«Chumm übere» – die Narren gehen voran

  29.01.2020 Rheinfelden

Leitartikel zur Zusammenarbeit der beiden Rheinfelden

Da und dort wird noch immer bedauert, dass die Stimmbürgerinnen und Stimmbürger von Rheinfelden/Schweiz im vergangenen Oktober den Kredit für den neuen Rheinsteg abgelehnt haben und damit diesem Projekt den Todesstoss versetzten. Am grenzüberschreitenden Neujahrsempfang war dies zum Beispiel ein Thema. Die beiden Stadtoberhäupter äusserten dort nochmals ihr Bedauern und ihre Enttäuschung. Die Stimmung wirkte teilweise gar etwas gedrückt. Das ist verständlich, weil bereits sehr viel Arbeit und auch Geld in die Vorbereitung des Projektes investiert worden sind. Irgendwann sollte man aber einen Schlussstrich ziehen und nach vorne schauen.

Lustigerweise machen es die Fasnächtler vor. Die Fasnachtsgesellschaft Rheinfelden/Schweiz (FGR) hat für die diesjährige närrische Zeit das Motto «Chumm übere» ausgerufen. «Eigentlich ist es vollkommen egal, wie man den Rhein überquert – Hauptsache man überquert ihn», schreibt Roger Wendelspiess, Präsident der Fasnachtsgesellschaft.

Das Motto der Fasnächtler ist ausgezeichnet. Es ist so gut, dass es die beiden Städte eigentlich als Jahresmotto übernehmen sollten – gerade nach dem Nein zum Steg. Denn bei jeder Gelegenheit wird die gute Zusammenarbeit über die Landesgrenze gelobt. Die beiden Gemeinden gelten als leuchtendes Beispiel für eine binationale Kooperation – über die Region hinaus. Durchaus zu Recht – es wird viel gemeinsam gemacht, die Planung hört nicht einfach an der Landesgrenze auf. Die Behörden kennen sich und vertrauen einander. Das Verhältnis darf als ausgezeichnet beschrieben werden.

Das ist die eine Seite. Die andere: In der Bevölkerung pflegen die wenigsten Beziehungen über die Grenze. Man geht vielleicht über den Rhein zum Einkaufen oder zum Essen. Viele Deutsche besuchen das «Sole uno» oder die Kunsteisbahn, aber die wenigsten haben wirklich Freunde oder gute Bekannte auf der anderen Seite des Rheins. Der Alltag findet selten zusammen statt; man lebt nebeneinander und nicht miteinander. Der Orchesterverein Rheinfelden, die Gewerbevereine und die Fasnächtler sind Ausnahmen, sie pf legen seit Jahren die grenzüberschreitenden Verbindungen. Vor allem die jüngere Generation kennt kaum Leute auf der anderen Seite. Das ist schade – und eine verpasste Chance. Würde es den beiden Rheinfelden nicht gut anstehen, regelmässig grenzüberschreitende Schul- und Jugendprojekte durchzuführen? So könnten Bekanntschaften und Freundschaften schon in jungen Jahren entstehen. Die beiden Städte machen bei der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit vieles richtig – und haben in diesem Bereich noch ein riesiges Potential. Oder wie sagen es die Fasnächtler so einfach wie treffend: «Chumm übere».


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