«Wir sind im Prinzip eine Volkspartei»

  06.09.2020 Fricktal

Bei den Grossratswahlen vor vier Jahren konnte die FDP im Fricktal leicht zulegen. Diesmal will sie ihren Wähleranteil mindestens halten. Aus Sicht der Freisinnigen sollte die Schweiz mehr Marktwirtschaft wagen, nicht weniger.

Valentin Zumsteg

Die Ausgangslage bei den kommenden Grossratswahlen ist für die FDP im Fricktal nicht ganz einfach. Im Bezirk Rheinfelden fehlt mit Franco Mazzi, der nicht mehr antreten wird, ein starker Stimmenbringer. Als Bisheriger ist einzig Bernhard Scholl auf der Liste. Ähnlich gestaltet sich die Situation im Bezirk Laufenburg: Bruno Tüscher ist zwar bereits Grossrat, er hat das Amt aber erst im Januar 2020 von Daniel Suter, Gemeindeammann von Frick, übernommen. Ob da der Bisherigen-Bonus sticht, ist offen.

«Eine Herausforderung»
Vor vier Jahren legte die FDP im Fricktal leicht zu. Im Bezirk Rheinfelden kam sie auf 16,86 Prozent (+0,82), im oberen Fricktal auf 11,1 Prozent (+ 0,38). «Im Bezirk Rheinfelden wollen wir die beiden Sitze verteidigen. Das ist eine Herausforderung, da Franco Mazzi nicht mehr dabei ist. Wir hoffen, dass wir den Wähleranteil halten können», erklärt Manuel Mauch, Präsident der Bezirkspartei. Er ist aber zuversichtlich, dass dieses Ziel erreicht werden kann. «Wir haben sehr gute Kandidaten und arbeiten intensiv daran, ihre Bekanntheit zu steigern. Viele Kandidatinnen und Kandidaten haben ihre Wahlchancen erkannt und bestreiten daher einen sehr aktiven Wahlkampf», so Mauch.

Bei der FDP im Bezirk Laufenburg spricht Präsident Bruno Tüscher von einem Generationenwechsel: «Wir haben eine sehr ‹junge› Liste. Das Durchschnittsalter unserer Kandidatinnen und Kandidaten liegt bei rund 38 Jahren. Es dürfte schwierig sein, beim Wähleranteil zuzulegen. Wir wollen vor allem unseren Sitz halten.»

«Entscheidend ist die Mobilisierung»
Manuel Mauch ist überzeugt, dass die FDP ein deutlich grösseres Wählerpotential hat. «Wir sind im Prinzip eine Volkspartei, aber die uns zugeneigten Bevölkerungsgruppen sind teilweise etwas wahlmüde, da es uns noch zu gut geht. Entscheidend ist die Mobilisierung.»

Die beiden Bezirksparteipräsidenten stören sich daran, dass die FDP häufig als Partei der Vermögenden wahrgenommen wird. «Für einen Liberalen spielt es keine Rolle, wie viel jemand verdient. Er kennt auch keine Berührungsängste. Freiheit und die sich daraus ergebenden Chancen und Potenziale müssen immer für alle zugänglich sein. Jeder müsste daher grundsätzlich daran interessiert sein, sich für eine freiheitliche Wirtschafts- und Gesellschaftsordnung einzusetzen. Dazu braucht es weder ein grosses Einkommen noch Vermögen. Heute schmücken sich zwar viele mit dem Attribut ‹liberal›, um liberale Grundwerte in die Politik zu tragen, ist aber das liberale Original immer noch am verlässlichsten», betont Mauch.

«Dann lieber den Weltuntergang»
Tüscher und Mauch rechnen damit, dass die «grüne Welle», die im vergangenen Jahr die politische Diskussion stark geprägt hat, etwas am Abklingen ist. Wirtschaftliche Themen könnten durch Corona wieder vermehrt in den Vordergrund rücken. Hier will die FDP punkten. «Wir bringen eine grosse Wirtschaftskompetenz mit», erklärt Manuel Mauch und ergänzt: «Die Wirtschaft sind wir alle. Der Mensch steht für uns immer im Zentrum und wir wollen gute Rahmenbedingungen schaffen, damit die Menschen und ihre Unternehmen ihre Potentiale voll ausschöpfen können.»

