Zoff um Quartierladen

  23.09.2022 Rheinfelden, Wirtschaft

Diskussion um Zukunft des Denners im Roberstenquartier

Der Denner-Laden im Rheinfelder Roberstenquartier ist beliebt – vor allem auch am Sonntag. Seit längerem gibt es Diskussionen um die Öffnungszeiten und die Verkehrssituation. Die Stadt verlangt ein neues Baugesuch und untersagt die Anlieferung mit Lastzügen, die länger als zehn Meter sind. Die Kunden wollen sich für den Laden wehren.

Valentin Zumsteg

«Ein Nachbar will diesen Laden vernichten», sagt Gerhard Zurlinden. Ihm gehört die Liegenschaft an der L’Orsa-Strasse 19 in Rheinfelden. Dort ist seit vielen Jahrzehnten ein Quartierladen untergebracht, seit einigen Jahren ist es ein Denner. Der Laden erfreut sich grosser Beliebtheit, vor allem am Sonntag hat es jeweils viele Kundinnen und Kunden. 2018 erfolgte ein grosser Umbau, in den Zurlinden und Denner einige Hunderttausend Franken investierten. «Seither gibt es Ärger mit diesem Nachbarn», sagt Zurlinden. Er kann dies nicht verstehen, früher habe man immer ein gutes Einvernehmen gehabt.

Kunden wollen sich für Laden wehren
Die Schwierigkeiten, mit denen der Laden kämpft, werfen auch in der Facebook-Gruppe «Du bisch vo Rhyfälde, wenn…» hohe Wellen. Dort fürchten viele, dass der beliebte Laden geschlossen werden könnte oder seine Öffnungszeiten einschränken muss. Es ist sogar eine Unterschriftensammlung lanciert worden, um die Zukunft des Geschäfts zu sichern.

Bei der Stadt Rheinfelden ist die Situation rund um den Laden seit längerem ein Thema. «Quartierläden sind grundsätzlich sehr willkommen. Wie der Name aber bereits sagt, decken sie in der Regel das Einkaufsbedürfnis eines Quartieres oder darüber hinaus für die benachbarten Quartiere ab», sagt Stadtschreiber Roger Erdin auf Anfrage der NFZ. Sie sollten deshalb für die meisten zu Fuss oder mit dem Fahrrad zu erreichen sein. «Im Falle des Denners im Quartier Robersten hat sich dieser unter anderem mit seinem Ladenöffnungskonzept und dem Discounter-Angebot in den letzten Jahren jedoch derart entwickelt, dass der Laden weit über die Grenzen der Stadt Rheinfelden hinaus Kundinnen und Kunden anlockt, was regelmässig zu Verkehrsüberlastung und gefährlichen Situationen im Quartier führt», hält der Stadtschreiber fest. Die Fahrzeuge werden gemäss Erdin auf der Strasse oder auf benachbarten Privatgrundstücken abgestellt.

Baurechtliche Vorschriften nicht eingehalten?
Der Stadtrat befasst sich deshalb bereits seit 2018 mit diesem Thema. «Es bestehen Anhaltspunkte dafür, dass die massgebenden baurechtlichen Vorschriften nicht mehr eingehalten sind, was das Mass der Verkehrsentwicklung, die Anlieferung oder die Parkierung betrifft. Die aktuellen Öffnungszeiten am Sonntag sind jedenfalls baurechtlich nicht bewilligt.»

Die Stadt habe versucht, im Rahmen von Gesprächen eine Lösung zu finden. «Nachdem diese Gespräche mit der Betreiberin keine Lösung brachten, blieb dem Stadtrat keine andere Wahl, als die Betreiberin im Jahre 2021 mittels Verfügung aufzufordern, für das Ladengeschäft innert 60 Tagen für die aktuelle Nutzung ein Baugesuch einzureichen oder das Ladengeschäft auf den bewilligten Zustand gemäss Baubewilligung zu reduzieren», schildert Erdin. Gegen diesen Entscheid führte die Betreiberin Beschwerde, zuerst beim Departement Bau, Verkehr und Umwelt des Kantons Aargau (BVU), das auf die Beschwerde nicht eingetreten ist und den Beschluss insoweit bestätigt hat. Am 22. Juni 2022 hat das Verwaltungsgericht des Kantons Aargau eine gegen den Entscheid des BVU erhobene Beschwerde abgewiesen. «Die Stadt sieht sich damit in ihrem Vorgehen bestätigt und ist in Erwartung des Baugesuches. Im Rahmen dieses Gesuchs soll geprüft werden, mit welchen Rahmenbedingungen der Quartierladen künftig geführt werden kann», erklärt Erdin.

Ein Dorn im Auge ist der Stadt auch die Anlieferung: «Diese erfolgt zum Teil mit grossen Sattelschleppern. Die Verkehrssituation auf den Quartierstrassen lässt dies aber vernünftigerweise gar nicht zu. Die Stras se und das Trottoir werden durch den Sattelschlepper für Fussgänger und Fahrzeuge blockiert. Kinder werden auf ihrem Schulweg daran gehindert, auf dem Trottoir zur Schule zu gehen und weichen über Nachbargrundstücke aus», sagt Erdin und ergänzt: «Es ist beispielhaft dokumentiert, wie es auch nach dem Entscheid des Verwaltungsgerichts bei einem Manöver mit einem Sattelschlepper zu einer gefährlichen Situation mit Kindern gekommen ist.» Deswegen habe der Stadtrat mit Entscheid vom 8. September 2022 verfügt, dass der Warenumschlag mittels LKW oder grösseren Lieferwagen (Länge über 10 Meter) für den Lebensmittelladen einzustellen sei. «Die Fahrzeuge der Anlieferung sind so zu wählen, dass durch den Warenumschlag keine gefährlichen Situationen geschaffen werden und der Verkehr weder behindert noch gefährdet wird», schreibt die Stadt.

Vermieter widerspricht der Stadt
Gerhard Zurlinden ist enttäuscht über das Vorgehen der Stadtverwaltung. «Der Laden ist wichtig für das Quartier. Das hat sich gerade auch in der Corona-Zeit gezeigt.» Er betont, dass der überwiegende Teil der Kundschaft aus dem Quartier stammt, dies habe eine Umfrage im Laden ergeben. Die Darstellung zur Verkehrssituation kann er nicht nachvollziehen. Er glaubt, dass sich die Stadt dabei lediglich auf Aussagen und Fotos eines Nachbarn stützt. In einem eingeschriebenen Brief an die Stadt hat Zurlinden deswegen diese Woche dargelegt, dass die Verfügung betreffend Anlieferung unverhältnismässig sei. «Bei Einschränkungen ist der Laden in seiner Existenz gefährdet», betont er.

Es ist davon auszugehen, dass in dieser Sache das letzte Wort noch nicht gesprochen ist.

 

 

 


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