Jurapark Aargau – die «dunkle» Schatzkammer

  14.06.2020 Fricktal

Seit den 1990er-Jahren gibt es im Schweizer Mittelland keinen Ort mehr, der in der Nacht nicht von künstlichem Licht erhellt ist. Die Umweltnaturwissenschaftlerin Yumi Bieri hat in ihrer Bachelorarbeit den Zustand der Nachtdunkelheit im Jurapark Aargau untersucht.

Yumi Bieri*

Künstliche Lichtemissionen nehmen weltweit seit Jahrzehnten zu und momentan ist noch keine Umkehr dieses Trends in Sicht. Auch die Schweiz ist davon nicht ausgenommen; die gesamte Landesfläche gilt im Durchschnitt im Vergleich zu natürlicher Nachtdunkelheit bereits als mittelmässig belastet. Die Analyse von Satellitendaten zeigt, dass das Gebiet des Juraparks Aargau verglichen mit seiner Umgebung noch relativ dunkel ist. Dies, weil zwischen 1992 und 2012 die künstlichen Lichtemissionen im Grossraum Basel sowie im Mittelland viel stärker zugenommen haben als im Gebiet des Regionalen Naturparks. Da Lichtverschmutzung ein grossräumiges Phänomen ist, belastet jedoch auch zunehmend gestreutes Licht aus den umgebenden Städten und Agglomerationen das Parkgebiet.

Wo liegen die dunkelsten Lebensräume?
Die Gründe für das insgesamt noch recht dunkle Parkgebiet liegen im geringen Besiedlungsgrad (nur wenige Lichtquellen) und der hügeligen Topografie (Abschirmung der beleuchteten Dörfer). Innerhalb des Parkgebietes gibt es jedoch Unterschiede: Am hellsten sind die Siedlungsgebiete, die dunkelsten Stellen befinden sich auf den bewaldeten Kuppen. Durch die Kombination der flächig verfügbaren Lichtemissionsdaten mit Daten zur Topografie und der räumlichen Lage von Objekten wurden folgende Dunkelheitskriterien ermittelt: 1) «abgeschirmt durch das Relief», 2) «infrastrukturfern» und 3) «waldnah». Anhand dieser Kriterien liess sich ein zusammenhängendes Netz aus dunklen Lebensräumen und verbindenden Dunkelkorridoren ausweisen. Doch dieses Netz hat problematische Stellen: zwei Taldurchquerungen (Bruggbach, Staffeleggstrasse) und zwei Passübergängen (Bözberg, Staffeleggstrasse).

Dunkle Lebensräume sind ökologisch wertvoll
Dass künstliche Beleuchtung zahlreiche lichtsensible Arten beeinflusst, ist durch viele wissenschaftliche Untersuchungen belegt. Die Auswirkungen sind vielfältig und reichen von Verlust an Lebensräumen bis hin zu biologischen Beeinträchtigungen. Viele Anhaltspunkte sprechen also dafür, dass es wichtig ist, zusammenhängende dunkle Lebensräume zu erhalten. Wie dies konkret umgesetzt werden könnte, zeigt der Sternenpark Gantrisch auf: Zum Schutz der noch dunklen Lebensräume wurde in Absprache mit den Gemeinden eine 50 Quadratkilometer grosse Lichtschutzzone definiert.

