Alles begann im Estrich

  09.03.2023 Fricktal, Möhlin, Jugend

Alles begann im Estrich

Heute Abend vor 25 Jahren wurde die Offene Jugendarbeit Möhlin gegründet

Der 9. März 1998 sollte die Ausgehkultur für Kinder und Jugendliche in Möhlin verändern. Alt Gemeinderat Mario Strähl erinnert sich.

Ronny Wittenwiler

Es wäre doch schön, dachte sich Severin Schürch, würde Mario Strähl ins Jugendhaus an der Batastrasse kommen und von den Anfängen erzählen. Jetzt sitzt er da, Mario Strähl, 84, Turnschuhe an den Füssen und ein Lächeln im Gesicht: «Der Severin strapaziert mein lückenhaftes Gedächtnis.» Ein Montag müsse dieser 9. März 1998 gewesen sein, sagt Strähl, zumal die Vereinsgründung im Anschluss an eine Gemeinderatssitzung erfolgt sei. Strähl, 59 damals und Gemeinderat, wird in jenen Abendstunden erster Präsident der Offenen Jugendarbeit Möhlin. Niemand konnte ahnen, welche Erfolgsgeschichte sich daraus entwickeln würde.

Eine andere Welt
Neben Mario Strähl auf dem Sofa sitzt 25 Jahre später nicht nur Severin Schürch, Geschäftsleiter der Offenen Jugendarbeit Möhlin (Jam), sondern auch deren heutiger Präsident Matthias Heskamp. Er sagt: «Vor 25 Jahren sah die Welt ganz anders aus. Jugendarbeit wurde noch nicht aktiv vorangetrieben. Das haben dann einzelne Personen geändert.» Strähl – ein Pionier der Möhliner Jugendarbeit? Das passt, sind sich Schürch und Heskamp einig. Bloss hält sich Strähls Begeisterung über diesen Gedanken in Grenzen: «Ich bin nicht der Typ, der sich gerne auf die Schultern klopft.» Stattdessen beginnt er zu erzählen. Wie alles begann damals, dort oben im Estrich bei der alten Kanzlei.

«Capello»
Diesen Raum hätten eine Handvoll Jugendliche schon längere Zeit genutzt, um sich zu treffen. «Von wem sie die Bewilligung hatten, das weiss ich auch nicht mehr.» Als «Capello» war jener Treff im Dachgeschoss der alten Kanzlei bekannt, und was zuerst einigen wenigen vorbehalten war, sollte sich irgendwann weiter

öffnen und genau an diesem Punkt kommt Lotti Berner ins Spiel. «Um Gottes willen», möchte Mario Strähl gegen Ende des Gesprächs ein weiteres Mal betont wissen: «Wir dürfen Lotti Berner nicht vergessen!» Berner, damals Realschullehrerin in Möhlin, sei eine treibende Kraft gewesen und stets daran interessiert, dass sich Jugendliche im Dorf irgendwo treffen können. Sie habe in der Schule Werbung für den Treffpunkt gemacht und plötzlich war im Capello noch mehr los. Mario Strähl erinnert sich: «Die Jugendlichen haben Brötchen gestrichen und verkauft. Ich wurde angefragt, ob ich als Betreuer helfen kann. Und so sass ich plötzlich ab und zu dort oben mit den Jugendlichen.» Strähl sagt’s, als wäre es das Einfachste auf der Welt und vielleicht war es das eben auch für ihn. Strähl konnte immer schon mit jungen Leuten und dort im Capello mitten unter ihnen hätten sie ihm nie das Gefühl gegeben, fehl am Platz zu sein. Und irgendwann, da reichte das Geld aus dem Brötchenverkauf sogar für einen Töggelikasten.

Ein Verein muss her
Was in einem Estrich bei der alten Kanzlei vor 25 und noch mehr Jahren begann, wird heute im Jugendhaus an der Batastrasse als Erfolgsgeschichte weitergeschrieben. Der 9. März 1998 aber wird dabei als historischer Tag für die Jugendarbeit in Erinnerung bleiben. Mario Strähl sagt: «Wir haben uns doch einfach gedacht: Gottfried Stutz, wir müssen all das jetzt auf ein offizielles Gleis bringen und einen Verein gründen.»

Als Gemeinderat mit dem Ressort Schule nahm sich Mario Strähl der Aufgabe an, auch die Kirchgemeinden sicherten Unterstützung zu. Der erste Präsident hiess Mario Strähl, die erste Kassierin hiess Lotti Berner, und da, wo einst alles begann, oben im Estrich bei der alten Kanzlei, wäre ein Jugendtreff mit viel Musik und noch mehr Betrieb heute undenkbar. Nach einem Umzug zuerst in die Zivilschutzräume beim Obermatt-Schulhaus fand die Offene Jugendarbeit Möhlin im Jahr 2016 mit dem Bau eines Jugendhauses an der Batastrasse ihre neue Heimat. Mario Strähl sitzt jetzt dort auf dem Sofa. Er, der Pionier, der keiner sein will. Severin Schürch freut sich: «Ich finde es toll, bist du 25 Jahre nach der Gründung hierhergekommen. Es ist schön, deine Verbundenheit zur Jugendarbeit heute noch zu spüren.» Und Mario Strähl? Bevor er sich wieder nach Hause aufmacht, sagt er es in einem einzigen Satz: «Wer, wenn nicht die jungen Menschen, sind denn unsere Zukunft?»

Der 9. März 1998 sollte die Jugendarbeit in Möhlin auf ein neues Level heben. So ist es dann gekommen.

Am 9. September, nach Abschluss der Sanierung und Aufstockung des Jugendhauses, ist eine Veranstaltung mit diversen Attraktionen geplant. Auch das Jubiläum «25 Jahre Offene Jugendarbeit Möhlin» wird ein Thema sein.

 


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