«Und darum geben wir nicht auf»
16.09.2020 Fricktal, PolitikDie EDU sieht sich als Zünglein an der Waage. Ein Fricktaler Sitz wäre eine Überraschung
Auch über die Begrenzung der Zuwanderung lassen sich Schonung der Ressourcen und Naturschutz betreiben, finden Mitglieder der Eidgenössisch Demokratischen Union. Und Gott spielt im Parteiprogramm eine grosse Rolle.
Ronny Wittenwiler
Vieles ist gleich wie vor vier Jahren bei der EDU in den Bezirken Rheinfelden und Laufenburg: gleiches Präsidium, dieselbe Überzeugung, dass man hier keinen Sitz holen wird und der tiefe Glaube an Gott. Letzteres gehört zum Erbgut dieser christlich-nationalkonservativen Partei, alles andere hat sich so ergeben.
«Suche schon lange einen Nachfolger»
Sechzehn Jahre ist Klaus Breidert aus Möhlin Präsident der EDU-Bezirkspartei. Ein Sesselkleber? «Nein, gar nicht», sagt er und winkt ab. «Ich suche schon lange einen Nachfolger. Es ist schwierig.» Auf die Grossratsliste hat er sich nicht mehr setzen lassen: «Ich bin 75 und heisse nicht Joe Biden. Irgendwann muss man eine Grenze ziehen.» Cornelia Strebel dagegen, Parteipräsidentin im Bezirk Laufenburg, kandidiert erneut, wie vor vier Jahren. Weder im oberen noch im unteren Fricktal: Gereicht für einen Sitz hat es nicht. Es werde nicht einfach, sagen die Parteiprä- sidenten mit Blick auf die diesjährigen Wahlen. In der Tat wäre ein Fricktaler Sitz eine grosse Überraschung. Wozu also das Ganze? «Weil jede Stimme zählt und wir die Partei im Kanton unterstützen wollen», sagt Strebel. Ziel sei, dass die EDU einen zusätzlichen dritten Sitz im Parlament wird erobern können. «Vor vier Jahren haben dazu im ganzen Kanton rund dreissig, vierzig Stimmen gefehlt», sagt Breidert.
Dass es einer Kleinstpartei wie der EDU an Wasserverdrängung fehlt, würden die beiden nicht unterschreiben. «Oft sind wir das Zünglein an der Waage», gibt sich Strebel kämpferisch, fast trotzig – «und darum geben wir nicht auf.» In einer Demokratie mit oft engen Debatten würden oft kleine Parteien wie die EDU letztlich den Unterschied machen, urteilt Breidert.
«Sich als Schweizer eine Familie leisten können»
Mit derselben Überzeugung wie dieser politischen Daseinsberechtigung vertritt die EDU auch ihre Weltanschauung. «Ihr Parteiprogramm orientiert sich an der Bibel», hielt die NFZ bereits vor vier Jahren fest. Religion und Politik, doch, doch: Das passe alleweil zusammen. «Wer christliche Werte vertritt, kann auch eine gute Politik machen», sagt Breidert. «Konservativ und sozial gerecht», sei die Politik der EDU. Die Partei ist gegen die Sterbehilfe am Ende. Und gegen die Abtreibung am Anfang. Man formuliert es auf der Webseite der EDU Schweiz auch schon mal provokativ: «Die Gebärmutter darf nicht mehr der gefährlichste Ort für ein Kind sein.» Familie? Sie ist der EDU heilig. «Wir möchten, dass man sich als Schweizer in diesem Land noch eine Familie leisten kann», sagt Strebel. Und meint damit die «traditionelle» Familie»: Mann, Frau, Kind. «Möglichst mit einem Verdienst pro Haushalt», ergänzt Breidert. Konservatives Rollenmodell wird bevorzugt.