Lichtmanagement am Beispiel gefährdeter Fledermäuse
Die im Rahmen der Bachelorarbeit ausgewiesenen dunklen Lebensräume wurden mit existierenden Konzepten der Artenförderung und dem Vorkommen von Zielarten im Jurapark Aargau verglichen. Zu den Zielarten gehören unter anderen das Grosse Mausohr und die Grosse Hufeisennase. Von diesen beiden gefährdeten Fledermausarten ist bekannt, dass sie, wie viele andere Fledermäuse auch, empfindlich auf nächtliches Kunstlicht reagieren. Da sich Fledermäuse häufig in Estrichen von Gebäuden in Wochenstubenquartieren zur Fortpflanzung versammeln, ist es nicht verwunderlich, dass die Mehrzahl der bekannten Fledermaus-Quartiere im Jurapark trotzdem innerhalb der aufgehellten Siedlungsgebiete liegt. Entscheidender ist jedoch, dass die Ausflugsöffnungen der Quartiere nicht beleuchtet sind. Denn andernfalls fliegen die Fledermäuse später aus wodurch sie Zeit für die Nahrungssuche verlieren, oder sie geben ein Quartier sogar auf. Am Beispiel des Wegenstettertals zeigte sich ausserdem, dass die bekannten Flugrouten der Grossen Hufeisennase zum Erreichen ihrer Jagdgebiete den aufgehellten Talflanken und nicht wie erwartet den Dunkelkorridoren folgen. Dies weil neben dem Vorhandensein von Dunkelheit auch Leitelemente und Strukturreichtum sowie die durch die Distanz bestimmte aufzubringende Energie die Wahl von Flugrouten beeinf lussen. Trotz weiterer Faktoren sollten die bekannten Flugrouten nicht weiter aufgehellt werden, da ein verstärkter Lichteinfall beispielsweise auch die Gefahr erhöht, Fressfeinden zum Opfer zu fallen. Möchte man also die Bestände des Grossen Mausohrs und der Grossen Hufeisennase im Jurapark Aargau erhalten, gilt es, die Lichtemissionen im Bereich ihrer Quartiere und Flugkorridore zu begrenzen oder diese vor Licht abzuschirmen. Wie dies gehen könnte, hat das norddeutsche Bad Segeberg aufgezeigt: Entlang einer Flugroute konnte die Dunkelheit mithilfe von Gehölzstreifen zur Abschirmung von Umgebungslicht und der Optimierung vorhandener Leuchtquellen stark erhöht werden. Der so eingerichtete Dunkelkorridor soll eine bereits vorhandene Flugroute stärken.

Die Fledermäuse profitieren sowohl von den zusätzlichen Leitstrukturen wie auch von der Dunkelheit.

Lichtemissionen nehmen zu
Die erstmalige Auswertung von Lichtemissionsdaten im Jurapark Aargau zeigt, dass der Regionale Naturpark zurzeit noch dunkle Lebensräume aufweist, die jedoch durch die stetige Zunahme der Lichtemissionen zunehmend unter Druck geraten.

Zwar gibt es bisher noch wenig wissenschaftliche Untersuchungen zur Bedeutung von zusammenhängenden dunklen Lebensräumen. Trotzdem liegen genügend Anhaltspunkte vor, um vorsorglich Massnahmen zu ergreifen, die Lichtemissionen in der Nähe von lichtsensiblen Lebensräumen vermindern.

*Geschäftsstelle Jurapark Aargau in Zusammenarbeit mit Ursula Philipps, Abteilung Landschaft und Gewässer.


Fledermaustal Wegenstetten

Im Wegenstettertal wurde das Projekt «Fledermaustal» ins Leben gerufen (www.fledermaustal.ch). In Zusammenarbeit mit lokalen Partnern werden die Fledermäuse durch gemeindeübergreifende Projekte und Aktionen ganzheitlich gefördert. Ein Projekt unterstützt Landwirte bei der Bewirtschaftung ihrer Hochstammgärten. Durch «fledermausfreundlich produzierte» Produkte werden wertvolle Strukturen und das Nahrungsangebot aufrechterhalten. Aktuell läuft die Aktion «Flederfreund», die den Mangel an natürlichen Fledermausquartieren wie hohlen Baumstämmen durch ein Angebot von Fledermauskästen ausgleichen will.

Mehrere Gemeinden achten bei der Erneuerung der öffentlichen Beleuchtung darauf, die Flugrouten der Fledermäuse zu berücksichtigen. Genauso wichtig für den Erhalt der Fledermäuse ist der Beitrag von Privatpersonen.

Zu den lichtempfindlichen Tieren gehören auch Fledermäuse.
Im Wegenstettertal kommen drei gefährdete Fledermausarten vor.

Quelle: Jurapark Aargau


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