Ein Pionier unter Pionieren
17.03.2022 SisselnChemiewehr DSM: Erster Hybrid-LKW in der Schweiz angeschafft
Die Chemiewehr DSM Sisseln hat sich von hergebrachten Abläufen beim Einsatz gelöst, die Entwicklung der Technik berücksichtigt und sich dem Umweltschutz verschrieben: Das Ergebnis findet sich im ersten in der Schweiz hybridangetriebenen und komplett neu aufgesetzten Chemiewehrfahrzeug.
Paul Roppel
Das aus hochreflektierender Folie auf beiden Seitenwänden des Lastwagens angebrachte Signet ist ein Blickfang. Das riesige Fabelwesen, ein blauer Vogel Greif, der züngelnde Flammen aus dem Schnabel speit, bildet an dem graphisch aufsehenserregend aufgemachten und in auffallend lemonfarbigen Ton gehaltenen Gefährt einen gewaltigen Kontrast. Gar nicht dazu passt das harmonisch sanfte Schnurren des LKWs, der sich ungewohnt leise auf den Vorplatz des Feuerwehrmagazins bewegt. Ungewohnt ist tatsächlich der fehlende, üblich starke Motorenlärm. «Auch im Einsatz profitieren die Leute von der bedeutend leiseren Geräuschkulisse», betont Marco Schlienger, Kommandant der Betriebsfeuerwehr DSM Sisseln, die sich den ersten Plug-In Hybrid Elektro-LKW für ihre zusätzliche Aufgabe als Chemiewehr angeschafft hat.
Kompromiss gewählt
Seit knapp einem Jahr ist das Scania Modell P360 mit dem 177 PS starken Elektromotor und den neun Antriebsbatterien in Kombination mit dem üblichen, 360 PS starken Dieselverbrennungsmotor mit 9 Litern Hubraum erhältlich. Im elektrischen Betrieb ist eine Fahrt über 60 Kilometer möglich; die Speisung von Geräten bei Volllast ist ab Generator während 30 Minuten gegeben. «Aus einsatztechnischen Gründen und der Gewährleistung der Einsatzsicherheit war die Anschaffung eines vollelektrischen Fahrzeuges nicht möglich», erklärt Schlienger. Deshalb wurde dieser Kompromiss gewählt, denn der Chemiewehrstützpunkt deckt ein Einsatzgebiet von Kaiseraugst bis Kaiserstuhl (über 60 Kilometer) und bis an die Jurakette mit den Autobahntunnels Bözberg und Habsburg ab. Gleichzeitig ist die rund 90 Personen umfassende Organisation tätig als Schadenwehr bei Zwischenfällen mit gefährlichen biologischen Organismen (B-Wehr). In der Betriebsfeuerwehr sind neben den freiwillig Dienstleistenden 12 Profis, verteilt auf drei Schichten, rund um die Uhr im Werk anwesend.
Neu modulierte Bestückung
«Wir haben die Abläufe und das Handling beim Einsatz mit dem Chemiewehrfahrzeug im Hinblick auf die Ersatzbeschaffung analysiert und neu aufgesetzt», sagt Schlienger. Man habe sich vom Hergebrachten gelöst und auch neue Techniken berücksichtigt, weshalb nun eine mit Druckluft und eine elektrisch betriebene Pumpe angeschafft wurden.
Das neue 19 Tonnen schwere Pionierfahrzeug ist mit neun gemäss ABC-Phasenplan bestückten Rollmodulen beladen und beherbergt in Boxen eine Vielzahl von Hilfsmitteln, sowie Auffangfässer, Bindemitteln, Lüfter, Schläuchen und eine Rettungsplattform. «Abläufe, die am Schreibtisch entstanden sind, werden nun in der Praxis getestet und angepasst», verrät der Kommandant. Diese komplexe Arbeit und auch die Erarbeitung des Anforderungskatalogs wurde unter der Leitung von Dienstgruppenchef Sandro Kobelt als Projektverantwortlichem ausgeführt, war zu erfahren.
Im Rahmen des einwöchigen Intensivkurses für die Grundausbildung für die 14 neu eingeteilten Feuerwehrleute aus den Betrieben ergab sich letzte Woche eine gute Gelegenheit, die Fahrzeugausrüstung kennenzulernen.
Ein Schritt in die grüne Zukunft
Für die Lieferfirma Brändle AG ist die Erstellung des Chemiewehrfahrzeuges mit dem neuen Antrieb natürlich ebenfalls eine Premiere. «Wir haben eine gute Lösung mit einer bezahlbaren Umsetzung gefunden», sagt Geschäftsführerin Claudia Brändle, deren Firma sich im Rahmen von «Zukunfts-Generationen-Projekt Hybrid» an den Mehrkosten für den Hybridantrieb beteiligte.
Das Fahrzeug kostete rund 500 000 Franken, woran sich die kantonale Abteilung für Umwelt zur Hälfte beteiligt. «Das Plug-in Hybrid Chemiewehrfahrzeug mit seiner modernen Ausrüstung ist ein wichtiger Schritt, unserer Feuerwehr eine zeitgemässe Ausrüstung zur Verfügung zu stellen. Zudem leistet die DSM einen Beitrag, um die CO2-Emission weiter zu reduzieren. Wir sind stolz darauf, als eine der ersten Feuerwehren in der Schweiz ein derartiges Fahrzeug im Dienst zu haben», sagt Urs Keller, Leiter Support in der DSM.