Umzug durchs Dorf mit Volksfest

  08.06.2022 Sulz

Viele Besucher am Sonntag beim Pfingstsprützlig in Sulz

Am Pfingstsonntag wurde in Sulz ein alter Brauch gelebt. Drei junge Burschen liessen sich mit Eichenlaub einkleiden und begaben sich am Nachmittag in ihren Dorfteilen auf den Umzug, um aus den Dorfbrunnen Wasser zu schöpfen.

Ludwig Dünner

Viele Jugendliche und Familien von Sulz verbrachten auch dieses Jahr das verlängerte Pfingstwochenende in ihrer Heimat und das aus gutem Grunde. So versammelten sich am Sonntagvormittag in den Ortsteilen Obersulz, Mittelsulz und Bütz Männer, Frauen, Jugendliche und Kinder, um gemeinsam in den Wald zu gehen. Die Aufgaben dort sind klar verteilt. Die Männer und Burschen schneiden die Äste von den Buchenstämmen, welche von den Forstarbeitern vorgängig gefällt wurden. Die Frauen mit den Mädchen binden Sträusse aus Wiesen- und Gartenblumen. Vor dem Mittagessen wurden Bünde aus Buchenlaub zusammengebunden, um damit den dafür bestimmten Jugendlichen einzukleiden und ihn auf den Umzug vorzubereiten. Zur Stärkung gab es zum Mittagessen eine Wurst vom Feuer.

Pfingstsprützlig zu sein, ist eine Ehre
Für das Einkleiden der Sulzer Laubgestalten gibt es kein Handbuch. Das Bereitstellen der Bünde und das Einkleiden wird seit Jahrzehnten von den Vätern an ihre Söhne überliefert. So ist es eine Ehre für die jungen Burschen, wenn sie an der Reihe sind, Pfingstsprützlig zu sein, so der Mittelsulzer Jan Thomann. Er ist dieses Jahr der Auserkorene. Nicht anders tönt es beim Bützer Janis Stäuble sowie dem Obersulzer Julian Weiss, die für ihre Ortsteile das Buchenkleid tragen durften. Das Buchenlaub, welches die Burschen durchs Dorf trugen und sie zu rund drei Meter hohen Gestallten machte, wog über 20 Kilogramm. Die Aufgabe, die den drei Burschen auferlegt wurde, war sehr anstrengend, deshalb werden sie jeweils von zwei Helfern unterstützt.

Umzug durchs Dorf und Volksfest
Um 15 Uhr startete in den jeweiligen Dorfteilen der Umzug. Glockengeläut ertönt von den Schulkindern, die den Pfingstsprützlig von Brunnen zu Brunnen begleiteten. Die Mädchen begleiteten ihn mit ihren selbstgebundenen Sträussen und boten sie den Zuschauerinnen und Zuschauern am Strassenrand zum Kauf an. Angekommen an den jeweiligen Dorfbrunnen verstummten die Glocken, der Pfingstsprützlig trat an den Brunnen und schöpfte mit Hilfe seiner beiden Helfen möglichst viel Wasser aus dem Brunnen. Dieses Wasserschöpfen soll nach Überlieferung einen trockenen Sommer verhindern und eine gute Ernte einbringen. Als der Glockenschlag um vier Uhr von der Kirche ertönte, begann das grosse Schaulaufen der drei Laubgestalten auf dem Turnhallenplatz. Die vielen Besucher begrüssten ihre drei Pfingstsprützlig mit grossem Applaus auf dem Festareal. Jeder der drei sammelte nochmals seine letzten Kräfte, um den bereitgestellten Brunnen in der Turnhalle möglichst leer zu schöpfen. Natürlich sah man bei der Aufgabe noch einen kleinen Wettkampf der dreien. Jeder wollte für seinen Ortsteil am meisten Wasser aus dem Brunnen schöpfen. Welcher junge Bursche sich hinter dem Buchenlaubgewand verbirgt, war für viele Zuschauerinnen und Zuschauer ein Geheimnis. So wurde auch die Zeremonie des Auskleidens die Rätsels Lösung und für die drei Burschen eine Erlösung. Zusammen feierten sie, sitzen auf dem Brunnenrand mit dem wohlverdienten Bier ihre gemeisterte Aufgabe.


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