«Wir lassen niemanden im Regen stehen»
02.09.2020 Fricktal, PolitikDie EVP bleibt sich treu
Die Evangelische Volkspartei (EVP) steigt in den beiden Fricktaler Bezirken mit insgesamt elf Kandidaten ins Rennen um einen Fricktaler Sitz im Grossen Rat. Fern dem gängigen Links-Rechts-Schema setzt die Mitte-Partei auf Werte.
Simone Rufli
Jutta Moosheer kommt mit einer Giesskanne zum Treffen, Fritz Imhof bringt eine Pflanze mit. Warum sie diese beiden Sachen mitbringen, dazu später. Zuerst ein paar Antworten auf die Frage, wofür sich eine Fricktaler EVP-Grossrätin oder ein -Grossrat einsetzen würde: Die EVP tritt im Fricktal mit total fünf Frauen und sechs Männern an. Einen EVP-Sitz im Grossen Rat hat das Fricktal bislang nicht. «Wir sehen Handlungsbedarf im öffentlichen Verkehr und würden uns für die Optimierung der Fahrpläne im Fricktal einsetzen. Wir würden den Aufbau von Co-Working-Spaces unterstützen, um die Mobilität zu bremsen und vom Kanton einen Effort im Bereich der Elektromobilität verlangen», erklärt Fritz Imhof, Präsident der EVP Bezirk Rheinfelden. Jutta Moosheer, Vertreterin des Bezirks Laufenburg, ergänzt: «Wir würden den Ausbau des Langsamverkehrs unterstützen, Pool-Parkplätze weiter fördern und von staatlichen Betrieben erwarten, dass sie das Home-Office unabhängig von Corona weiterbetreiben, um die Pendlerströme im Fricktal einzudämmen.» Imhof ergänzt: «Der Erhalt von dezentralen Schulstandorten führt ebenfalls zu weniger Verkehr.» Und Moosheer fordert: «Kurse zur Vorbereitung auf unser Schulsystem sollten obligatorisch werden für Eltern aus anderen Kulturen, damit sie wissen, wie sie ihre Kinder auf dem Bildungsweg unterstützen können.»
In keiner Schublade
Mit der Forderung nach dem Schutz des Lebens von der Zeugung bis zum Tod schlägt sich die EVP klar auf die konservative Seite in der Parteienlandschaft. «Konsequenterweise setzen wir uns dann aber auch dafür ein, dass schwangere Teenager und ledige Mütter in schwierigen Situationen unterstützt werden, indem wir entsprechende Organisationen unterstützen», erklärt Moosheer. Imhof bringt das soziale Engagement der EVP auf den Punkt, indem er festhält: «Wir lassen niemanden im Regen stehen.» Ganz klar links von der Mitte politisiert die EVP dagegen in Umweltthemen. «Wobei wir festhalten möchten, dass die Bewahrung der Schöpfung und die Gesunderhaltung der Umwelt bereits zu unseren Kernaufgaben gehörten, lange bevor grüne Politiker sich das Thema zu eigen machten. Es war EVP-Nationalrat Paul Zigerli, der 1944 mit einem Postulat auf die Einführung des Gewässerschutzes drängte.»
Und wie hält es die EVP mit dem E im Namen? «Im Gegensatz zur CVP, die sich vorstellen kann, das christliche C aus dem Namen zu entfernen, ist das E bei uns identitätsstiftend», so Moosheer. «Es sind die Werte aus dem Evangelium, die uns innerhalb der Partei über das breitgefächerte Spektrum an Interessen und Ideen verbinden und konsensstiftend wirken.» Beide Bezirksvertreter betonen, wie wichtig der EVP glaubwürdiges und transparentes Politisieren ist. «Wir sind unabhängig von Interessengruppen und Wirtschaftsverbänden. Wir erhalten kein Geld von Firmen und unterstützen die Transparenz-Initiative.»
Der Mensch im Zentrum
Über allem stehe bei der EVP der Mensch und seine Würde, betonen beide. «Uns geht es nicht um Parteiengeplänkel, bei uns steht der Mensch im Zentrum.» Sucht- und Scheidungsprophylaxe, Prävention, Mitarbeit im Blauen Kreuz, bei Benevol, der Einsatz gegen Menschenhandel und Schwarzarbeit, für Solidarität und ethisches Unternehmertum sind nur ein paar Schwerpunkte. «Wir stehen auch hinter der Konzernverantwortungsinitiative.» Ein Dorn im Auge ist der EVP, dass die Schere zwischen Arm und Reich weiter aufgeht. Mit Blick auf die mitgebrachte Giesskanne ergänzt Jutta Moosheer: «Wie bei Pflanzen funktioniert vieles in der Gesellschaft von selbst. Dort, wo es Probleme gibt, müssen wir aber eingreifen. Dabei ist es wichtig, dass die Mittel gezielt eingesetzt werden. Vom Giesskannenprinzip halten wir nichts.» Zu seiner Pflanze erklärt Imhof: «Sie steht für ein prächtiges Gedeihen und gelingendes Leben auf allen Ebenen und bis ins hohe Alter. Senioren kosten nicht nur. Man sollte vermehrt in Erinnerung rufen, welche Rolle sie bei der Freiwilligenarbeit spielen und dass es heute oft die Eltern sind, die die Jungen finanziell unterstützen. Alte Menschen sind bereit, sich in der Gesellschaft zu engagieren und nicht nur an Seniorenausflügen teilzunehmen.»
Stich-Worte
Die Meinung der EVP zu vier Themen
• Familie
Wenn Familie gelingt und prosperiert, geht es auch der Gesellschaft gut; Familie ist die Kernzelle der Gesellschaft.
• Klima
Bewahrung der Schöpfung ist seit jeher ein Kernthema der EVP; unser Verhalten beeinflusst das Klima.
• Traditionen…
… sind daran zu messen, ob sie die Lebensqualität fördern, sie müssen wieder einen höheren Stellenwert bekommen, denn sie fördern den Zusammenhalt einer Kultur.
• Digitalisierung…
… ist daran zu messen, ob sie den Menschen dient oder ob sie ihn beherrscht – sie ist Segen und Fluch zugleich. (sir)
Am 18. Oktober wählt der Aargau sein neues 140-köpfiges Kantonsparlament. Der Bezirk Laufenburg kann sieben, der Bezirk Rheinfelden zehn Grossrätinnen und Grossräte nach Aarau schicken. Im Bezirk Laufenburg treten zehn Parteien mit 56 Kandidierenden an, im Bezirk Rheinfelden sind es acht Parteien mit 70 Kandidierenden. Die NFZ stellt die Parteien vor und zeigte die Gesichter auf den Listen. (nfz)