«Viele Junge brennen für Jesus»
Dass in solch favorisierten Familienmodellen der christliche Glaube seinen Platz hat, wenn nicht gar haben muss – davon ist Cornelia Strebel fest überzeugt. «Leider merkt man manchmal nicht mehr viel davon, dass die Schweiz ein christliches Land ist. Hier sind wir von der EDU gefordert.» Ihre Überzeugung manifestiert sich auch im Gegenstand, den die Grossratskandidatin zum Gespräch mitbringt: ein Kreuz. Doch im Zuge leerer Kirchenbänke und des Schwunds in den Konfessionen, ist da nicht auch die EDU ein Auslaufmodell? «Nein», sagt Strebel, und ergänzt leidenschaftlich: «Es gibt immer noch genug Leute, die an Gott und Jesus glauben und es auch nicht scheuen, auszusprechen. Viele Junge brennen für Jesus. Für sie wäre die EDU die richtige Partei.» Auch Breidert sieht die Partei nicht untergehen. «Wir handeln nach der Bibel, haben Respekt vor dem Gegenüber und beschimpfen andere nicht. So macht die EDU Politik.»
«So macht Flüchtlingspolitik keinen Sinn»
Das Nationalkonservative im Parteiprogramm unterscheidet die EDU allerdings von manch anderen Parteien mit christlichem Hintergrund. Entsprechend fallen auch solche Sätze mit Überzeugung: Ja, auch durch die Begrenzung der Zuwanderung lässt sich Schonung der Ressourcen und Naturschutz betreiben. Und Breidert, der ehrenamtlich Flüchtlingsarbeit betreibt, findet: «Wer an Leib und Leben bedroht ist, braucht Schutz. Viele sind aber nicht wirklich verfolgt. Sie kommen hierher mit wenig Bildung und haben kaum Chancen auf dem Arbeitsmarkt. So macht Flüchtlingspolitik keinen Sinn. Mit Hilfe vor Ort ist ihnen viel mehr gedient. So werden diese Menschen nicht aus ihren Familien gerissen. Europa kann nicht alle aufnehmen. Die Schweiz kann nicht alle aufnehmen.»
Sechs EDU-Kandidaten aus dem Bezirk Laufenburg wollen es wissen am 18. Oktober. Deren fünf sind es im Bezirk Rheinfelden. Weder im oberen noch im unteren Fricktal sind die Listen somit komplett besetzt. Es sei in etwa dieselbe Problemstellung, wie bei der Frage nach einem potenziellen Nachfolger als Bezirksparteipräsident, sagt Breidert. «Es ist schwierig, Personen zu finden.» Auch wenn die EDU noch lange kein Auslaufmodell sei – wo die EDU in vier Jahren konkret stehen wird, das könne man jetzt nicht beantworten, sagen beide. «Die Zukunft ist nicht voraussehbar», weiss Breidert. Und so möchte sich die Partei weiterhin auch stark auf den Glauben verlassen.
Grossratswahlen 18. Oktober
Am 18. Oktober wählt der Aargau sein neues 140-köpfiges Kantonsparlament. Der Bezirk Laufenburg kann sieben, der Bezirk Rheinfelden zehn Grossrätinnen und Grossräte nach Aarau schicken. Im Bezirk Laufenburg treten zehn Parteien mit 56 Kandidierenden an, im Bezirk Rheinfelden sind es acht Parteien mit 70 Kandidierenden. Die NFZ stellt die Parteien vor und zeigte die Gesichter auf den Listen. (nfz)
Stich-Worte
Die Meinung der EDU zu vier Themen
• Waffenbesitz «Es ist nicht gut, wenn jeder eine Waffe zuhause haben kann. Es istschnell eine hervorgeholt. Schnell ist etwas passiert.» (Strebel)
• Homosexualität
«Man kann Leute nicht einfach so ändern. Ich akzeptiere das, aber ich muss dabei nicht Beifall klatschen.» (Breidert)
• Schweizer Fernsehen: «Schaue ich selten. Im Fernsehen generell vermisse ich manchmal Objektivität in den Berichterstattungen.» (Breidert). «Ich schaue gerne Happy Day.» (Strebel)
• Corona
«Man darf das Thema nicht auf die leichte Schulter nehmen. Aber ich beobachte eine grosse Angst, und ängstliche Bürger sind gehorsame Bürger. Ein Grossteil der Regierung will gehorsame Bürger. Corona ist auch der Grund für das Notrecht der Regierung. Der Lockdown und einige Massnahmen waren überzogen.» (Breidert). «Masken für Babys und Kleinkinder. Da kann ich nur den Kopf schütteln. Angst schwächt das Immunsystem. Angst macht Menschen krank. Ich weiss nicht, was dahintersteckt.» (Strebel)