Ein Raub der Flammen

  16.10.2022 Rheinfelden

Im Jahre 1897, also vor 125 Jahren, ist ein grosser Teil der alten Holzbrücke in Rheinfelden einem Feuer zum Opfer gefallen. Schon kurze Zeit später wurde eine Notbrücke erstellt, denn der Grenzverkehr war schon damals von grosser Bedeutung. (vzu)


Als ein Feuer die Rheinbrücke zerstörte

Vor 125 Jahren ereignete sich ein Drama in Rheinfelden

Im Juni 1897 brannte die Holzbrücke zwischen Rheinfelden und dem Badischen bis auf die Grundmauern nieder. Schnell wurde eine Notbrücke erstellt, denn der grenzüberschreitende Übergang war wie heute von grosser Bedeutung.

Valentin Zumsteg

Es muss ein schauriger Anblick gewesen sein, der sich am Samstag, 12. Juni 1897, den Rheinfelderinnen und Rheinfeldern bot. Die «Volksstimme aus dem Frickthal» fasste es so zusammen: «Abends um 7 Uhr erschreckte Feuerlärm die Bewohner unseres Ortes; die grosse Brücke, welche den ‹Stein› mit dem badischen Ufer verbindet, war in Brand geraten. Passanten, welche kurz vorher noch über die Brücke gegangen waren, hatten nichts Verdächtiges bemerkt, während andere schon früher einen Brandgeruch wahrgenommen haben wollen. Der Herd des Feuers scheint unter dem Brückenboden des mittleren Jochpfeilers gewesen zu sein.»

Alle Anstrengungen der Feuerwehr blieben erfolglos
Diese Brücke war eine Holzkonstruktion, die 1807 erstellt worden war. «Als das Feuer bemerkt wurde, glaubte man, es noch leicht löschen zu können, allein der heftige Windzug fachte es immer stärker an, es frass sich im Unterbau des grossen Bogens rasch weiter gegen das Beckenjoch hin und alle Anstrengungen der Feuerwehr blieben deshalb erfolglos», notierte der Berichterstatter der Lokalzeitung. Das für Rheinfelden wichtige Bauwerk war nicht mehr zu retten. Um 20.30 Uhr sank der grosse Bogen krachend in die hochgehenden Fluten und trieb brennend Basel zu. «Die Feuergluth hatte einen weiteren Brückenbogen gegen das Burgkastell hin ergriffen und der Beckenthurm glich jetzt einem nach dem Rhein offenen mächtigen Feuerofen. Unheimlich schön glühte der mächtige Feuerbrand in die inzwischen angebrochene Nacht hinaus, weithin die Wogen des Rheines beleuchtend. Um 10 Uhr sank der zweite Bogen, eine mächtige Feuergarbe emporwir-

belnd, in die Fluten. Nur der an das Burgkastell stossende Bogen konnte erhalten werden», berichtete die Zeitung. Der Artikel endete mit folgenden Zeilen: «In manch einem Rheinfelder Auge soll eine Träne gestanden haben, als das alte Wahrzeichen der Stadt, an das sich ein so reiches Stück Geschichte knüpft, ein Raub der Flammen wurde.»

Der Brand war aber nicht für alle ein Drama – vor allem auf badischer Seite nicht. So notierte das «Oberbadische Volksblatt» in Lörrach ein paar Tage nach dem Feuer: «Metzger, Bäcker und Wirte auf badischem Ufer reiben sich die Hände ob ihrem guten Geschäfte, denn jetzt zeigt sich wieder einmal so recht deutlich, wie viel Geld immer täglich nach Rheinfelden geschleppt wurde. Dieses gute Geld bleibt vorerst in Baden, weswegen wir es auch entschuldigen können, wenn erst heute die Wasser- und Strassenbautechniker und die Regierungsräte der Schweiz und Badens zusammentreten, um zu beraten, wie dem Verkehrshemmnis zu begegnen ist. Das Geld, wie gesagt, bleibt so lange im Lande, die geehrten Rheinfelder Schweizernachbarn können sich mit Musse die Zähne ausstochern.»

Zuerst eine Fähre, dann eine Notbrücke
Trotzdem wurde alles daran gesetzt, die Verbindung über den Rhein schnellstmöglich wieder zu erstellen. In einem ersten Schritt wurde bei der Salmenbrauerei ein Fährbetrieb über den Rhein eingerichtet. Bereits Mitte August konnte eine Notbrücke aus Eisen in Betrieb genommen werden, die Firma Buss & Comp. Pratteln hatte sie erstellt. «Noch am selben Abend wurde der Verkehr auf der Brücke eröffnet und der Betrieb der Drahtseilfähre eingestellt. Am Abend war denn auch auf der Brücke ein Gewoge von Menschen hin und her, als hätte eine Völkerwanderung begonnen. Hüben und drüben atmete man förmlich erleichtert auf, dass die Sache nun so weit in Ordnung und der feste Rheinübergang wieder hergestellt ist», schrieb die Volksstimme.

Erst 1911 begann der Bau der heutigen Brücke. Sie konnte im Dezember 1912 eröffnet werden. Der vom Brand verschonte linksrheinische Kopfteil der Holzdeckung der Vorgängerbrücke ist heute noch auf dem Inseli aufgestellt. Die neue Brücke ist aus Beton – gebrannt hat sie noch nie. Doch bei Hochwasser war auch dieser Übergang schon in Gefahr.


Image Title

1/10

Möchten Sie weiterlesen?

Ja. Ich bin Abonnent.

Haben Sie noch kein Konto? Registrieren Sie sich hier

Ja. Ich benötige ein Abo.

Abo Angebote