Ob mit dem Velo, mit Holz, Metall oder Ton
17.12.2022 Mettauertal, Wil, PersönlichHelen und Peter Schraner, ein kreatives Wiler Ehepaar
Im Rampenlicht stehen, ist nicht ihr Ding. Abseits von Rastlosigkeit und grosser Beachtung lässt das Paar viel lieber in harmonisch meditativer Kreativität und mit unverkrampfter Neugierde seine vielfältigen künstlerischen Werke entstehen. Der Laie kommt ins Staunen, was das handwerklich begabte Ehepaar Helen und Peter Schraner alles in erfüllender Freizeitbeschäftigung angeht.
Paul Roppel
Unvoreingenommen, keck und unternehmungslustig gehen Helen und Peter Schraner ihre Ideen an. Dies offensichtlich nicht nur bei ihren künstlerischen Freizeitbeschäftigungen. «Wir haben vor kurzem ein herrliches Ferienexperiment gemacht. Das war ein Supererlebnis», kommt Peter Schraner (58) beim Treffen mit der NFZ ins Schwärmen. «Vor einigen Jahren waren wir mit der Familie in Wien. Seither war es mein stiller Wunsch, wieder einmal im Prater die feinen Schweinshaxen zu essen», erzählt er weiter und kommt zum Clou. «Es hat nun geklappt; wir sind mit unseren Mountainbikes und einem Anhänger in zwei Wochen von Wil nach Wien gefahren, zurück mit dem Zug bis Feldkirch, dann per Velo wieder heim geradelt, rund 1200 Kilometer», lacht er verschmitzt.
«Wenn wir’s jetzt nicht machen, werden wir’s nie mehr auf die Reihe bringen», lautete der Ansporn zur Ausführung. Am ersten Tag radelte das Paar bis nach Donaueschingen und von dort an immer der Donau entlang bis nach Wien. «Am dritten Tag haben wir die Hälfte des Gepäcks im Anhänger auf 15 Kilo reduziert und den Rest nach Hause geschickt; von da an ging es flotter.»
Frühstück als Ritual
Täglich seien sie bis zu 120 Kilometer gefahren. Übernachtungsmöglichkeiten, ohne Morgenessen, seien jeweilen am Vortag übers Internet gesucht und reserviert worden. «So um sieben Uhr ging es jeweils los und dann haben wir immer eine feine Bäckerei gesucht, wo wir gegen neun Uhr herrlich ausgiebig gefrühstückt haben», bringt Helen Schraner (56) ein Ritual und Highlight des Tages an. «Wir hatten nie eine Krise und auch keine Panne. Es war ein herrliches Erlebnis und wir haben Feuer gefangen für eine nächste Velotour», erzählt sie. «Nur, das Pläneschmieden liegt uns eher nicht», gestehen sie; das Spontane spreche ihnen mehr zu. Das seit 31 Jahren verheiratete Paar lässt sich gerne inspirieren und lebt seine Kreativität auch im Handwerklichen aus. Was das umfassen kann, zeigt ein Blick in den grossen Garten, wo ein Sammelsurium an Handwerkstücken geschmackvoll arrangiert ist: Grosse rustikale Vögel, hergestellt aus einer Kombination aus rostfreiem Stahl und gesprenkelten Steinen. Töpfereiwaren wie Krüge, Kugeln, Schalen, Herzen und Windlichter. Spiegelblanke metallene Motorradminiaturen, Schnecken und Fantasiefiguren. Des Weiteren aus Baumstämmen gefräste und geschnitzte Eulen und Adler, knorrige Wurzelmännchen und manches mehr.
Experimentierfreudig und ehrgeizig
«Mir hat es vor rund einem Vierteljahrhundert bei einem Schnupperkurs fürs Töpfern bei den Landfrauen den Ärmel reingenommen», erinnert sich Helen Schraner an ihre ersten Handarbeiten mit dem Werkstoff Ton. «Weil es mir so gut gefallen hat, wollte ich mehr erfahren und habe regelmässig Kurse in Oberhofen und bei Annemarie Zumsteg in Wil besucht», ergänzt die unternehmungslustige Frau, die in Wil noch kurz vor der Fusion im Gemeinderat aktiv war.
