Rasser und der Rheinfelder «Chabis»

  10.12.2021 Rheinfelden

Der Schauspieler Alfred Rasser ist unvergessen. Mit seinem HD-Soldat Läppli hat er eine legendäre Figur geschaffen, die heute noch für viele Lacher sorgt. Rasser lebte mit seiner Familie von 1962 bis 1976 in der Villa Erika in Rheinfelden, hier hatte er auch einen grossen Garten, wo offenbar der «Chabis» gut gedieh. Die Rheinfelder Neujahrsblätter 2022 erinnern an den beliebten Volksschauspieler († 1977) und seine Zeit im Zähringerstädtchen. (vzu)


Läppli und die Villa Erika

Der 78. Jahrgang der Rheinfelder Neujahrsblätter ist erschienen

Plakate erzählen Rheinfelder Kulturgeschichte, 50 Jahre Frauenstimmrecht und Alfred Rasser im Zähringerstädtchen – die neue Rheinfelder Jahreschronik enthält viele spannende Geschichten.

Valentin Zumsteg

Bereits zum zweiten Mal können die Rheinfelder Neujahrsblätter nicht mit einer Vernissage der Öffentlichkeit präsentiert werden. Wie schon 2020 entfällt dieser traditionelle und sehr geschätzte Anlass wegen der Corona-Pandemie auch dieses Jahr (die NFZ berichtete). Das ist schade, doch es schmälert den Lesegenuss nicht. Die diesjährige Ausgabe – bereits der 78. Jahrgang – bietet wieder eine grosse Vielfalt von spannenden Geschichten. Gerade in Pandemiezeiten, in denen man vermehrt zuhause bleiben sollte, kann der geneigte Leser bei der Lektüre einige vergnügliche und interessante Stunden verbringen.

(K)ein Grund zum Feiern?
Da wäre zum Beispiel der Text über das Frauenstimmrecht, das in der Schweiz erst 1971 auf eidgenössischer Ebene eingeführt worden ist. In Rheinfelden haben es die stimmenden Männer immerhin mit einer Zweidrittel-Mehrheit angenommen. Ist das ein Grund zum Feiern? «Nüchtern betrachtet kann es natürlich keinen Grund zum Feiern geben, wenn man bedenkt, dass die Frauen in der Schweiz ihre demokratischen Rechte erst viel später erhielten als beispielsweise die Frauen in Syrien (1953), Usbekistan (1938), Sri Lanka (1931) oder Kuba (1934). Die Schweiz, die so gerne auf ihre demokratische Vergangenheit blickt, ist in Tat und Wahrheit erst seit 50 Jahren eine Demokratie», halten die Autorinnen Lotti Berner, Brigitte Rüedin und Anna Tina Heuss fest.

Interessant ist das Gespräch, das sie dazu mit vier engagierten Frauen führen. Fazit: In den vergangenen 50 Jahren hat sich in Sachen Gleichberechtigung vieles verbessert, doch noch ist einiges zu tun.

Alfred Rasser in Rheinfelden
Eine ganz andere Geschichte erzählen die rund 500 Veranstaltungsplakate, die der heute 91-jährige Max Hauri über Jahrzehnte in Rheinfelden gesammelt hat. Sie dokumentieren das Kulturleben, das früher vor allem im Bahnhofsaal und im Salmensaal blühte. Da gab es zum Beispiel am 31. Dezember 1941, also mitten im Zweiten Weltkrieg, einen «Sylvesterabend» der Stadtmusik. Der Eintritt kostete 1,20 Franken, das Saalabzeichen 50 Rappen (Tanz inbegriffen). Für Aufsehen sorgte das «Negerballett aus Afrika», das Mitte der 1960er Jahre in Rheinfelden auftrat. Das dazugehörige Plakat versprach «die jungen afrikanischen Tänzerinnen in ihrer natürlichen Schönheit». Jugendliche unter 18 Jahren hatten keinen Zutritt.

Der Bahnhofsaal erlebte seine Blütezeit in den 1950er- bis 80er-Jahren. Das Bernhard-Theater Zürich war regelmässig hier zu Gast, Rheinfelden wurde damals zum Ausgangspunkt für zahlreiche Theatervorführungen in der ganzen Deutschschweiz. Schweizer Stars wie Ruedi Walter, Margrit Rainer und Schaggi Streuli traten im Zähringerstädtchen auf, ebenso wie Elke Sommer, Willy Millowitsch oder Hans Joachim Kulenkampff aus Deutschland. Nicht zu vergessen Alfred Rasser alias «HD-Soldat Läppli». Rasser lebte mit seiner Familie 14 Jahre in Rheinfelden, in der Villa Erika an der Zürcherstrasse. Obwohl er grosse Erfolge feierte, gab es auch schwere Zeiten. Nach einer China-Reise als Mitglied einer Kultur-Delegation auf Einladung der «Vereinigung des chinesischen Volkes für Kulturbeziehungen mit dem Ausland» im Jahre 1954 wurde er in der Schweiz als Kommunist beschimpft. Er verlor viele Verträge für Gastspiele, erlebte einen regelrechten Boykott. Die Offiziersgesellschaft wollte ihm sogar verbieten, als HD Läppli eine Uniform der Schweizer Armee zu tragen. Umso mehr freute es ihn, als er 1967 für den Landesring der Unabhängigen in den Nationalrat gewählt wurde. Von 1962 bis 1976 hat die Familie in Rheinfelden gelebt. «In Rheinfelden wurde die ganze Familie, auch die Kinder, willkommen geheissen und wir Kinder waren gut integriert im Städtli», erinnert sich Tochter Sabina Rasser im Artikel von Christoph und Monika Heid.

«Tatort Magden»
Eindrücklich ist der Text von Werner Rothweiler, der unter dem Titel «Tatort Magden – ein martialisches Urteil» einen Kriminalfall aus dem Jahre 1850 rekonstruiert. Der einheimische Oberrichter Guido Marbet bewertet das damalige Gerichtsurteil aus heutiger Sicht. Eine äusserst spannende Lektüre. Daneben bieten die Neujahrsblätter, die in einer Auflage von 800 Exemplaren erschienen sind, eine Vielzahl weiterer Geschichten, die es wert sind, gelesen zu werden.

Die Rheinfelder Neujahrsblätter 2022 sind ab sofort erhältlich und können bei folgenden Verkaufsstellen für 30 Franken bezogen werden: Altstadt-Papeterie Jäger, Buchoase am Rhy, Stadtbüro Rheinfelden, Städtli-Kiosk, Fricktaler Museum, Herzog Medien AG.


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