Im Kindergarten die Liebe zur Musik entdeckt

  05.03.2022 Musik, Rheinfelden, Persönlich

Monika Kordowich ist Musiklehrerin und Violinistin

Seit mehr als dreissig Jahren ist die Geigerin Monika Kordowich Konzertmeisterin des grenzüberschreitenden Orchestervereins Rheinfelden. Am diesjährigen Frühjahrskonzert wird sie ihr Amt zum letzten Mal ausüben.

Birgit Schlegel

Nie hätte die Würzburgerin Monika Kordowich als junge Erwachsene damit gerechnet, dass es sie einmal nach Badisch Rheinfelden verschlagen würde. «Süddeutschland? Das war für mich Tegernsee oder Bad Reichenhall. Wo man halt Ferien macht.» Nun lebt sie seit Jahrzehnten mit ihrer Familie im Badisch Rheinfelden, ist bereits seit 32 Jahren als Konzertmeisterin an der Spitze des Orchestervereins Rheinfelden (OVR) tätig, etwas länger gar Lehrperson für Violine an der Musikschule Rheinfelden/Baden. Bereits im Kindergarten spürte sie ihre Liebe zur Musik. Blockflöte hat sie gespielt, und dies mit grosser Ausdauer. Dann kam da eines Tages in der Grundschule dieser junge Geigenlehrer mit dem dunklen Lockenschopf vorbei und stellte sein Instrument vor. Monika war nicht nur von dieser lebendigen Persönlichkeit beeindruckt, sondern auch von seinem Instrument. Und als sie das Kolophonium, dieses für das Geigenspiel so wichtige Bogenharz, in der Hand halten durfte, war für sie der Fall klar. «Ich darf das bestimmt lernen, denn wir haben nämlich eine Geige zu Hause», erinnert sich Monika an ihre damalige Reaktion. Dass diese Begegnung Weichenstellerin für ihr noch junges Leben geworden ist, hat sie erst später im Erwachsenenalter realisiert.

Von Nordbayern in das südlichste Baden-Württemberg
Egon Sassmannshaus hiess der junge Mann, war Geigenlehrer an der Städtischen Sing- und Musikschule Würzburg und Musiker im Stadttheater. Unzufrieden mit den gängigen Lehrmitteln für die jüngsten Geigenschülerinnen und -schüler begann er, sein eigenes methodisches und didaktisches Konzept im Unterricht zu entwickeln. Monika Kordowich war als Schülerin Teil seines Experiments, welches bald auf grossen Anklang stiess. In einer sechser Gruppe startete sie im Unterricht. Aufeinander hören, im eigenen Tempo lernen dürfen und dabei trotz der unterschiedlichen Fortschritte gleichwertiger Bestandteil der Lerngruppe zu sein, waren sein Credo. Schon bald waren diese Gruppenerfahrungen für allerlei Pädagogen von grossem Interesse. Folglich reiste Monika als junge mitspielende Geigenschülerin mit Sassmanshaus’ Schülerensemble von einem Kongress zum anderen, an welchen ihr Lehrer seine Unterrichtsmethodik erläuterte. «Sein damals entwickeltes Unterrichtsheft «Früher Anfang auf der Geige» ist inzwischen ein Standartwerk für Geigenschüler ab vier Jahren. Ich selber benutze daraus für meinen Unterricht immer noch einzelne Lieder. Man kann schon sagen, dass mein erster Lehrer Pionier war, was den Frühunterricht betrifft.» Damals war für die junge Geigerin diese Persönlichkeit bis zu ihrem Studium an der Musikhochschule in Würzburg prägend. Ein Schlüsselerlebnis zur Berufswahl «Musikerin» war aber auch ihr Eintritt in das Bayerische Landesjugendorchester, und damit verbunden das erstmalige Spielen in einem Sinfonieorchester. Janacek, Schubert und Beethoven standen auf dem Programm. Für Monika war zum ersten Mal eine Konkurrenz unter den Gleichgesinnten spürbar. «Jetzt muss ich dran mit üben, sonst wird das nichts», so das Fazit aus dieser Erfahrung.

