59-Jähriger bewirbt sich aus Verzweiflung auf Plakatwänden

  11.05.2019 Rheinfelden

Kurt Rolli aus Rheinfelden hat in den letzten 18 Monaten intensiv nach einer Stelle gesucht. Im Oktober droht dem 59-jährigen Familienvater die Aussteuerung. Mit einer Plakataktion macht der ehemalige Postbeamte auf sein Schicksal aufmerksam.

Valentin Zumsteg

«Warum zu alt für die Arbeit?», steht auf dem Plakat, das Kurt Rolli ab Mitte Mai am Bahnhof Kaiseraugst und später in Pratteln aufhängen lässt. Damit will der 59-Jährige darauf hinweisen, dass er dringend eine Stelle sucht. «Das ist vielleicht eine Verzweiflungstat. Ich habe in den letzten 18 Monaten rund 300 Bewerbungen geschrieben. Vier oder fünf Mal durfte ich mich vorstellen, doch jedes Mal zeigte sich, dass mein Alter ein Problem ist», erklärt Rolli, der mit seiner Frau in Rheinfelden wohnt.

«Ich spüre eine Altersdiskriminierung»
Ende Oktober 2017 hat er seine Stelle verloren. Der diplomierte Postbeamte, der sich ein Leben lang weitergebildet hat, arbeitete damals als Schichtleiter im Logistikzentrum Basel der PostMail. Er war unter anderem für die Einsatzplanung von rund 100 Mitarbeitern zuständig. Im Rahmen einer Reorganisation wurde seine Funktion gestrichen. Das war ein Schlag für den damals 57-Jährigen. «Ich dachte aber, dass ich sicher wieder etwas finde. Ich habe Führungserfahrung, bin zuverlässig, einsatzfreudig und beim Lohn zu Kompromissen bereit.» Er ist zudem sehr IT-affin, kennt sich ausgezeichnet mit Apple-Computern aus und hat sich vor Jahren zum eidgenössischen Versicherungsvermittler VBV ausbilden lassen. Mit anderen Worten: Er ist in vielen Bereichen einsetzbar. Sein Credo lautet: «Wer sich zu wichtig für kleine Arbeiten hält, ist meistens zu klein für wichtige Arbeiten.»

Trotzdem verlief die Stellensuche bislang erfolglos: «Ich spüre eine Altersdiskriminierung. Ich bin damit aber nicht allein, das passiert den meisten Stellensuchenden, die über 50 Jahre alt sind», sagt der Vater einer erwachsenen Tochter.

«Existenzängste kommen auf»
Ende Oktober droht ihm nun die Aussteuerung. Auch wenn er nicht daran denken will und immer noch zuversichtlich bleibt, dass sich irgendwo eine Türe öffnet, macht ihm diese Perspektive zu schaffen: «Ich habe 40 Jahre lange gearbeitet und meinen Job immer gut gemacht. Jetzt besteht die Gefahr, dass ich in die Sozialhilfe abrutsche, ohne eigenes Verschulden. Das löst Existenzängste aus. Vor allem nachts machen sich diese bemerkbar.»

Er unternimmt alles, damit er nicht von der Sozialhilfe abhängig wird. Deswegen hat er sich bei der Zeitung gemeldet und lässt Plakate mit seinem Konterfei drucken. Er will damit auf sein Schicksal aufmerksam machen – und unbedingt wieder eine Stelle finden: «Ich bin ein positiver Mensch. Ich glaube daran, dass es für mich und für meine Familie ein Happy End gibt.»

kurt.rolli@teleport.ch


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