Fricktaler Hilfe für ukrainische Radsportler

  11.03.2022 Fricktal

In einer grossen Aktion halfen Radsportfreunde aus Gansingen und Sulz aus der Ukraine geflohenen jungen Radsportlern. Sie stellen den Nachwuchsleuten, die aus ihrer Heimat fliehen mussten, neun Rennräder zur Benützung zur Verfügung.

August Widmer

13 junge Radsportlerinnen und Radsportler weilten in der Westukraine im Trainingslager, als in ihrer Heimat unerwartet der Krieg los ging. Anstatt nach Hause zu ihren Familien flohen die 15- bis 18-jährigen Radsportlerinnen über die Grenze nach Polen. Von dort erging ein Hilferuf an den Schweizer Radsportverband. Swiss Cycling fackelte nicht lange und holte die Jugendlichen, die in einem Bahn-Trainingslager weilten, in die Schweiz.

Rennräder aus Gansingen und Sulz
Die jungen Radsportler konnten auf ihrer Flucht nur das Nötigste mitnehmen. Vor allem kamen sie ohne Rennräder in die Schweiz. Zum Gansinger Olivier Senn, der nicht nur Direktor der Tour de Suisse, sondern auch im Vorstand von Swiss Cycling ist, kam deshalb der Hilferuf um Fahrräder. «Für mich war klar, dass wir da helfen mussten. Denn ein Radsportler ohne Rennrad ist kein Rennfahrer. Zudem sollten die jungen Fahrerinnen und Fahrer auch möglichst rasch wieder trainieren und Rennen fahren können». Die Nachfrage nach Rennrädern hatte erste Priorität. Senn fackelte nicht lange und fragte sofort im VMC Gansingen und im RV Sulz nach ungebrauchten Rennrädern.

Das Echo auf diese Bitte war gross. Innerhalb von kurzer Zeit kamen neun Rennräder zusammen. Die Radsportschule Sulz war ebenso unter den Spendern wie Stefan Weiss, der frühere Elite-Fahrer Peter Oeschger und der noch aktive Fabian Weiss. Gleich vier Räder steuerte Jonas Weiss bei: «Ich habe letztes Jahr meine Rennkarriere beendet. Aus meiner Aktivzeit habe ich zwei Ersatzvelos und zwei Zeitfahr-Velos, die ich im Moment nicht brauche». Weiss hatte geplant, diese eines Tages einem jungen Nachwuchsfahrer aus der Region zu überlassen. «Da die Velos im Moment bei mir jedoch nur herumstehen können diese von den jungen Fahrern aus der Ukraine genutzt werden».

Die Räder des zurückgetretenen Elite-Fahrers werden in den nächsten Wochen nun nicht von Schweizer Hoffnungen, sondern von den bei uns gestrandeten ukrainischen Radsportlern benutzt. Für Olivier Senn wie auch für Jonas Weiss war es ein Akt der Solidarität, den leidgeprüften Ukrainern rasch und unkompliziert zu helfen. «Es ist für diese jungen Leute schon schlimm genug, dass sie von ihren Familien getrennt sind. Mit den von uns zur Verfügung gestellten Velos können wir ihnen nun ermöglichen, dass sie trainieren und Rennen fahren können. Wir hoffen, dass sie so etwas Abstand vom Kriegsgeschehen in der Heimat bekommen», führt Olivier Senn aus. Bei der Velo-Aktion spielte auch die Solidarität mit der leidgeprüften Bevölkerung der Ukraine mit. «Allen Leuten und Flüchtlingen können wir letztendlich nicht helfen. Aber mit dieser Unterstützung im radsportlichen Bereich können wir sicher direkt etwas bewirken», ist Olivier Senn überzeugt. Das von ihm im letzten Jahr aufgebaute Continental-Team spendete für die jungen Fahrerinnen und Fahrer auch noch nicht mehr benötigte Bekleidungsstücke. «Das lässt sie das Geschehen in ihrer Heimat hoffentlich etwas vergessen», wünscht sich auch Jonas Weiss. Für ihn als ehemaligen Rennfahrer ist klar: «Im Moment ist es sogar für uns Schweizer sehr schwierig, Rennräder kaufen zu können. Die Lieferketten funktionieren nicht. Da konnten wir mit unseren Rennrädern sicher echte Hilfe leisten».

Solidarität überall
Dass die im Fricktal gesammelten Rennräder nach Grenchen zu Swiss Cycling und von dort zu den Nachwuchs-Radsportlern aus der Ukraine kamen, sorgten die beiden Gansinger Toni Hug und Carlos Muino. Sie zeigten sich von der Solidarität, der in die spontane Aktion eingebundenen Leute beeindruckt. «Überall wo wir hinkamen, standen die Fahrräder schon vor der Türe. Wir konnten sie nur noch aufladen und am letzten Donnerstag nach Grenchen bringen», staunte Toni Hug. Aber bei diesem Transport gab es grosse Unterstützung. Er wurde nämlich mit einem Bus von Automobile Weiss gemacht, mit dem die Radsportschüler von Gansingen und Sulz jeweils auch an die Rennen fahren. Der Bus wurde von der Firma gratis zur Verfügung gestellt. «Unser Sohn Fabian ist auch Rennfahrer und hat sogar ein Velo zur Verfügung gestellt. Für uns auch klar, dass wir den Bus für diese Aktion kostenlos zur Verfügung stellten», zeigte auch Manuela Weiss von der Sulzer Autofirma Solidarität.

Das Ganze ist eine Solidaritätsaktion der Fricktaler Radsportler gegenüber den jungen Rennfahrerinnen und Rennfahrern aus der Ukraine. Die Fricktaler hoffen, mit dieser Aktion ein Stück weit helfen zu können. «Der Sport hat in der Öffentlichkeit eine grosse Wahrnehmung und eine Symbolwirkung. Das wollen wir mit dieser Aktion ausdrücken. Letztendlich geht es jedoch auch um Einzelschicksale. Wenn wir mit diesen Rennrädern etwas zur Verbesserung der Situation dieser jungen Radsportler beitragen können, freut uns das. Wir haben das gerne gemacht und wollen vor dem traurigen Weltgeschehen nicht die Augen verschliessen. Das nützt niemandem etwas», ist Olivier Senn überzeugt.


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