«Raus aus meinem Schatten», riet ihr Sassmannshaus, und zeigte der frisch diplomierten Hochschulabgängerin die Stellenausschreibung der Musikschule Rheinfelden. 33 Jahre ist dies nun her. Doch wie kam der Kontakt zum OVR zustande? «Damals gab es noch ein regionales Kammerorchester für Laien, in welchem die Musikschullehrkräfte mitspielen sollten. Eine Geigerin aus der Schweiz war auch dabei. Sie hat mich um Mithilfe im Orchesterverein angefragt.» Robert Flückiger, damaliger Dirigent, verpflichtete sie bald darauf als Konzertmeisterin. Ebenfalls hat er sie in das Orchester der Fricktaler Bühne geholt, in welchem sie nach wie vor mitwirkt. Vieles hat sich in dieser langen Zeit im Orchesterverein verändert, doch eines ist geblieben: das länderübergreifende Miteinander. «Das Orchester beider Rheinfelden ist für mich ein sehr positives Beispiel für grenzüberschreitende Zusammenarbeit ohne grosses Tamtam», so die Konzertmeisterin. Schon immer hätten in dem in der Schweiz ansässigen Laienorchester zahlreiche Musikerinnen und Musiker aus der deutschen Grenzregion mitgespielt. Obwohl natürlich zahlreiche länderspezifische und auch sprachliche Unterschiede vorhanden sind, war für Monika Kordowich sowohl aus musikalischer wie auch organisatorischer Sicht nie eine Grenze spürbar. Und dann kam Corona.

«Das war furchtbar!» Wie amputiert habe es sich angefühlt. Von einem Tag auf den anderen war das grenzüberschreitende Zusammenspielen plötzlich nicht mehr möglich. Obwohl sie als Violinistin noch in einigen professionellen Projekten in der Schweiz auftreten durfte, fehlte ihr das heimische Laienorchester sehr. «Meine langjährigen Freundschaften sind zur Hälfte in der Schweiz. Und was ich im OVR arbeite, ist für mich ja Freizeit!»

Ein letztes Mal Orchesterverein
Mit viel Phantasie haben die Mitglieder des Orchesters diese schwierige Zeit überbrückt. Mit Blattspiel oder Kammermusik, immer im Ungewissen, wie viele Mitglieder wohl an der wöchentlichen Probe teilnehmen würden. Nun steht das erste Konzert in voller Besetzung endlich wieder vor der Tür. Für Monika Kordowich wird es zugleich das letzte sein. Schon länger hat sie mit dem Gedanken gespielt, als Konzertmeisterin aufzuhören. Und als der lang jährige Dirigent Lukas Merkelbach – «Mein Seelenverwandter im Orchester» – ihr seinen Entscheid zum Aufhören mitgeteilt hat, war für sie der Fall klar. «Habe ich nochmals die Kraft, mich auf jemand Neues einzulassen?», hat sie sich gefragt, und schlussendlich entschieden, sich aus dem Orchester zurückzuziehen. Was wünscht sie sich für die Zukunft des Orchestervereins Rheinfelden? «Mit dem Nachwuchs ist es schwierig. Ich hoffe sehr, dass der Generationenwechsel gelingt. Zahlreiche Mitglieder kenne ich von Anfang an. Ich würde es ebenfalls sehr bedauern, wenn sie mit mir das Orchester verliessen.»

Monika Kordowich hat für sich bereits weitergeplant. Und dabei bereits ein neues musikalisches Ziel ins Auge gefasst. «Was ich gerne wieder aktivieren möchte, ist die Gambe. Langweilig wird es mir bestimmt nicht.»

Frühjahrskonzert: Sonntag 27. März, 17 Uhr, Kurbrunnensaal Rheinfelden www.orchesterverein.wixsite.com/rheinfelden


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