«Briefmarken zu sammeln, hat etwas Meditatives an sich»

  05.01.2023 Fricktal, Unteres Fricktal, Rheinfelden

Rund ein Dutzend Händler boten an dreissig Tischen Briefmarken, Münzen, alte Banknoten und Ansichtskarten zum Verkauf an.

Edi Strub

«Ich komme immer sehr gerne nach Rheinfelden, es ist eigentlich die beste Briefmarkenbörse in der Schweiz», meinte ein Händler aus Winterthur am Donnerstag im Bahnhofsaal. Ihm gefalle das besondere Ambiente dieses Konzert- und Festsaals. Dieses Jahr habe er sich besonders darauf gefreut, weil er in Rheinfelden Sammler zu treffen hoffe, die er wegen Corona lange nicht mehr gesehen habe. Ausser Briefmarken und Münzen hat der Winterthurer Händler auch alte Banknoten und Postkarten ausgelegt. Einiges ist Massenware und schon für einen Franken oder weniger zu haben.

«Ein spezielles Hobby»
Anderes ist ein bisschen teurer, eine schöne Postkarte vom Automobilsalon 1956 zum Beispiel ist mit immerhin 25 Franken angeschrieben. Oder die 50er-Noten aus den 70er-Jahren für zwischen 35 und 85 Franken. «Es gibt von diesen Noten Jahrgänge und Serien, die seltener sind und für die man deshalb mehr auslegen muss als für andere», erklärt der Händler. Vorausgesetzt ist in allen Fällen, dass sie in gutem bis sehr gutem Zustand sind, ungefalzt und ohne «Ohren». Zahlen könne man mit solchen Noten nicht mehr, sie sind reine Sammlerstücke und Nostalgie.

Briefmarken, Münzen und Banknoten zu sammeln, sei ein spezielles Hobby, es sei ein bisschen wie meditieren, philosophierte ein anderer Händler. Es sei etwas sehr Stoffliches, Analoges. Das tue gut in einer Welt der sich beschleunigenden Digitalisierung. Briefmarken und Münzen erzählten auch Geschichten aus anderen, vergangenen Zeiten, in die man sich an langen Winterabenden vertiefen könne.

Die meisten Sammler, die die Rheinfelder Börse besuchen, sind ältere Semester mit grauen Haaren. Früher haben auch viele Jugendliche Briefmarken gesammelt, heute ist das nicht mehr so. Auch Frauen sind unter den Sammlern im Rheinfelder Bahnhofsaal selten.

Preise eher gesunken
Rudolf Hofer, Präsident des Briefmarkenclubs Fricktal erzählt, dass im vergangenen Jahr das einzige weibliche Clubmitglied gestorben sei. Nun sei es wieder ein reiner Männerclub. Manche Briefmarkensammler kämen auch nicht mehr an Tauschbörsen im Club, sondern suchten und verkauften ihre Sammlerstücke über Ricardo, Ebay oder über das spezialisierte Portal Delcampe in Belgien. Die Preise seien eher gesunken in letzter Zeit, die Nachfrage werde kleiner. Man spüre, dass immer weniger Briefmarken und Münzen sammelten.

Manchmal werde er gefragt, was Briefmarken wert sein könnten, die man im Nachlass Verstorbener gefunden habe. Er müsse diese Leute meist enttäuschen: fast nichts oder jedenfalls nicht viel. Eine Ausnahme bildeten ungestempelte, guterhaltene Briefmarken. Die würden mit etwa 50 oder 70% ihres Frankaturwertes entschädigt. Denn man könne sie – im Unterschied zu alten Banknoten – noch immer brauchen. Wirkliche Seltenheiten unter den Briefmarken – wie zum Beispiel das berühmte «Basler Dybli» – seien aber schon ein paar Tausend Franken wert. Solche Stücke finde man aber kaum je in Nachlässen.


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