Frischer Wind im Orchester beider Rheinfelden
27.11.2022 Musik, Rheinfelden, PersönlichClara Kost freut sich auf ihr erstes Konzert
Vieles hat sich beim Orchesterverein Rheinfelden (OVR) nach dem vergangenen Konzert im März verändert. Nach dem Abgang des langjährigen Dirigenten Lukas Merkelbach wirkt seitdem eine junge Dirigentin als musikalische Leiterin. Nun steht ihr erstes Konzert bevor.
Birgit Schlegel
Bereits in ihrem Probedirigat habe es harmoniert, erinnert sich die 26-jährige Clara Kost. «Ich habe mich deshalb riesig gefreut, dass es mit meiner Wahl geklappt hat!» Ein erster wichtiger Schritt also in ihrer noch jungen Laufbahn als Dirigentin. Denn sie selbst befindet sich noch im Schlussspurt ihres Studiums an der Musikhochschule Basel. Chorleitung und Dirigieren sind ihre Hauptfächer. Im kommenden Dezember steht ihre letzte grosse Prüfung bevor: in der Marienkirche Basel wird sie ein öffentliches Konzert mit Werken für Chor und Harfe dirigieren, welches zugleich ihr bewerteter Masterabschluss sein wird.
Klavier, Violine, Gesang
Clara Kost ist in Luzern in einer Musikerfamilie aufgewachsen. Der Vater war bis zur Pensionierung Dozent für Musiktheorie an der Musikhochschule Luzern, die Mutter ist Organistin und leitet einen Kirchenchor. Wenig überraschend also, dass Claras Kindheit vom Musizieren geprägt war. Die Violine hat sie im Kindergarten entdeckt, in der Jugendzeit kam das Klavierspielen dazu, zudem sang sie mit Begeisterung in einem Kinderchor mit. An der Musikhochschule Luzern hat sie sich für Schulmusik und Dirigieren eingeschrieben. «Das Dirigieren hat mir wahnsinnig gut gefallen, so dass ich mich nach dem Studienabschluss für einen weiterführenden Studiengang an der Musikhochschule in Basel entschieden habe.» Und da ihr jetziger Dozent Raphael Immoos – als Chorleiter nicht mehr aus der internationalen Chorszene wegzudenken – immer wieder Dirigieranfragen erhalten hat, hat Clara Kost ihre Chance beim OVR wahrgenommen und die Einladung zum Probedirigieren sofort angenommen. Seit den Frühlingsferien steht sie nun wöchentlich vor dem Orchester und bereitet mit ihren Musikerinnen und Musikern das neue Konzertprogramm vor. Obwohl sie mit der Leitung des Kirchenchors in Horw bereits über viel Erfahrung verfügt, hat sie mit dem OVR Neuland betreten. «Es ist das erste Orchesterprojekt, das ich im Konzert leite», so die junge Dirigentin, denn bisher waren es jeweils nur Projekte innerhalb ihres Studiums. «Es ist schon speziell, als junge Person vor Menschen zu stehen, die viel mehr Lebenserfahrung haben als ich. In der Probe merke ich den Altersunterschied kaum. Denn wenn es sich um die Musik dreht, benutze ich eine Sprache, so meine ich, die für alle verständlich ist.» Kommt sie nach der Probe aber als Privatperson ins Gespräch mit den einzelnen Mitgliedern, dann merke sie die grosse Altersdurchmischung ihres Orchesters. «Da ist von der Schülerin bis zum längst Pensionierten jede Altersklasse vertreten.» Die in Rheinfelden wohnende Konzertmeisterin Ursula Schnepp, die ebenfalls im Frühling ihre langjährige Vorgängerin Monika Kordowich abgelöst hat, konnte viele junge Instrumentalistinnen und Instrumentalisten dazu animieren, beim kommenden Konzert mitzuwirken. «Ich hoffe sehr, dass die jungen Teilnehmerinnen und Teilnehmer danach feste Orchestermitglieder werden.» Sowieso ist Clara Kost bestrebt, junge Musikerinnen und Musiker zu fördern. Deshalb sieht sie auch vor, den Kontakt zur Musikschule Unteres Fricktal zu suchen und wenn möglich mit ihr zusammenzuarbeiten. Begabtenförderung wäre zum Beispiel ein Thema. «Junge talentierte Schülerinnen und Schüler als Solisten zu haben wäre doch super! Oder gemeinsame Konzerte mit den Streichensembles der Musikschule!»
Dirigieren üben
Nun steht der OVR vor dem ersten Konzert unter ihrer Leitung. Bereits im vergangenen Februar hat Clara Kost gemeinsam mit der neuen Konzertmeisterin das Programm geplant. Werke von Grieg, Sibelius, Borodin und Rachmaninov haben sie unter dem Titel «Heimat und Ferne» ausgewählt. Allesamt anspruchsvolle Werke sind dies. Zudem haben sie mit der Sopranistin Gry Knudsen, Lehrperson für Gesang an der Musikschule Unteres Fricktal, eine lokale Solistin hinzugezogen. Einen roten Faden will Clara Kost in ihren Programmen haben. Denn sie möchte dem Publikum nicht nur die musikalische Sicht eines Werkes darbieten, sondern auch Hintergründe und Zusammenhänge aufzeigen.
Doch wie bereitet sie sich als Dirigentin eigentlich vor? Die Partitur gründlich studieren, also den harmonischen Zusammenhang und formalen Aufbau analysieren ist Grundlage. Darauf aufbauend eine musikalische Interpretation entwickeln – eine Vision, die mit Gestik und Mimik dem Orchester vermittelt werden soll. Die verschiedenen Einsätze, die sie zu geben hat, den jeweiligen Instrumenten zuordnen und in der Partitur markieren. Und immer wieder selber Passagen auf der Geige spielen. «So kann ich die Schwierigkeiten der einzelnen Stellen besser einschätzen und die Probenarbeit danach ausrichten. Auch bekomme ich dadurch ein besseres Verständnis für eine musikalische Interpretation.» Dass sie immer noch als Geigerin im Zentralschweizer Jugendsinfonieorchester mitwirkt, erweist sich dafür als Vorteil. Zu guter Letzt darf das Dirigieren-Üben natürlich nicht fehlen, «Am wichtigsten ist es, die Partitur sehr gut zu verinnerlichen. Aber auch die Schlagtechnik muss geübt werden. Manchmal stelle ich mich dafür vor den Spiegel.» Auch würde sie gerne noch ein Blasinstrument lernen, damit sie auch diese Instrumentengattung als Dirigentin noch besser kennenlernt. «Klarinette oder Trompete kann ich mir gut vorstellen. Und dann ist da natürlich auch noch das Schlagzeug!», meint sie lachend. Das Publikum des nächsten Konzertes darf gespannt sein, wie sich diese positive Energie und das grosse Engagement dieser jungen Musikerin auf das Orchester auswirken wird.
Nächstes Konzert des Orchestervereins Rheinfelden: Sonntag, 27. November, 17 Uhr, Kurbrunnensaal Rheinfelden
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