Die Konsulin aus Oberhofen
25.11.2020 Oberhofen, PersönlichIm Sommer wurde die in Oberhofen lebende Belgierin Jacqueline Haverals zur Honorarkonsulin von Belgien ernannt. Auch sonst ist das Leben der promovierten Wirtschaftswissenschaftlerin so umtriebig, als hätte ein Tag weitaus mehr als nur 24 Stunden.
Hildegard Siebold
Nach einem langen diplomatischen und administrativen Prozess wurde Jacqueline Haverals der Titel einer Honorarkonsulin von Belgien in Basel verliehen. Obwohl dieser Titel eine Ernennung durch den König der Belgier und die Anerkennung durch die Schweizer Bundespräsidentin Simonetta Sommaruga implizierte, «gab es keine offizielle Zeremonie in Brüssel oder Bern» schmunzelt sie. Ihre Freude über die Ernennung zur Honorarkonsulin hat das jedoch kein bisschen geschmälert. Sie ist eine wahre Ehre für diejenigen, deren Herz im gleichen Takt für beide Länder schlägt. Als Honorarkonsulin – es handelt sich um ein Ehrenamt, für das sie nicht entlohnt wird – ist sie Kontaktperson für Belgier, die in den fünf Kantonen leben, für die sie zuständig ist. Das sind neben dem Aargau Basel-Stadt, Basel-Land, Jura und Solothurn. Und sie ist Ansprechpartnerin für Schweizer aus diesen Kantonen, die Informationen über Belgien haben möchten, etwa um geschäftliche Beziehungen dort aufzubauen.
Viele Gemeinsamkeiten
Die beiden Länder, die seit langem ausgezeichnete Beziehungen unterhalten, haben in vielen Bereichen viele Gemeinsamkeiten. Die Schweiz und Belgien haben mehrere Landessprachen, exquisite Schokoladenspezialitäten und die Leidenschaft für Berge. War es doch der belgische Industrielle Ernst Solvay, der den Eidgenossen einst mit der Solvayhütte auf 4003 Metern Höhe am Matterhorn die höchstgelegenste Berghütte des Schweizer Alpenclubs schenkte. In Zürich, wo die Stiftung gegründet wurde im Gedenken an den König der Belgier Albert I, ist die Verleihung des Albert Mountain Award an Personen oder Institutionen, welche sich durch aussergewöhnliche und nachhaltige Leistungen im Zusammenhang mit den Bergen der Welt verdient gemacht haben. Auch Jacqueline Haverals ist der Schweiz im Herzen verbunden. «Ich liebe dieses Land» sagt sie. Die Berge, die Natur, die Art der Schweizer, wie sie die Dinge handhaben und die relativ kleinen Städte. Ganz bewusst ist sie 2006 in die Schweiz gekommen. «Ich wollte in ein Land, wo Werte gelebt werden und wo man seine Nachbarn kennt».
Mit 17 Jahren angefangen zu studieren
Ihre Kindheit verbrachte Jacqueline Francoise Henriette Adeline Haverals – so ihr vollständiger Name – vor allem in der Millionenmetropole Brüssel. Dort ist sie 1981 geboren. Der Vater war beim Militär, die Mutter Krankenschwester. Disziplin und Respekt wurden im Elternhaus gross geschrieben. Und lernen. Das fiel ihr leicht. «Ich war immer die erste in der Schule», erzählt sie. Weil die gute Schülerin eine Klasse übersprang, fing sie schon mit 17 Jahren an zu studieren. Auch da musste sie nie grossartig pauken. Und sie wusste schon lange, wohin der Weg sie führen sollte. Bänkerin wollte sie werden, seit sie mit achten Jahren den Film «La Banquière» mit Romy Schneider sah. Die Geschichte hatte sie tief beeindruckt. Nach fünf Jahren an der Solvay Business School mit dem Abschluss als «Master in Financial Engineering» hatte sie noch längst nicht genug und getreu dem Rat ihres Vaters: «Studiere so viel du kannst», tat sie das auch. Sie absolvierte je ein Doktortitel in Wirtschaft und Management sowie mehrere professionelle Finanzzertifizierungen und Zertifizierungen im internationalen Steuerrecht. Einer Anstellung bei der Credit Suisse in Zürich folgten weitere Stationen bei verschiedenen Banken unter anderem in Basel, wo sie heute bei der Eurofima tätig ist. Doch damit längst nicht genug: Seit 2014 unterrichtet sie abends und an den Wochenenden an der Fachhochschule Nordwestschweiz, ist Dozentin an der Universität Zürich sowie am Institut Supérieur de Formation Bancaire (ISFB) in Genf. Dazu gründete sie 2013 ihre Firma Onyx Consulting, die professionelle Schulungen und Seminare unter anderem im Bereich Finanz- und Risikomanagement anbietet. Unter dem Dach von Onyx-Consulting verbirgt sich mit Onyx Adventure aber noch eine andere, überraschende Sparte: Die Leidenschaft für Motorräder in Form von All-road- und Enduro-Trainings. Es ist eine Leidenschaft, die Jacqueline Haverals mit ihrem Mann Olivier Doyez teilt. Und es ist eine Leidenschaft, die sie einst zusammenführte. 2015 lernten sie sich bei einem Motorradtreffen in Belgien kennen, ein Jahr später gaben sie sich das Ja-Wort. «Er war einfach der Richtige», lächelt Jacqueline Haverals.
«Als würde ich in Urlaub fahren»
Er folgte ihr in die Schweiz und sie fanden ihr gemeinsames Zuhause im beschaulichen Oberhofen. Sie gerät ins Schwärmen, wenn sie von ihrem Wohnort im Mettauertal erzählt: «Es ist ein wunderschönes Dorf und jedes Mal, wenn ich von der Arbeit nach Hause fahre, fühlt es sich an, als würde ich in Urlaub fahren.» Und sie ist zutiefst dankbar, dort leben zu dürfen, denn «es ist nicht ein selbstverständliches Recht, das ich habe, es ist Glück». Nicht minder ins Schwärmen gerät sie, wenn sie von ihren vielfältigen Aufgaben erzählt, für die der Tag eigentlich gar nicht genug Stunden haben kann. «Nichts fühlt sich wie Arbeit an, ich mache das alles mit meinem Herzen», sagt sie. Sie brauche keine langen Nächte und arbeite sieben Tage in der Woche. Wie gut, dass ihr Mann auch seine Stunden nicht zählt. Er hat wie sie sein Hobby zum Beruf gemacht als Geschäftsführer des Töff Centers Basel. Und wenn dann doch noch ein wenig Zeit bleibt, frönt Jacqueline Haverals dem Laufen. Schon mehrfach war sie bei Marathons dabei, im Moment gibt es die coronabedingt nicht. Also läuft sie für sich. Um gesund zu bleiben, denn nur dann kann sie alles machen, was sie machen will.