Die nachhaltige Entwicklung sei dabei ein Thema, dass die FDP nicht vernachlässigen könne und wolle. Das CO2-Gesetz hält Mauch aber noch nicht für das Gelbe vom Ei, wie er sagt. «Die Klimapolitik steckt immer noch in den Kinderschuhen, da wirksame Instrumente vernachlässigt werden, um die CO2-Emissionen zielgenau zu reduzieren. Wenn man den Ausstoss von CO2 stark und kosteneffizient verringern will, dann ist der Emissionshandel das mit Abstand beste Instrument.» Bei der Klimadiskussion seien viel fahrlässige Systemkritik und ideologische Verzichtsforderungen im Spiel. Das stört den Ökonomen: «Wenn ich die Wahl habe zwischen einer menschenverachtenden Klimadiktatur und dem Weltuntergang, dann wähle ich lieber den Weltuntergang.»

Die FDP setzt sich immer für einen schlanken Staat ein. «Effizienzsteigerung ist die schonende Art des Sparens, da dadurch der Output nicht leidet», sagt Mauch dazu. Eine generelle Senkung bei den Steuern ist derzeit – auch im Hinblick auf die wirtschaftlichen Folgen von Corona – allerdings in den Hintergrund gerückt. «Bei den Unternehmenssteuern gibt es aber Handlungsbedarf. Der Aargau liegt im Vergleich mit den anderen grossen Kantonen im Hintertreffen. Eine solche Steuersenkung ist eine langfristige Investition, das zahlt sich wieder aus», ist Mauch überzeugt.

Auf Fricktaler Ebene ist der Verkehr für Tüscher und Mauch ein wichtiges Thema. Aus ihrer Sicht braucht es ein Gesamtverkehrskonzept, so wie es zahlreiche Fricktaler Grossrätinnen und Grossräte vom Regierungsrat fordern. «Die Verkehrsplanung dürfte in den kommenden Jahren eine Knacknuss für das Fricktal werden. Dies vor allem, wenn das Sisslerfeld entwickelt wird.» Tüscher, der Gemeindeammann der Sisslerfeld-Gemeinde Münchwilen ist, wünscht sich die Ansiedlung von Betrieben, die eine hohe Wertschöpfung erzielen und Fachkräfte beschäftigen. «Ich bin zuversichtlich, dass dies gelingt. Wegen Corona holen gewisse Grossfirmen ihre Produktion vielleicht in die Schweiz zurück», so Tüscher.

Mit Leinwand und Sackmesser
Zum Treffen mit der NFZ bringt Manuel Mauch eine leere Leinwand mit, die auf einen Rahmen gespannt ist. «Die FDP setzt sich für einen robusten Rahmen und gute Grundlagen ein; das Ausmalen der Leinwand soll aber jeder Einzelne übernehmen, wobei sich die individuelle Kreativität voll entfalten kann. Politiker allein könnten nicht so grossartige Kunstwerke schaffen.»

Bruno Tüscher hat ein Sackmesser dabei: «Das ist typisch schweizerisch und passt zur FDP: lösungsorientiert und effizient. Und der Korkenzieher steht für Geselligkeit», sagt er mit einem Lachen. Die beiden hoffen, dass sie am Wahlsonntag Grund zum Anstossen haben.


Stich-Worte
Die Meinung der FDP zu vier Themen

• Globalisierung
«Der Nutzen der Globalisierung ist immens. Sie hat die Armut weltweit extrem reduziert.»
• Wachstum
«Unser Wohlstand und unsere Renten hängen vom Wachstum ab. In den letzten Jahren ging das Wirtschaftswachstum mit weniger CO2-Emissionen einher – und das trotz Bevölkerungswachstum.»
• Krawatte
«Krawatten haben je länger je mehr ausgedient. Wer eine trägt, wirkt schnell etwas distanziert.»
• Staatsquote
«Die Staatsquote ist in der Schweiz zu hoch. Das Kanton Aargau steht aber noch relativ gut da.»


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