Ein «Böser» von damals

  17.09.2022 Möhlin, Persönlich

Zweifacher Eidgenosse Stephan Schlachter aus Möhlin

Ende August wurde der Wittnauer Schwinger David Schmid zum zweiten Mal zum Eidgenossen gekrönt. Das hat 36 Jahre zuvor schon einmal einer geschafft: Stephan Schlachter aus Möhlin.

Janine Tschopp

«Es ist in keiner Art und Weise mit heute vergleichbar», sagt Stephan Schlachter, wenn er an seine aktive Zeit als Schwinger zurückdenkt.

Zum Schwingen kam er durch seine Familie. «Mein Bruder hat mich damals einfach ins Training mitgenommen.» Der Möhliner war neun Jahre alt, als er dem Schwingklub Fricktal beitrat. Sein Vater, selbst ein Schwinger, war es, der ihn während seiner Zeit als Schwinger stets betreut und begleitet hatte.

Erster Eidgenössischer Kranz mit 18 Jahren
Stephan Schlachter war erst 18 Jahre alt, als er für die Teilnahme am Eidgenössischen Schwing- und Älplerfest in Langenthal nominiert wurde. Neben vielen anderen Unterschieden fiel auch die Vorbereitung für dieses Fest ganz anders aus im Vergleich zu heute. «Das hauptsächliche Training war für mich die tägliche Arbeit.» Von 1980 bis 1983 absolvierte er eine Lehre als Metzger. «Da ich aus einer Bauernfamilie stamme, habe ich schon immer körperlich gearbeitet.» Im Schwingkeller trainierte er zweimal pro Woche. Der damalige Technische Leiter des Schwingklubs Fricktal, Othmar Treier, hatte ihn zusätzlich zu den Trainings des Aargauer sowie des Nordwestschweizer Schwingerverbands mitgenommen. «Das hat viel gebracht.»

Trainingsfleissig sei er aber nie gewesen. Sogar die Vorbereitungen für das «Eidgenössische» 1983 seien relativ bescheiden ausgefallen. Mentales Training oder eine spezielle Ernährung waren damals überhaupt kein Thema. Zum Thema Bekleidung meint er: «Ich habe mir ein Jäckli machen lassen mit dem Logo des Schwingklubs Fricktal.»

Mit seinem Privatauto fuhr er an das Eidgenössische Schwing- und Älplerfest nach Langenthal und suchte irgendwo am Waldrand einen Parkplatz. Nach getaner Arbeit fuhr er am Abend zu seiner Mutter nach Möhlin und genoss dort ein reichhaltiges Nachtessen. Am Sonntagmorgen nahm er die Fahrt nach Langenthal wieder unter die Räder. Im achten Gang fiel dann die Entscheidung und Stephan Schlachter durfte kranzgekrönt und mit einer Glocke im Kofferraum heimreisen. Zu Hause in Möhlin wurde ihm durch den Schwingklub Fricktal ein grosser Empfang bereitet. Auch drei Jahre später, in Sion, war Stephan Schlachter erfolgreich und holte seinen zweiten Eidgenössischen Kranz.

Der Stellenwert hat sich verändert
Damals war das Interesse für den Schwingsport im Allgemeinen und auch für die Schwinger viel geringer als heute. «Auch die Frauen hat man als ‹Sägemehl-Knorzer› nicht beeindruckt», lacht Stephan Schlachter. Er werde heute, bald 40 Jahre nach seinen beiden eidgenössischen Kranzgewinnen, mehr auf seinen Erfolg angesprochen als damals.

«Der Schwingsport hat sich extrem entwickelt. Trainingsaufbau, mentale Betreuung, ärztliche Betreuung und vieles mehr.» Auch das «Ringsherum» habe sich stark verändert. 1983 lockte das Eidgenössische Schwing- und Älplerfest (ESAF) rund 40 000 Zuschauer nach Langenthal. Das ESAF in Pratteln verzeichnete heuer rund 400 000 Besucherinnen und Besucher. Obschon das Schwingen zuschauerseitig stark im Trend liegt, müssen die Vereine nach wie vor für ihren Nachwuchs kämpfen. Einerseits wird das Freizeitangebot für die Jungen immer grösser, andererseits ist Schwingen ein ziemlich harter Sport. Zudem bekommt man schmutzige Kleider, was für einige Familien auch ein Hinderungsgrund sein könnte, ihre Kinder schwingen zu lassen.

Engagiert für den Schwingsport
Seine Karriere als Aktivschwinger beendete Stephan Schlachter aufgrund von Hüft- und Schulterbeschwerden bereits im Alter von 27 Jahren. Schon früh setzte er sich als Technischer Leiter beim Schwingklub Fricktal und später beim Aargauer und Nordwestschweizer Schwingerverband ein. Seit dem ersten Abendschwinget in Möhlin 2001 fungiert er für den Schwingklub Fricktal alle zwei Jahre als Wirtschaftschef. Verantwortlich für die Wirtschaft ist er als Mitglied des Wasserfahrvereins Möhlin auch beim Fischessen und in wenigen Wochen an der MÖGA. An der Möhliner Fasnacht ist Schlachter zudem seit 20 Jahren mit der Fasnachtsgruppe «die Variablä» unterwegs.

Stephan Schlachter – ein Mann, der gerne anpackt, auch wenn seine aktive Schwingerkarriere schon länger zurückliegt.


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