«Es ist eine Berufung»
09.10.2022 Herznach, Religion, PersönlichSchwester Frieda hat sich für das Leben im Kloster entschieden
Vor 60 Jahren hat die gebürtige Herznacherin Frieda Jäger im Kloster Ilanz ihr Gelübde als Ordensschwester abgelegt. Bereut hat sie es keinen einzigen Tag. Sie bildete sich im Kloster zur Schriftsetzerin aus, leitete die Setzerei viele Jahre lang, betreute danach die Landwirtschaft und kümmert sich als Imkerin bis heute mit viel Herzblut um ihre Bienenvölker.
Susanne Hörth
Schwester Frieda lacht laut und herzlich. Die etwas zögerliche Frage der Journalistin – das Gespräch findet telefonisch statt – ob auch nach 60 Jahren der Entscheid für ein Leben im Kloster nach wie vor der richtige sei, beantwortet sie nun mit fester und ernster Stimme: «Auf jeden Fall. Es ist eine Berufung.» Am 23. September 1962 legte die damals 20-jährige Sr. Frieda Jäger aus Herznach im Kloster Ilanz ihr Gelübde ab. Vor zwei Wochen feierte sie ihre Profess zusammen mit anderen Jubilarinnen in einem feierlichen Gottesdienst.
Der Glaube habe für sie schon immer eine Rolle gespielt. Auch schon in der Kindheit. Weniger die Tatsache, dass auch die Schwester der Mutter eine Ordensfrau war, als vielmehr Begegnungen während ihres Haushaltsjahres in Chur, hatten in ihr den Wunsch reifen lassen, ein Leben für und mit Gott zu führen. «Ich kam damals in engen Kontakt mit den Schwestern vom Kloster Ilanz.» In diesem, das spürte die junge Fricktalerin schon bald, ist auch ihr Platz. In ihrem ersten Jahr im Kloster, dem Noviziat*, wurde sie in diesem Entscheid immer wieder aufs Neue bestätigt.
Bis heute habe sich daran nichts geändert. Wieder erklingt ihr fröhliches Lachen. «60 Jahre bedeuten für mich Dankbarkeit und ein grosses Lob an Gott. ER ist uns treu.» Sie vergleicht es mit einer Ehe. Auch dort sei das Vertrauen und die Treue das höchste Gut.
Dankbar sei sie zudem für das Glück, für die Zufriedenheit und die Geborgenheit in der Gemeinschaft, die sie seit so vielen Jahrzehnten erleben dürfe. «Nein», betont sie auf die wiederum etwas schüchterne Frage, ob man als Nonne, als Klosterfrau von der «Aussenwelt» etwas ausgegrenzt, seltsam angeschaut werde. «Nein, überhaupt nicht.»
Glauben, Berufung und Ausbildung
Mit ihrem öffentlichen Gelübde und damit verbunden dem endgültigen Eintritt in den Orden der Dominikanerinnen versprach die junge Herznacherin in mündlicher und schriftlicher Form, ihr künftiges Leben Gott und den Menschen zu weihen. Die grosse Bedeutung in diesem Versprechen ist seither gelebter Alltag von Schwester Frieda. Dass dieser Alltag in der Klostergemeinschaft sehr vielfältig ist, wird spätestens im weiteren Gespräch mit ihr deutlich. «Nach meinem Noviziat begann ich in der Klosterdruckerei eine Lehre als Schriftsetzerin und leitete dann bis in die 80er-Jahre die Setzerei.» Während dieser Zeit betreute sie auch die Klosterzeitung. «Heute gibt es den Schriftsetzer-Beruf in seiner ursprünglichen Art leider nicht mehr. Es findet das Meiste am Computer statt.»
Die Imkerin
«Kreativ sein und gestalten liegt mir auch heute noch.» Diese Kreativität verbunden mit der Liebe zur Natur kamen nach der Arbeit in der Setzerei ebenfalls zum Tragen. «Ich habe 20 Jahre lang die Landwirtschaft bei uns betreut.» In dieses Tun fügte sich zudem eine weitere Herzensaufgabe von Schwester Frieda gut ein. Schon in frühster Kindheit hatte sie ihre Liebe zu Bienen entdeckt. «Zuhause bei uns in Herznach war ich zusammen mit meinem Bruder für unsere Bienenvölker besorgt.» Seit den 1970er-Jahren und bis heute ist sie als Imkerin für die Bienen im Kloster zuständig. Ihr Wissen gibt sie regelmässig in Führungen, Vorträgen und Kursen weiter. «Von Bienen kann man so viel lernen.» Und wieder erwähnt sie die Treue. Diese gelte auch für die fleissigen Insekten. «Als ich am Vorabend unserer Profess spontan gebeten wurde, etwas zu sagen, sprach ich unsere Oberin an. Mein Dank galt ihr. Ihre Anwesenheit gibt uns Sicherheit und Ruhe. Genauso ist es bei den Bienen. Die Königin sorgt für Sicherheit. Sie ist immer da.»
Schwester Frieda betont zudem: «Bienen vergessen, uns die Rechnung zu stellen. Sie machen alles umsonst für uns.» Sie unterbricht an dieser Stelle und lacht wieder herzlich: «Merken Sie, wenn es um Bienen geht, da fliesst bei mir einfach das Herz über.» Auch nach vielen Jahrzehnten als Imkerin würde sie stets von Neuem von den fleissigen Insekten lernen. Dankbar ist sie, dass sie in all der Zeit, in der überall vom Bienensterben die Rede war, nie ein Volk verloren hat. Schädlich für die Tiere sei ganz sicher die zunehmende Monokultur. «Zum Glück ist das bei uns nicht so.» Elf Völker betreut sie zurzeit.
«Natürlich», meint sie auf die Frage, ob die Bienen bereits auf die Winterruhe vorbereitet seien. Das Bienenhäuschen sei geputzt, die Fenster reinige sie nach ihren Ferientagen. Diese verbringt sie auf der Alp. Diese Tage haben lange auf sich warten lassen. Weil die 80-jährige Schwester Frieda nach wie vor auch die Rezeption im Kloster betreut, mussten erst ihre Stellvertretungen geregelt werden. Umso mehr geniesse sie nun die Alp, umgeben von der schönen Natur, welche sie so sehr zu schätzen weiss.
Veränderungen im Kloster
«Als ich ins Kloster eingetreten bin, waren wir über 500 Schwestern, heute sind wir noch 80. Viele von uns schon älter.» Mit dieser Aussage verdeutlicht sie, wie auch das Leben im Kloster in Bezug auf seine Menschen einer Veränderung unterworfen ist. Für Schwester Frieda ist es aber auf jeden Fall der Ort, wo sie hingehört und in der Gemeinschaft mit Gott und ihren Mitmenschen voller dankbarer Zufriedenheit ist.
*Das Noviziat ist die Zeit der Ausbildung, in der jemand, der neu in eine christliche Ordensgemeinschaft eingetreten ist, sich in der Ausbildung und Vorbereitung auf die zeitlichen Ordensgelübde befindet.