«Eine enorme Bereicherung und eine Fundgrube an Erfahrungen, neuen Techniken und Farbenspielen sind dann die einwöchigen Töpferferien im Tessin bei Peter Brunner, einer Koryphäe in diesem Metier, wo ich nun zum sechsten Mal hinfahre», gibt sie weiter preis. Zudem komme einmal pro Woche eine Freundin vorbei, mit welcher neue Werke geschaffen werden, die dann in dem vor zwei Jahren angeschafften Brennofen komplettiert werden. «Ich experimentiere gerne, arbeite mit Strukturen, Farben, Formen und Schichten. Was mir nicht gefällt, überlebt nicht», umschreibt sie ihre Neugierde für Neuartiges und ihren Ehrgeiz für Gefälliges. Als gelungenes Kunststück präsentiert sie einen filigranen Eisvogel aus Keramik in schillernden Farben.
Formen von Holz und Metall
«Töpfern ist für mich mentale Entspannung pur», ergänzt die in Gansingen mit sieben Schwestern auf einem Bauernhof aufgewachsene und beruf lich als ausgebildete Familienhelferin tätige Gestalterin. Quasi als Krönung werden die schönsten Prunkstücke auf fein gefaserten oder mit Schnitzereien verzierten Holzblöcken oder kreativen Metallgestellen platziert, welche natürlich in der Werkstatt von Peter entstanden sind. «Die Ideen sind uns noch nie ausgegangen. Wir ergänzen uns sehr gut», meinen die beiden unisono, die sich eher als Handwerker, denn als Künstler sehen.
«Zum Holzschnitzen bin ich über ein Inserat gekommen, wo das Carving mit Kettensägen angepriesen wurde. Der amtierende Schweizermeister Toni Flückiger hat 29 Förster und mich ins Metier eingeführt», schmunzelt Peter Schraner. «Als gelernter Heizungsmonteur arbeite ich gerne mit Metallen, aber das Bearbeiten von Holz hat mich sehr angesprochen», erzählt er weiter, der auf einem kleinen Bauerngut in Wil aufgewachsen ist.
Dank ausgeprägt gutem räumlichem Vorstellungsvermögen und üben, üben, üben, seien inzwischen rund zwei Dutzend Holzskulpturen entstanden wie Drachen, Eulen, Adler, Specht, Schildkröten, Häuschenschnecken, Bänke, Brunnentrog und ein Meili Traktor. Beteiligt hat er sich auch am Kaister Köhlerfest, wo er einen Adler schnitzte, der versteigert worden ist. Dreimal habe er mit seinen Motorsägen schon an einem Schnitzerwettbewerb teilgenommen. «Der Zeitdruck ist mir zu stressig», meint Schraner, der von sich sagt, er sei eher ein Perfektionist. Deshalb hat er sich in einem Schnitzkurs Finessen zeigen lassen. Gerne arbeitet er mit feinem Schnitzmesser an über 50-jährigem knorrigen Rebholz, wo ihn die Kontraste, Formen und Farben ansprechen. Als Geschenke fertigt er mit der feinen Decoupiersäge auch hölzerne Stammbäume von Familiengenerationen an.
Als frappanter Gegenpol liegt ihm das Formen, Brennen und Schweissen von Metallen, wo Feuersäulen, grossblättrige Blumen, Tiere und Vögel entstehen. Er hat auch schon andere von seinem Können profitieren lassen. «18 Landfrauen waren begeistert, als sie bei uns ihre Metallvögel selber zusammenschweissen durften. Das hatte Nachwirkungen, denn der Kurs musste für ein paar Ehemänner wiederholt werden», schmunzelt Peter Schraner.