«In Frick gibt es eine Konditorei, in der ich gerne Kaffee trinke»

  15.08.2022 Rheinfelden

2020 wurde Kristin Schippmann Kämmererin, Leiterin Finanzverwaltung in der Stadtverwaltung von Badisch Rheinfelden. Nun hat sie mit 32 Jahren das Amt der Bürgermeisterin angetreten. Weil sie im Gegensatz zu ihrer Vorgängerin Diana Stöcker aber nicht mehr für die Kultur zuständig ist, bleiben ihre Kontakte zum Fricktal privater Natur.

Boris Burkhardt

Kristin Schippmann würde sich durchaus als «ehrgeizig» bezeichnen; das Wort hat für sie keine negative Konnotation: «Ich bin definitiv ehrgeizig und gebe immer vollen Einsatz.» Mit 32 Jahren hat Schippmann am 1. August ihr neues Amt als Bürgermeisterin in Badisch Rheinfelden angetreten. Sie ist Nachfolgerin Diana Stöckers, die vergangenes Jahr in den Deutschen Bundestag gewählt worden ist. Den Altersrekord wird Schippmann damit vermutlich nicht brechen; aber ein «glatter Lebenslauf» ist der ihre schon, wie sie selbst sagt: «Ich möchte den gestalterischen Einfluss nutzen, den ich habe.» Schon 2017 bewarb sie sich als Bürgermeisterin in Stühlingen im Hotzenwald; als sie 2020 nach Rheinfelden kam, fing sie ebenfalls sofort als Chefbeamtin an und wurde Nachfolgerin von Kämmerer Udo Düssel.

Beruflich nur kleine Berührungspunkte mit der Schweiz
Die Tatsache, dass in den meisten Gemeinden Baden-Württembergs «Bürgermeister» der Titel des gewählten Gemeindeoberhaupts und Verwaltungschefs ist, in grossen Kreisstädten wie Rheinfelden ab 20 000 Einwohnern aber dieses Amt Oberbürgermeister heisst und der Bürgermeister der erste Chefbeamte ist, findet Schippmann nicht verwirrend. In anderen Bundesländern wie ihrer Heimat Thüringen heissen diese Chef beamten «Erste Beigeordnete», ein Begriff, den Schippmann nicht schöner findet. Die Stadtverwaltung in Rheinfelden mit 33000 Einwohnern ist jedenfalls so organisiert, dass sich Oberbürgermeister und Bürgermeisterin die 17 Ämter und Eigenbetriebe aufteilen.

Diese Zuteilung wurde mit ihrem Amtsantritt geändert: Anders als Stöcker ist Schippmann nicht mehr für die Kultur zuständig, das Ressort, das sicher am meisten Berührungspunkte mit der Schweizer Schwesterstadt bietet. Abgesehen vom halbjährlichen Behördentreffen zwischen beiden Städten wird der berufliche Kontakt mit der Schweiz wohl klein bleiben. Allerdings hat Schippmann, die in Karsau wohnt, Freunde im Baselbiet. In Frick kenne sie eine gute Konditorei, wo sie gerne Kaffee trinke, verrät sie lachend auf die Nachfrage nach Kontakten ins Fricktal. Auch zum Minigolfen und Rodeln gehen sie und ihr Lebensgefährte gerne in die Schweiz – bis nach Zürich. Ausserdem wandere sie gerne im Jura und Schwarzwald. Besonders auf dem Dinkelberg entdecke sie regelmässig Orte und Themen, die am Montag auf einmal Gespräch in der Stadtverwaltung seien.

Wohnen, wo andere Urlaub machen
Am Hochrhein insgesamt fühlt sich Schippmann sehr wohl: «Wohnen, wo andere Urlaub machen», sei für sie kein hohler Tourismusslogan. Mit der Mentalität und dem Dialekt sei sie schnell zurechtgekommen. Der Grund, in die Region zu ziehen, war für sie «privater Natur»; aber schon früh nach dem Abitur 2008 zog es sie aus ihrer Heimatstadt Nordhausen fort. Sie studierte BWL an der Dualen Hochschule in Mannheim und machte ihren Master in Dortmund. Berufliche Erfahrungen sammelte sie im Schwarzwald, wie erwähnt in Stühlingen sowie in Titisee-Neustadt mit jeweils 5400 und 12 200 Einwohnern. Ursprünglich war sie im Bereich Sozialleistungen tätig, seit 2015 konzentriert sie sich auf das Ressort Finanzen.

Schippmann begann in Rheinfelden im April 2020. Corona traf ihr Ressort hart; ausserdem wurde bei ihrem Amtsantritt die grosse Rückzahlung der Gewerbesteuer von 4,9 Millionen Euro fällig (die NFZ berichtete). Doch die junge Finanzfachfrau sah und sieht sich nicht als «Mangelverwalterin»: «Alle Abteilungen im Haus ziehen an einem Strang.» Ausserdem seien auch ihre beiden vorherigen Gemeinden «nicht auf Rosen gebettet» gewesen. Das Thema Rheinsteg habe sie nur noch im Rahmen des Jahresabschlusses 2020 betroffen.

Gegen neun Konkurrenten
Für das ausgeschriebene Amt musste sich Schippmann ordentlich bewerben. Als Bürgermeisterin wurde sie zwar nicht für acht Jahre von der Bevölkerung gewählt wie Oberbürgermeister Klaus Eberhardt, aber vom Gemeinderat, der als gewähltes Organ Teil der Gemeindeexekutive ist. Schippmann hatte neun Konkurrenten, von denen sich aber nur einer persönlich in Rheinfelden vorstellte. Nun ist Schippmann für rund 200 Mitarbeiter verantwortlich: «Ich freue mich darauf, sie alle kennenzulernen.» Als grosse Projekte stehen der Neubau des Bürgerheims und die Weiterentwicklung der Stadtwerke an. Ausserdem ist Schippmann für die frühkindliche Bildung, sprich Kindergärten, zuständig, ein System, das wie viele in Deutschland wegen Personalmangels kollabiert. Schippmann bezeichnet die Situation in eigenen Worten als «prekär»: Es handle sich aber nicht um ein Rheinfelder Problem; und das Land Baden-Württemberg sei bei der Ausbildung gefordert: «Mit Personalgewinnungsmassnahmen alleine können wir das Problem nicht lösen, wenn es keine Fachleute mehr gibt.» Die Abwanderung in die Schweiz ist dabei kein Problem mehr: «Die Erzieher haben in den Tarifverhandlungen gerade erst zwei Tage mehr Urlaub erhalten. Das ist vielen wichtiger als der Lohn in Franken.» Schippmann ist sich jedenfalls sicher: «Es wird die nächsten acht Jahre nicht langweilig werden.»


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