Mehr Gelassenheit tut allen gut
21.12.2017 Rheinfelden, FrickMein Wunsch für das neue Jahr
Denke ich an meine Jugend zurück, spüre ich ein Gefühl der Freiheit. Können wir das unseren Kindern auch noch bieten?
Die Weihnachtszeit ist die Zeit der Kinder. Sie stehen im Zentrum der Festlichkeiten – egal, ob religiös gefeiert wird oder nicht. Auch die Erwachsenen sehen unterm Weihnachtsbaum die Welt wieder ein bisschen mit Kinderaugen – zumindest für einige Momente. In solchen Augenblicken schaue ich manchmal zurück. Wie war es früher – an Weihnachten und auch sonst?
Vielleicht betrachte ich die Sache ja ein bisschen verklärt, aber ich glaube, dass die Leute früher gelassener waren.
Jede Menge Freiheit
Ich erinnere mich gerne daran, wie ich in der Primarschul-Zeit mit meinem Solex unerlaubterweise das Schulhaus-Areal unsicher machte. Das scheint die Anwohner nicht gestört zu haben, jedenfalls hat niemand die Polizei gerufen. Noch nicht einmal der Abwart schien beunruhigt. Nachmittage lang trieben wir uns im Wald herum, die Eltern wussten häufig nicht, wo wir waren. Gerne schossen wir auch mit einem Luftgewehr, das einem etwas älteren Nachbarsjungen gehörte, auf Büchsen, Flaschen und Zielscheiben. Ebenso unvergessen ist, wie wir mit selbstgebastelten Styropor-Booten auf dem Mühleweiher paddelten – bis alle nass waren.
Oder unser Jugileiter – das war eine Nummer: Kamen zu wenig Kinder, um vernünftig Fussball oder Unihockey zu spielen, dann gab es für die vier oder fünf Nasen, die doch erschienen waren, eine Spritztour mit seinem alten VW-Käfer. Zu behaupten, dass er sich dabei streng an die Verkehrsregeln gehalten hatte, entspräche nicht vollumfänglich den Tatsachen. Er wollte uns ja beeindrucken und zum Lachen bringen. Das ist ihm gelungen. Es war immer sehr lustig. Zusammenfassend: Wir hatten zwar weniger Spielzeug und viel weniger Elektronik-Artikel als die Kinder heute, doch jede Menge Freiheit.
Die Jugend mit viel Spass überlebt
Unterhalte ich mich mit Leuten meiner Generation, dann haben alle ähnliche Geschichten auf Lager. «Es ist schon erstaunlich, dass wir unsere Jugend überlebt haben», ist ein Spruch, den man oft hört. Und die meisten bedauern, dass dies heute nicht mehr möglich wäre. Doch wieso eigentlich? Wieso können wir unseren Kindern kaum mehr die Freiheit bieten, die wir selber genossen haben? Wieso beginnt der Leistungsdruck so früh? Und wie kam es zu dieser Vollkasko-Mentalität? Vielleicht sind wir ja selber zu ängstlich geworden, weil wir mehr zu verlieren haben.
Es ist wie meistens im Leben: Wir müssen uns wohl an der eigenen Nase nehmen. Wenn wir etwas gelassener und toleranter wären, dann ginge es allen besser. Das wünsche ich mir auf Weihnachten und für das neue Jahr – ich bin so frei.