Ein riesiger Gewinn für die Fricktaler Schätze

  23.09.2020 Kultur, Rheinfelden

Ein Blick ins Depot des Fricktaler Museums

Wo befinden sich eigentlich all die Objekte, die gerade nicht im Museum ausgestellt werden? Und was passiert dort mit ihnen? Einblicke ins Depot und damit hinter die Kulissen des Fricktaler Museums.

Birke Luu

Die aktuelle Sonderausstellung des Fricktaler Museums in Rheinfelden heisst «Rheinfelden – Unter Strom!» Alle Exponate, die zu diesem Thema oder in die Dauerausstellung passen, sind momentan dort zu sehen. Doch was ist mit all den unzähligen anderen Objekten, die das Fricktaler Museum besitzt? Den Exponaten der letzten oder der zukünftigen Ausstellungen? Ute W. Gottschall ist seit 1998 stellvertretende Leiterin wie auch Kuratorin des Museums und betreut damit das Inventar, kümmert sich um die Sammlungen. Heute ermöglicht sie einen Einblick hinter die Kulissen, sprich in den «Museumskeller».

Verstecktes Depot
Im Fachjargon heisst der Museumskeller natürlich nicht so, sondern wird als «Depot» bezeichnet. Aber wenigstens liegt er unterirdisch – und das ist auch schon alles, was über seine Lage irgendwo in Rheinfelden berichtet werden darf, denn der Rest ist geheim. Sicherheitshalber. Durch eine unbeschriftete Tür im Untergeschoss gelangt man in dieses wertvolle Depot, das aus drei Räumen besteht. Es wirkt modern und schlicht. Die alten Kostbarkeiten bilden einen interessanten Kontrast zu der modernen Technik, mit der sie vor Wasser, Feuer und Einbruch geschützt werden. «Vor 11 Jahren sind wir in einer riesigen Umzugsaktion hierher umgezogen», erzählt Ute W. Gottschall. Davor hätten alle Exponate in diversen Nebenräumen des Museums oder in zugemieteten Räumlichkeiten irgendwo in Rheinfelden gelagert. Nach langjähriger Suche und Planung konnte dann dieses neue Depot bezogen werden, welches nun eine sachgerechte Aufbewahrung ermöglicht: für die Mitarbeiter leicht zugänglich, sicher, ohne Tageslicht sowie mit einem immer gleichen Wohlfühlklima für die Objekte. «Früher stand alles sehr eng beieinander, berührte sich teils. Dadurch waren Beschädigungen möglich und man konnte kaum sehen, was vorhanden war», erinnert sich die Kuratorin. Das heutige Depot sei daher «ein riesiger Gewinn für die Fricktaler Schätze.»

Professionalität statt Schatzsuche
Als Ute W. Gottschall vor 22 Jahren ins Fricktaler Museum gekommen ist, hat sie das ganze Inventar erst einmal digital aufgenommen. Anhand ihrer Nummerierung seien die Objekte heute problemlos auffindbar. «Die damalige Erstdokumentation war hochspannend, eine tägliche Entdeckung eines bislang unentdeckten Schatzes im eigenen Haus!» Doch dies gebe es inzwischen nicht mehr, lacht die stellvertretende Museumsleiterin: «Hier herrscht wirklich Ordnung – wir wissen, was wir haben und finden auch alles wieder.» Also weniger aufregend, aber deutlich professioneller.

Dem Laien, der ja eigentlich auch nie herkommt, sagen die Inventarnummern nichts, doch erkennt man, dass das Depot nach thematischen Bereichen sortiert ist. Da gibt es eine Ecke mit Waffen, eine Wand mit aufgereihten Möbeln, daneben Regale mit sperrigen Utensilien der Salmenfischerei. Alle gerahmten Bilder hängen im mittleren Bereich an Gitterwänden, Flaggen oder ungerahmte Bilder und Karten werden in Schränken mit riesigen flachen Schubladen aufbewahrt. Und dann gibt es noch die grosse Compactus-Anlage, die es ermöglicht, auf engstem Raum möglichst viel unterzubringen. Solche verschiebbaren Grossregale kennt man aus Bibliotheken oder Archiven. Auch hierin sind die Exponate sortiert: nach Zinnsachen, Töpferwaren, religiösen Skulpturen, nachgebauten Modellen verschiedener Burgen und Unzähligem mehr.

Alles, was hier ist, wurde zuvor inventarisiert, fotografiert und – je nach Material – auf Holzwürmer, Mottenbefall, abblätternde Farbe oder Rost untersucht. Denn im Depot wird nicht gelagert, sondern aufbewahrt. Auf diesen feinen Unterschied legt die Kuratorin grössten Wert. Es werde immerwährend kontrolliert, ob die Objekte noch in Ordnung seien. Jede Woche seien entweder die beiden Restauratoren da, die sich konservatorisch um das Inventar kümmern würden, oder es käme einer der fünf angestellten Wissenschaftler zur wissenschaftlichen Bearbeitung. Sprich, um nachzuforschen, woher die jeweiligen Objekte kommen und in welchem Kontext sie zu verstehen sind.

Ausmisten verboten
Nicht alles, was alt ist, wird vom Fricktaler Museum angenommen. Zudem wird nicht speziell für eine Ausstellung nach Exponaten gesucht. «Wir sammeln allein aufgrund der historischen Relevanz des jeweiligen Objektes, denn wir wollen unsere Fricktaler Geschichte anhand dieser Objekte erzählen», erläutert Ute W. Gottschall. So habe sie denn auch vor 20 Jahren einige Isolatoren für Strom inventarisiert und sich dabei gefragt, wann man diese je benützen können würde. Heute nun lacht sie: «Die Isolatoren passen perfekt in unsere aktuelle Strom-Ausstellung.»

Das Museums-Team muss sich immer genau überlegen, was es annimmt, denn: «Was mal hier ist, bleibt auch hier!» Dies sei eine Grundregel des ICOM, des Internationalen Rats der Museen. Selbst vor dem grossen Umzug ins neue Depot seien kaputte Objekte nicht weggegeben worden. Diese würden von den Restauratoren nur gesichert, damit nicht noch mehr kaputt gehe, und dann so auf bewahrt. Richtig restaurieren würden nur Sammlerobjekte, denn «das Alter und die Geschichte der Objekte darf man ruhig sehen.»

Da das Fricktaler Museum ursprünglich als Museum für Kurgäste gegründet wurde, stammen die meisten Exponate aus dem 18. und 19. Jahrhundert. Doch auch Älteres gibt es. Das älteste archäologische Objekt ist dabei eine echte ägyptische Mumienhand, die um die 5000 Jahre alt ist und wohl als Souvenir von einem Fricktaler aus Ägypten heimgebracht worden war. Aber auch die jüngere und jüngste Geschichte befindet sich im Museum. So zum Beispiel diverse Erinnerungen an die 850-Jahr-Feier von Rheinfelden. Und wahrscheinlich finden auch bald verschiedene Corona-Artefakte ihren Weg ins Fricktaler Depot, schliesslich soll aufbewahrt werden, was in der Zukunft Relevanz besitzt. Dies zu entscheiden, ist nicht immer einfach. Leere Regale und Aufbewahrungsplätze gibt es jedenfalls noch genug im «Museumskeller». Das Depot wurde schliesslich nicht nur für Dinge aus der Vergangenheit, sondern auch für zukünftige Exponate eingerichtet. Es ist ein fundamentaler Bestandteil des Museums, Voraussetzung für dessen Vielfalt und wichtig für die Bewahrung der Fricktaler Geschichte. Der heutigen wie auch der zukünftigen.


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