Öl-Turbinen sollen im Notfall für Roche Strom produzieren
29.11.2022 Kaiseraugst, WirtschaftDer Pharmamulti Roche will auch im Falle eines Blackouts oder einer Strommangellage seine lebenswichtigen Medikamente herstellen können. Deshalb werden die Standorte Kaiseraugst und Basel mit Turbinen ausgerüstet, die im Notfall genügend Strom für den Betrieb produzieren. Pro Stunde verbrauchen diese je 3000 Liter Heizöl.
Valentin Zumsteg
Es sind besondere Zeiten. Niemand weiss, ob es diesen Winter zu einer Strommangellage mit Kontingentierung oder gar zu einem Blackout kommen wird. «Wir als Roche müssen uns auf verschiedene Situationen und Eventualitäten vorbereiten», sagte Jürg Erismann, Standortleiter Basel-Kaiseraugst, am Freitag vor den Medien. Eine unterbrechungsfreie Energieversorgung sei für die beiden Roche-Standorte elementar. «Die Erforschung und Produktion von lebenswichtigen Medikamenten muss unter allen Umständen aufrechterhalten werden», erklärte Erismann. Das Gleiche gelte für die Kühllagerhaltung und die weltweite Logistik. Ein mehrstündiger Stromunterbruch sei keine Option.
Millionen-Investition
Aus diesem Grund hat Roche zwei so genannte Vielstoff-Turbinen gekauft, die mit Erdgas oder Heizöl, später aber auch mit Wasserstoff betrieben werden können. Die Anlage für den Standort Basel ist bereits vergangene Woche geliefert worden, sie wird derzeit installiert. Ab Anfang Januar soll die Turbine, die über eine Leistung von zirka 13 Megawatt verfügt, einsatzbereit sein. Die Anlage für Kaiseraugst (11 Megawatt) wird etwas später eintreffen, soll aber ebenfalls ab zirka Mitte Januar zur Verfügung stehen. Erismann betonte, dass beide Anlagen nur im Notfall eingesetzt werden, wenn sonst kein Strom verfügbar ist.
Als Brennstoff soll schwefelarmes Heizöl verwendet werden. «Wir haben eine grössere Menge eingekauft, das Öl wird aber nicht bei uns gelagert. Im Notfall müssen wir eine Logistik aufziehen», so Erismann. In Betrieb werden die Turbinen je rund 3000 Liter Heizöl pro Stunde verbrennen, das wären pro Tag je 72 000 Liter. Mit dem erzeugten Strom könnten an beiden Standorten die kritische Infrastruktur und die wichtigen Produktions-, Forschungs- und Kühlanlagen versorgt werden. «Im Falle einer Kontingentierung wäre damit der Standort Basel/Kaiseraugst unabhängig vom öffentlichen Stromnetz. Damit würde Roche das öffentliche Netz entlasten, zudem könnte überschüssige Energie eingespeist werden», schilderte Erismann.
Bewilligungen liegen noch nicht vor
Sowohl in Basel als auch in Kaiseraugst werden die Notstromaggregate, die drei Meter breit und 18 Meter lang sind, auf dem Areal im Freien aufgestellt. Da sich die Anlage in Basel zwischen verschiedenen Gebäuden befindet, braucht es dort einen 52 Meter hohen Kamin. In Kaiseraugst ist eine Höhe von 15 Metern vorgesehen, dort wird die Turbine neben der Heizzentrale (entlang der Autobahn) errichtet. Das Investitionsvolumen pro Anlage liegt im hohen einstelligen Millionen-Bereich.
Noch liegen die Bau- und Betriebsbewilligungen weder für Basel noch für Kaiseraugst vor, wie Erismann ausführte. «Wir sind mit den Behörden in Kontakt. Derzeit läuft sehr Vieles parallel.» Wegen der zeitlichen Dringlichkeit sei dieses Vorgehen notwendig. «Wenn die Turbinen mit Heizöl betrieben werden, kann die Luftreinhalte-Verordnung knapp nicht eingehalten werden. Der Einsatz wäre aber zeitlich begrenzt», so Erismann. Er geht davon aus, dass es im Notfall eine Ausnahmebewilligung geben wird. Gleichzeitig bekräftigte der Standortleiter, dass Roche in Basel und Kaiseraugst bis 2030 frei von fossilen Energieträgern werden möchte.