Von «Hänschen klein» zu Bach und Mozart mit der Barockoboe

  28.09.2022 Musik, Rheinfelden, Persönlich

Das Fricktal ist Heimat oder Wohnort einer ganzen Reihe erstklassiger Musikerinnen und Musiker der klassischen Szene. Eine von ihnen ist die in Ostfriesland geborene Katharina Arfken. Sie wohnt in Rheinfelden, war drei Jahrzehnte Solo-Oboistin beim Freiburger Kammerorchester und Professorin an der Basler Schola Cantorum.

Edi Strub

Katharina Arfken zeigte ihre Talente schon früh. Als sie mit ihrem Vater einmal einen Musiker besuchte, war sie fasziniert von dessen Barockoboen. Dieser versprach ihr spontan, Oboen-Unterricht zu geben, falls sie es schaffe, mit dem Rohr (quasi dem Mundstück der Oboe) zwei Liedchen zu spielen. Für die kleine Katharina kein Problem. Schon nach wenigen Minuten hatte sie verstanden, wie man allein mit diesem Mundstück verschiedene Töne hervorbringen konnte. Sie spielte «Alle meine Entchen» und «Hänschen klein». Bis die Barockoboe «ihr» Instrument wurde, war es dann aber doch ein weiter Weg. Sie war neugierig und wollte auch anderes probieren. So spielte sie Jazz oder zum Beispiel indische Musik auf diversen Instrumenten.

Ein Anruf, der vieles veränderte
Sie machte viel Musik, aber dachte vorerst nicht daran, Berufsmusikerin zu werden. Stattdessen wollte sie «etwas mit Holz» machen – als Handwerkerin. Doch der Schreiner, den sie um eine Lehrstelle fragte, nahm sie nicht auf. Es gebe keine Toilette für Frauen in seiner Werkstatt, hiess die Begründung. Stattdessen machte Katharina dann eine Lehre bei einen Instrumentenbauer. Daneben machte Katharina weiterhin gerne Musik, doch ohne professionelle Ambitionen.

Da erhielt sie eines Tages völlig überraschend den Anruf eines Musik-Professors, der sagte, er hätte sie bei einem Auftritt spielen gehört und ihr Musizieren hätte ihn überzeugt. Sie habe viel Talent, das sie nutzen solle. «Ich war ganz durcheinander nach diesem Gespräch», erzählt Katharina Arfken. Denn sie habe immer gezweifelt, dass sie genügend Talent habe für eine Musikerkarriere. Und da sei nun plötzlich wie aus dem Nichts einer aufgetaucht, der an sie glaubte. Sie machte in der Folge mehrere Aufnahmeprüfungen an Musikschulen und bestand sie auch alle. Als sie dann aber in Hamburg ihr Studium anfangen wollte, empfahl ihre eine Professorin, doch besser nach Basel zu gehen an die berühmte Schola Cantorum. «Ich war damals schon einundzwanzig, für eine Musikstudentin eigentlich schon recht alt», sagt Katharina Arfken. Ein Instrument lerne man am besten und schnellsten in jungen Jahren. Aber sie habe sich ins Zeug gelegt, die Theorie erarbeitet und fleissig geübt. Als Instrumentenbauerin sei sie es ja gewohnt gewesen, neun Stunden am Tag zu arbeiten. Nach fünf Jahren ging es von Basel zum Weiterstudium nach Haag und 1990 wurde sie schliesslich Solo-Oboistin im «Europäischen Barockorchester». Mit diesem Ensemble für junge Musiker reiste sie um die ganze Welt und spielte mit den besten Dirigenten und Solisten. Das war der Grundstein ihrer Karriere als Barockoboistin.

Sehr anspruchsvoll
Warum spielen Sie eigentlich auf einer Barockoboe und nicht auf der modernen Oboe mit den vielen Klappen und der raffinierten Mechanik? frage ich, als sie mir ihre Instrumente zeigte. – «Nach meiner Meinung sollte man Mozart, Bach und all diese Komponisten auf den Instrumenten ihrer Zeit spielen. Weil die Komponisten ihre Werke für diese Instrumente geschrieben haben.» Diese alten Instrumente tönten anders als moderne Oboen. Nur mit diesen könne man so spielen, wie es den Intentionen und Vorstellungen der Komponisten der Barockzeit entspricht. Auf einer Barockoboe zu spielen, sei sehr anspruchsvoll, die Fingertechnik sei völlig anders als auf einer modernen, auch die Artikulation und die Tongebung. Darum sei es äusserst schwer, auf beiden Instrumenten wirklich gut zu spielen.

Dreissig Jahren lang spielte Katharina Arf ken im Freiburger Barockorchester. Das im Breisgau beheimatete Orchester ist eines der besten seiner Art und unternimmt regelmässig Konzerttourneen durch die ganze Welt. Vor zwei Jahren hat Katharina Arfken ihre Stelle bei diesem Orchester aufgegeben und spielt nur noch ab und zu als Gast dort. Stattdessen widmet sie sich vermehrt der Kammermusik. Ausserdem unterrichtet sie an der Schola Cantorum Basiliensis und gibt Meisterkurse. Katharina hat zwei Kinder, die sie früher mitunter auf ihre Konzertreisen mitnahm, was ihnen sehr gefallen habe. Wenn das nicht möglich war, sorgte ihr Mann für die Kinder. Er ist ein namhafter Historiker und hat sein Pensum entsprechend reduziert.

«Mit Rheinfelden sehr verbunden»
Ihren Wohnsitz hat die Familie in Rheinfelden/Schweiz. Früher in einer Genossenschaftswohnung in der Altstadt, nun in einer der Pile-Up-Wohnungen des Basler Architekten Hans Zwimpfer. «Ich fühle mich mit Rheinfelden sehr verbunden», sagt Katharina A rf ken. «Besonders wichtig ist mir das Wasser, das erinnert mich an meine Heimat auf der Insel Spiekeroog in Ostfriesland, wo ich meine frühe Jugend verbrachte.» Ihr gefalle die Schweiz und die Art, wie sich dieses Volk selbst regiert. Ein wenig eigenbrötlerisch seien die Schweizer zwar, doch auch das erinnere sie an die Friesen in Spiekeroog.

Sehr angetan sei sie von der internationalen Atmosphäre hierzulande, nicht zuletzt an der Schola Cantorum. Ihre Schüler kämen aus allen Herren Länder. Sie habe in Rheinfelden geheiratet – zur Hälfte habe man auf der deutschen Seite gefeiert, zur andern auf der schweizerischen. «Ich betrachte es als gros ses Privileg, in Rheinfelden zu wohnen und in Basel zu arbeiten.»


Image Title

1/10

Möchten Sie weiterlesen?

Ja. Ich bin Abonnent.

Haben Sie noch kein Konto? Registrieren Sie sich hier

Ja. Ich benötige ein Abo.

Abo Angebote