Vom Pfingstsprützlig, einer Schnitzelheizung und weiteren Attraktionen
28.11.2020 SulzSie wohnen gerne hier und geniessen vor allem das Vereinsleben und den starken Zusammenhalt im Dorf. Auf einem Spaziergang zeigen Selina Weiss, Jeffrey Rüede und Luca Thomann der NFZ ihre Lieblingsplätze.
Janine Tschopp
Für unseren Spaziergang treffen wir uns bei der Turnhalle in Sulz. Hier fühlen sich die drei jungen Menschen, welche der NFZ an diesem kalten Samstag ihr Dorf zeigen, zu Hause. Selina Weiss (15), Luca Thomann (18) und Jeffrey Rüede (23) sind Mitglieder des Turnvereins und deshalb sehr oft in und um die Turnhalle anzutreffen. Normalerweise. Momentan ist natürlich aufgrund der Corona-Pandemie alles ein bisschen anders.
«Wir haben einmal pro Woche Zoom-Training», erzählt Selina. Bei Jeffrey und Luca fällt das Training derzeit vollkommen aus. Alle drei vermissen das Training sehr. Nicht nur aufgrund der fehlenden körperlichen Ertüchtigung, sondern auch wegen des sozialen Kontakts, den die drei jungen Menschen sehr schätzen. «Das Training ist neben dem Alltag jeweils ein Fixpunkt, um den Kopf zu lüften», findet Jeffrey.
Er und Luca engagieren sich beim TV Sulz auch im Vorstand, und Luca ist zudem als Trainer tätig.
Pfingstsprützlig: ein schönes Brauchtum fürs Dorf
Die drei jungen Sulzer erzählen vom Pfingstsprützlig. Ein Fest, das hier – in «Nicht-Corona-Jahren» – am Pfingstsonntag jeweils auf der grossen Wiese bei der Turnhalle ausgetragen wird. In jedem Ortsteil (Bütz, Mittelsulz und Obersulz) wird ein junger Mann im Wald durch seine Kollegen mit Laub «eingekleidet» und Zweige und Äste werden ihm an den Körper gebunden. Der Pfingstsprützlig jedes Ortsteils geht von Brunnen zu Brunnen und am Ende gibt es auf dem Turnhallenplatz ein grosses Fest für die ganze Dorfbevölkerung. Das nasse Treiben ist ein Brauchtum, das einen trockenen Sommer vertreiben und eine gute Ernte bringen soll.
Befüllen der Schnitzelheizung: die Pausenattraktion
Langsam kommt die Sonne und wärmt uns ein bisschen. Wir machen ein paar Schritte und kommen zum Kindergarten und zur Primarschule. Dort setzen wir uns auf die Bank mit Blick auf die Schnitzelheizung. «Es war immer eine Attraktion in der Pause, wenn sie mit dem Anhänger kamen und die Heizung mit Schnitzeln befüllten», erinnern sich die drei jungen Sulzer. «Ich habe mich sowieso immer brutal auf die Pause gefreut, weil wir da Pingpong spielten», meint Jeffrey. Die Schulzeit haben alle drei in guter Erinnerung. «Dort hat es noch Spass gemacht», schmunzelt Luca.
Dann sprechen wir über die Fusion zwischen Sulz und Laufenburg, die vor elf Jahren über die Bühne ging. «Ich finde es gut, dass sich die beiden Gemeinden organisatorisch zusammenschlossen. Was ich schade finde, ist, dass die Sulzer ihre Identität aufgegeben haben, indem das Wappen und der Name von Laufenburg übernommen wurde», sagt Jeffrey. Spüren die Jungen eine Rivalität zwischen Sulz und Laufenburg? «Nein. Wenn, dann gibt es diese eher ein bisschen mit Gansingen», schmunzelt Jeffrey.
«Es ist sehr schön hier zu leben. Ich schätze die Natur und den Wald», sagt Selina. Sie besucht derzeit die dritte Klasse der Bezirksschule und möchte später auf das Gymnasium in Baden oder Wettingen. Ihr Berufswunsch ist noch nicht klar. «Sie ist sehr kreativ», weiss Jeffrey. Er ist ihr Cousin und hat schon viele schöne selbergemachte Geschenke von Selina erhalten.
Jeffrey absolvierte ebenfalls die Bezirksschule in Laufenburg und arbeitete anschliessend auf verschiedenen Reisebüros. Nach Militär und Sprachaufenthalt nahm er eine Stelle auf dem Betreibungsamt in Wettingen an. Dort arbeitet er jetzt Teilzeit und studiert parallel Betriebswirtschaft an der Fachhochschule in Windisch.
