Krieg auf dem Balkan und auf dem Meer
12.04.2021 FricktalZu was unsere deutschen Nachbarn im Süden, Osten, Norden und nach der Besetzung von Frankreich auch im Westen an Gewaltbereitschaft fähig waren, las man in den Zeitungen des Fricktals 1941 fast täglich. Man spürte, hörte und sah es auch täglich. Was geschah aber wirklich jenseits der Grenze? Flüchtlinge und ausländische Radiosendungen erzählten zwar davon. Aber was war richtig? Welche (Um-)Wege machten die Meldungen, bis sie bei uns landeten und der Bevölkerung mitgeteilt wurden?
Am 8. April 1941 äussert sich die «Neue Rheinfelder Zeitung» (NRZ) sehr deutlich dazu: «Die Zensur verbietet, zu diesen Vorgängen eigene Bemerkungen zu machen.» Bei ‹diesen Vorgängen› beschrieb die NRZ den Überfall der deutschen Wehrmacht auf Jugoslawien und Griechenland in den ersten Wochen des April 1941. Wir haben 80 Jahre später die Möglichkeit, Vorgänge aus den Geschichtsbüchern und aus historischen Filmen mit den Zeitungsberichten von dazumal zu vergleichen. Dazu bietet sich der Angriff der Achsenmächte auf den Balkan gut an.
In den Morgenstunden des 6. April 1941 begannen die Achsenmächte Jugoslawien zu überrollen, wie ein Tsunami. Belgrad wurde an diesem Tag gleich zweimal mit Bomben eingedeckt. Die «Volksstimme aus dem Fricktal» berichtete am 8. April: «Die Kampf handlungen der deutschen Luftwaffe gegen Jugoslawien wurden am Sonntagmorgen mit Angriffen starker Kampf- und Luftkampfverbände gegen Kasernen, Flugplätze und andere wichtige Ziele begonnen...» Und weiter: «Zurückkehrende Besatzungen deutscher Kampfflugzeuge melden, [... dass ...] zahlreiche grosse Brände beobachtet werden...» sowie zweiter Luftangriff auf Belgrad. Ein zweiter Grossangriff wurde in den frühen Nachmittagsstunden des Sonntags gegen Belgrad unternommen. [...] Zu den noch nicht gelöschten Bränden traten zahlreiche neue Grossbrände hinzu.» Die neue Rheinfelder Zeitung schreibt am gleichen Tag zudem: «Italien auch dabei. Nach offizieller Erklärung hat die italienische Regierung beschlossen, dass die italienischen Land- See- und Luftstreitkräfte in engem Zusammenwirken mit der deutschen Wehrmacht gegen Jugoslawien kämpfen werden.»
Allein Belgrad beklagte nach unterschiedlichen Schätzungen zwischen 1500 und 17000 Tote. Je nach Quelle gehen die Schätzungen stark auseinander. Die Aktion wurde von der Wehrmacht mit dem Codenamen «Unternehmen Strafgericht» betitelt. Auch die griechische Grenze wurde an diesem Tag von der deutschen Wehrmacht überschritten. Bomben fielen an vielen Orten vom Himmel, und dies nicht nur im Balkan. Beide Zeitungen berichten vom Erfolg der Briten in Addis Abeba, von den heftigen Bombardierungen norddeutscher Städte und in Brest über die Bombardierung zweier deutscher Kriegsschiffe, welche beschädigt wurden.
Jugoslawien kapitulierte 12 Tage später am 18. April. Die Volkstimme zitiert dazu das deutsche Nachrichtenbüro: «Am 17. April um 21 Uhr hat die gesamte jugoslawische Wehrmacht, soweit sie noch nicht entwaffnet ist, bedingungslos die Waffen gestreckt. Die Kapitulation trat am 18. April um 12 Uhr in Kraft.» Und ein paar Zeilen weiter: «Die deutschen Truppen haben nach der Besetzung von Sarajewo mit Säuberungsaktionen begonnen.» Was mit Säuberung gemeint ist, bedarf wohl keiner Erklärung.
Griechenland kapitulierte am 28. April. Mit den Griechen kämpften auch Engländer, die sich nun nach Kreta evakuierten. Auch Kreta konnten die Engländer nicht halten und flüchteten am 31. Mai von der Insel. Der eine oder andere Engländer erinnerte sich wohl an die spektakuläre Flucht vor den Deutschen aus Dünkirchen, ein Jahr zuvor. Der «Frickthaler» aus Laufenburg berichtet am 3. Juni, nach dem er eine Zeitungsausgabe zuvor die Sachlage erörterte, erneut: «Nach der Entwicklung der letzten Woche stellt der Rückzug der Alliierten von Kreta keine Überraschung dar, und es ist höchstens erstaunlich, dass es ihnen unter ungünstigen Bedingungen abermals gelungen ist, einen Teil ihrer Streitkräfte in Sicherheit zu bringen.» Ein paar Zeilen weiter unten: «Die Schlacht um Kreta entschieden. [...] Bereits sind 15000 Mann in Ägypten eingetroffen.»
In Nordafrika tobt der Krieg mit ‹Wüstenfuchs› General Rommel...
In jenen Tagen wurde nicht nur auf dem Land gekämpft. Auch auf hoher See verbissen sich die Parteien. Ein Duell der grössten Schlachtschiffe fand zwischen dem 24. Mai und dem 27. Mai statt. Dabei versenkte die deutsche «Bismarck» das grösste Schlachtschiff der Welt, die «Hood». Die «Bismarck» wurde drei Tage später von den Briten versenkt. Auf der «Hood» überlebten 3 von 1418 Mann und auf der «Bismarck» 115 von 2200 Mann, das heisst 3500 Marinesoldaten ertranken in wenigen Tagen mit diesen beiden Schiffen! Alle Fricktaler Zeitungen berichteten darüber, inklusive Bilder der Schlachtschiffe.
Ein Schweizer ‹Hochsee-Ereignis› wurde einen Monat vorher, am 15. April, in der Volksstimme und am 24. April im Frickthaler gemeldet: «Die Schweizerflagge als Seeflagge», beziehungsweise «Die Schweizerflagge auf dem Meer». Die Bundesversammlung wählte Basel als Schweizer Meerhafen, um die Landesversorgung zur See zu sichern. Die Schiffe wurden gross mit dem Schweizer Kreuz bemalt, um Angriffe zu vermeiden.
Nachrichten aus einer kriegerischen Zeit
Das Fricktaler Projekt «Kriegsnachrichten» macht die Originalausgaben der «Volksstimme aus dem Frickthal», der «Neuen Rheinfelder Zeitung» und des «Frickthalers» aus den Jahren 1939 bis 1945 im Internet für jedermann zugänglich. Zudem erscheint viermal jährlich ein Essay, basierend auf der Berichterstattung des jeweiligen Quartals, in welchem der Autor das Kriegsgeschehen thematisiert und unter verschiedenen Gesichtspunkten beleuchtet. Andreas Rohner, Autor des hier publizierten Sonderbeitrages, ist Leiter des Projektes «Kriegsnachrichten». Er wohnt in Rheinfelden. (nfz)