Grossteil kam, um die Fusionspläne mit Ziel Böztal zu unterstützen.
Simone Rufli
Überall das gleiche Bild: Viele Menschen, viel Mineralwasser, viele besetzte Stuhlreihen und schweisstreibende Temperaturen. Im Gemeindesaal in Bözen versammelten sich am Donnerstagabend 120 von 555 stimmberechtigten Einwohnern (21,6%) und sorgten dafür, dass das erforderliche Quorum von 111 Stimmen erreicht wurde. In Hornussen hatten sich zur gleichen Zeit 119 der 640 Stimmberechtigten (18,6%) in der Turnhalle zur Sommergemeinde eingefunden. In Effingen schwitzten 91 von 416 Stimmberechtigten (21,9%) in der Turnhalle der Abstimmung entgegen und in Elfingen nahmen 62 der 217 stimmberechtigten Einwohnerinnen und Einwohner (28,6%) an der Einwohnergemeindeversammlung in der Turnhalle teil. Zahlen mit Seltenheitswert, weshalb da und dort von einer «Beteiligung von historischem Ausmass» die Rede war.
Meinungen waren gemacht
Ebenfalls auffallend in allen vier Gemeinden: Es gab wenige bis gar keine Diskussionen. Zum einen mag das der Hitze geschuldet sein. Ganz offensichtlich waren aber auch die Meinungen bereits gemacht. Die Informationsveranstaltungen im Vorfeld der Gemeindeversammlungen waren gut besucht und die Menschen kamen am Donnerstag lediglich, um ihre Meinung noch mit dem Stimmrechtsausweis zu bekräftigen. Anträge auf geheime Abstimmungen wurden zwar erhoben, aber abgelehnt.
Anders als im Fall Mettauertal
In Effingen ging Gemeindeammann Andreas Thommen vor der Abstimmung noch kurz auf die erst vor wenigen Tagen angebrachte Kritik von einigen Alt-Gemeinderäten ein. Diese beanstandeten in Leserbriefen, dass die für Böztal in Aussicht gestellten kantonalen Beiträge in der Höhe von 6,7 Mio. Franken zu wenig seien im Vergleich mit den 15 Millionen Franken, die es 2010 bei der Fusion von fünf Gemeinden im Mettauertal vom Kanton gegeben hat.
Thommen wies darauf hin, dass der Kanton Anfang 2012 die Unterstützungsbeiträge im Gesetz über die Einwohnergemeinden neu geregelt hat. Zwischen 2006 und 2011 habe der Regierungsrat zulasten des Finanzausgleichsfonds den sich zusammenschliessenden Gemeinden Beiträge zur Senkung der Verschuldung gewähren können, was so nicht mehr möglich sei.
Obligatorische Urnenabstimmung am 24. November
Zur Erinnerung: Obwohl sich alle vier Gemeindeversammlungen mit hoher Beteiligung sehr deutlich für den Zusammenschluss ausgesprochen haben, unterliegen Beschlüsse über einen Gemeindezusammenschluss von Gesetzes wegen dem obligatorischen Referendum. Die Stimmbürgerinnen und Stimmbürger können also am 24. November 2019 an der Urne noch einmal abstimmen. Wird auch diese Hürde genommen, muss der Zusammenschluss noch vom Grossen Rat in Aarau genehmigt werden. Erst dann kann Böztal ab dem 1. Januar 2022 Wirklichkeit werden.
KOMMENTAR
Die Arbeit geht weiter
Die eindeutige Zustimmung in allen vier Gemeinden mag viele verschiedene Gründe haben. Eines aber ist sie sicher nicht: ein Zufall. Jahrelang haben die Verantwortlichen in Bözen, Effingen, Elfingen und Hornussen auf dieses Ziel hingearbeitet. An vorderster Front Robert Schmid, Andreas Thommen, Giovanni Carau und Guy David. Sie bildeten von Anfang an ein Team und leben seither vor, was sie sich für die Zukunft von Böztal wünschen: Zusammenarbeit auf Augenhöhe. Und das nicht nur unter den Behörden.
Frühzeitig wurde die Bevölkerung in den Prozess einbezogen. Gegen 100 Einwohnerinnen und Einwohner engagierten sich in den Arbeitsgruppen und trugen den Fusionsgedanken gewissermassen als Multiplikatoren in ihre Familien, den Freundes- und Bekanntenkreis. Auch Fusions-Kritiker arbeiteten mit. Regelmässig fanden in allen vier Dörfern Informationsveranstaltungen statt und an Stammtischen wurden die Fragen, Sorgen und Ängste von den Verantwortlichen direkt auf- und ernstgenommen. Und immer liess man sich Zeit.
Trotzdem: Bei aller momentanen Euphorie ist gewiss, dass auch die neue Gemeinde – wenn sie denn die zwei verbliebenen Hürden (Urnenabstimmung und Genehmigung durch den Grossen Rat) auch noch nimmt – vor grossen Herausforderungen stehen wird. Und es wird Jahre brauchen, bis aus dem Willen zusammenzugehen, ein Wir-Gefühl heranwächst. Das Fundament ist mit den Gemeindeversammlungen vom Donnerstag gelegt. Die Arbeit am Gemeinschaftshaus aber beginnt erst. simone.rufli@nfz.ch