Eine spontane Führung in der Kulturwerk-Stadt
Nachdem wir beim Pingpongtisch und beim Spielplatz Fotos geschossen haben, überlegen sich die drei jungen Sulzer, wo unsere nächste Destination sein soll. Sie entscheiden sich, der NFZ kurz die Kulturwerk-Stadt zu zeigen. Hier werden noch alte Handwerke wie Schuhnägel Schmieden oder auf alten Maschinen Stricken gepflegt. Als wir vorbeilaufen, begrüsst uns Josy Gürtler, die gerade daran ist, zusammen mit ein paar Kolleginnen Brot im Holzofen zu backen. «Es ist eine ausserordentliche Bachete», erklärt sie. Sie gibt uns eine kleine Führung in der schön renovierten alten Scheune, wo heute die Kulturwerk-Stadt untergebracht ist.
Grillplatz beim Cheisacherturm
Wir steigen in unsere Autos und fahren zum Grillplatz beim Cheisacherturm. «Wenn es dunkel ist, hat man von hier eine megaschöne Aussicht», sind sich Luca, Selina und Jeffrey einig. Luca erzählt vom Weg rund um Sulz, den er gerne geht. Sport im Allgemeinen und Wandern sind seine Hobbys. Nach der Bezirksschule begann er eine Lehre als Automatiker und befindet sich nun im vierten Lehrjahr. Auch in seiner Freizeit tüftelt er gerne und hat zusammen mit drei Kollegen in Zeiningen eine kleine Bierbrauerei aufgebaut.
Von diesem Grillplatz unterhalb des Cheisacherturms geniessen wir die schöne Aussicht auf die drei Ortsteile von Sulz. Lustigerweise haben wir in unserer Gruppe von jedem Ortsteil eine Vertretung. Selina wohnt im Bütz, Luca in Mittelsulz und Jeffrey in Obersulz.
Vom Trampolin in den Rhein
Unsere nächste Destination ist der Steg in Rheinsulz. «Am und im Rhein sind wir im Sommer sehr oft. Manchmal steigen wir in Etzgen oder Schwaderloch ein und lassen uns dann bis Laufenburg treiben», sagt Selina. Dann erzählen die drei sportlichen Sulzer von TV-Trainings, bei welchen sie ein Trampolin beim Steg hinstellen und von dort direkt in den Rhein springen.
Auch hier wird wieder deutlich, dass Selina, Jeffrey und Luca das Vereinsleben sehr geniessen. «Bei uns turnen nicht nur Sulzer, sondern auch Auswärtige, von Jung bis Alt», sagt Luca. «Ja, jeder kann bei uns Sport treiben, und der Zusammenhalt ist enorm», meint Jeffrey und ergänzt, dass auch die Arbeit im Vorstand für junge Menschen eine sehr gute Erfahrung sei. Er, der als 23-Jähriger schon zu den älteren Vorstandsmitgliedern gehöre, erklärt: «Bei der Vereinsarbeit hat man als junger Mensch die Möglichkeit, etwas auszuprobieren und darf auch einmal einen Fehler machen.»
Die drei Turner sind froh, dass sie Ende Januar/Anfang Februar gerade noch ihre grosse Show aufführen konnten, bevor die Corona-Pandemie die Schweiz erreichte. «Ich glaube nicht, dass Amateurvereine in Gefahr sind», meint Jeffrey auf die Frage, wie sich die Pandemie in Zukunft wohl auf das Bestehen von Vereinen auswirke. Er ergänzt: «Im Sommer jedenfalls, als die Massnahmen gelockert wurden, waren alle Vereinsmitglieder wieder voll dabei.»
Neben der schönen Natur ist es genau das Dorfleben, was die drei jungen Menschen an ihrer Heimat schätzen und geniessen. «Wenn irgendwo ein Fest ist, gehen wir dort hin. Oder wir sind im Jugendraum», sagt Luca. Dass das soziale Leben momentan eingeschränkt ist, finden Luca, Selina und Jeffrey zwar schade, können die Massnahmen des Bundes aber nachvollziehen. Selina freut sich, dass sie derzeit noch den Präsenzunterricht in der Schule besuchen darf. Jeffrey sagt: «Ich bin sehr froh, wohnen wir in der Schweiz. Ob die Massnahmen genau richtig sind, weiss niemand. Ich habe aber Vertrauen in diejenigen, die bei uns die Entscheidungen treffen und die Massnahmen definieren.»
Einmal Sulz, immer Sulz?
Während wir die schöne Aussicht auf den Rhein geniessen und das letzte Gruppenbild schiessen, diskutieren wir über die Zukunft. «Ob ich immer in Sulz bleiben werde, weiss ich noch nicht. Sicher ist, dass ich auch in Zukunft ländlich wohnen möchte», sagt Luca. Jeffrey meint: «Man weiss nie, wo es einen hinzieht. Aber ich könnte mir sehr gut vorstellen, auch später hier zu leben.» Auch für Selina ist diese Vorstellung nicht abwegig.
Während des Spaziergangs wurde jedenfalls klar, dass die drei jungen Menschen in ihrem Heimatdorf glücklich sind. Gerade in Zeiten wie diesen schätzen sie es, an einem Ort zu wohnen, wo die Natur schön und die Solidarität und der Zusammenhalt unter den Menschen gross ist.